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Irene Mihalic und Konstantin von Notz: 25 Jahre nach dem NSU-Mord an Enver Simsek - Die Aufklärung muss weiter gehen
Zum 25. Jahrestag des NSU-Mordes an Enver Simsek erklären Irene Mihalic, Erste Parlamentarische Geschäftsführerin und Konstantin von Notz, Stellvertretender Fraktionsvorsitzender:
Der Mord an Enver Simsek war der erste von 10 grausamen Terrortaten des NSU. Die Mord-Serie ist am Ende nur aufgedeckt worden, weil sich der NSU selbst enttarnt hat. Lange Zeit haben die Sicherheitsbehörden alles für möglich gehalten, außer einem rechtsextremen Tathintergrund, geschweige denn einer Terrorserie. Das ist und bleibt ein großes Versagen der Behörden, der Politik und von uns als Gesellschaft, das bis heute schmerzt. Aber unser Schmerz kann niemals so groß sein, wie der der betroffenen Familien. Ihnen gilt nicht nur unser ganzes Mitgefühl, sondern auch das Versprechen, dass wir weiter mit aller Kraft aufklären werden.
Sowohl das Gerichtsverfahren am OLG München als auch 15 Untersuchungsausschüsse in Bund und Länder haben zweifellos wichtige Details zu Tage gefördert und auch dafür gesorgt, dass Reformen angestoßen wurden. Aber wir sind gerade in den ersten Jahren nach der Selbstenttarnung, als der Präsident des Bundesamtes für Verfassungsschutz noch Hans-Georg Maaßen hieß, vor viele Wände gerannt, als wir Behördenhandeln transparent machen wollten. Das hatte zur direkten Folge, dass wir lange Zeit viel zu wenig über die Zusammenhänge wussten, die Netzwerke hinter dem Trio, Hintermänner, Strukturen und die Rolle staatlicher Institutionen. Durch dieses Defizit an Aufklärung und Transparenz hat nicht nur Vertrauen in staatliche Institutionen massiv gelitten. Vielmehr ist unser Land auch in der Bekämpfung des Rechtsextremismus und -terrorismus in den 2010er und 2020er Jahren ausgebremst worden, da uns wichtige Erkenntnisse zur Strategie zentraler rechtsextremer Akteure und Netzwerke fehlten. Dieses, in Teilen bis heute bestehende Defizit müssen wir schnellstens anerkennen und aufarbeiten, denn die vom organisierten Rechtsextremismus ausgehende Gefahren sind heute größer denn je. Rechtsextremisten treten immer unverhohlener auf, haben Vertretungen in Parlamenten und vernetzen sich intensiv auch europäisch und international.
Wir als Bündnis 90/Die Grünen werden auch weiterhin alles dafür tun, um für notwendige Aufklärung und die Stärkung der Opferperspektive zu kämpfen. Wir werden es nicht zulassen, dass die Feinde der Demokratie die Grundfesten unseres Rechtsstaates einreißen und konkret Gesundheit und Leben von Mitmenschen angreifen. Faschismus und die Missachtung der Menschenwürde haben keinen Platz in unserer Demokratie, die ihre Wehrhaftigkeit jeden Tag aufs Neue beweisen muss.