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Zweiter Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, Reform der Kranken- und Pflegeversicherung, Koalitionsstreit über den Wehrdienst sowie Grüner Gesetzentwurf zum Artikel 3 des GG zur Einführung des Merkmals der sexuellen Identität
Britta Haßelmann zum zweiten Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel, zur Reform der Kranken- und Pflegeversicherung, zum Koalitionsstreit über den Wehrdienst sowie zum Grünen Gesetzentwurf zum Artikel 3 des Grundgesetzes zur Einführung des Merkmals der sexuellen Identität:
Zweiter Jahrestag des Terrorangriffs der Hamas auf Israel:
Heute am 7. Oktober jährt es sich zum zweiten Mal: Am 7. Oktober 2023 überfiel die Hamas in einem barbarischen Terrorangriff Israel. Es war der schlimmste Angriff auf jüdisches Leben seit der Shoah mit unzähligen Toten, mit ermordeten Menschen, mit vielen Verletzten, sexualisierter Gewalt, verschleppten Menschen. Das Grauen war kaum in Worte zu fassen, als wir von diesem Terrorangriff der Hamas erfuhren.
Es wurden 251 Menschen verschleppt, davon sind immer noch 48 Geiseln in den Händen der Hamas. Sie müssen sofort freigelassen werden, damit das Leid dieser Menschen, ihrer Familien, ihrer Angehörigen und Freunde endlich aufhört. Wir können kaum ermessen, was es bedeutet für die Menschen in Israel, für die Familien, für die Angehörigen und Freunde, wie viel Leid und Schrecken sie wahrscheinlich alle ein Leben lang begleiten werden. Das steht heute im Zentrum. Das verbinde ich und verbinden sehr viele Menschen mit dem 7. Oktober 2023.
Wir wissen, dass die Freilassung der Geiseln zwingend notwendig ist. Deshalb ist es ein kleiner Hoffnungsschimmer, dass jetzt in Ägypten Friedensverhandlungen stattfinden – Friedensverhandlungen zur Waffenniederlegung der Hamas, zur sofortigen Freilassung der Geiseln und auch zur Hilfe und Unterstützung mit medizinischer und humanitärer Versorgung der Zivilbevölkerung in Gaza.
Auch die Zwei-Staaten-Lösung ist eine wichtige Perspektive für die Menschen in Israel und die Palästinenserinnen und Palästinenser.
Mit dem 7. Oktober 2023 haben auch antisemitische Anschläge, haben Übergriffe, alltägliche Drohungen und Gewalt gegen Jüdinnen und Juden zugenommen. Das ist beschämend für unser Land. Für uns muss klar und eindeutig sein, dass jüdisches Leben in Deutschland Schutz und Unterstützung braucht – mehr, als wir uns das sicher alle gewünscht hätten. Es ist notwendig, und das ist beschämend genug.
Reform der Kranken- und Pflegeversicherung:
Sozialreformen im Land sind zwingend notwendig, aber die Koalition tut sich sehr schwer, konkrete Vorschläge zu machen. Vieles wurde ausgelagert in Kommissionen. Wir diskutieren über einzelne Bereiche – aber es gibt kein Gesamtkonzept bisher, keine Idee.
Sozialreformen sind notwendig – Sozialabbau aber nicht. Das muss jetzt erfolgen und darf nicht in einer Kommissionitis enden, die mit großen Ankündigungen verbunden ist und dann am Ende zu Enttäuschungen führt. Was wir nicht gebrauchen können, ist Verunsicherung.
Deshalb halte ich es für zwingend notwendig, dass Friedrich Merz und auch Gesundheitsministerin Warken endlich klar und deutlich sagen, ob sie für oder gegen die Abschaffung des Pflegegrades 1 sind. Das Thema kursiert seit Tagen in der Öffentlichkeit. Es verunsichert sehr viele pflegende Angehörige und zu pflegende Menschen. Denn für über 800.000 Menschen bedeutet dieser Pflegegrad 1, dass sie im eigenen Zuhause bleiben können, und sie die Garantie haben, dass es Unterstützung gibt wie Haushaltshilfen, Unterstützung bei der eigenen Wohnungs- und Lebensführung. Das ermöglicht den Verbleib zu Hause.
Die Idee, die in den letzten Tagen immer wieder kursiert, wonach eine Arbeitsgruppe rund um die Gesundheitsministerin plant, diesen Pflegegrad 1 abzuschaffen, um Lücken bei der Pflegekasse zu finanzieren, verunsichern. Wir wollen, dass der Pflegegrad 1 bleibt.
Wir schlagen mit Blick auf die drohende Steigerung der Beiträge in der Kranken- und Pflegeversicherung stattdessen ganz konkret Sofortmaßnahmen vor: nämlich versicherungsfremde Leistungen aus der Kranken- und Pflegeversicherung herauszunehmen. Das würde dazu führen, dass keine Beitragssteigerungen für Bürgerinnen und Bürger notwendig sind. Und es würde dazu führen, dass die Kassen entlastet werden.
Wir verstehen nicht, warum weder der Finanzminister noch der Kanzler sagen: Ja, das ist der erste Schritt, den gehen wir sofort, versicherungsfremde Leistungen raus aus den Versicherungskassen. Auch die Corona-Maßnahmen, die seinerzeit finanziert wurden mit über sechs Milliarden Euro, könnten wieder raus aus diesem Beitragssystem und steuerfinanziert werden. Dann hätten wir erhebliche Entlastungen für die Bürgerinnen und Bürger.
Also ein klares Bekenntnis von uns Grünen, dass der Pflegegrad 1 nicht gestrichen wird. und versicherungsfremde Leistungen steuerfinanziert werden, um die Kranken- und Pflegeversicherung zu entlasten.
Koalitionsstreit über den Wehrdienst:
Eigentlich sollte die Koalition in dieser Woche den Gesetzentwurf zum Wehrdienst einbringen. Wir alle warten darauf, denn jeden Tag diskutieren wir hier in Berlin darüber, wie notwendig es ist, die Bundeswehr zu stärken, die Verteidigungsfähigkeit zu verbessern und in die innere Sicherheit zu investieren.
Was wir gerade erleben vonseiten der Koalition, ist aber alles andere als Berechenbarkeit. Die Unionsfraktion verhält sich so, wie wir es von der FDP kennen, ein Gesetzentwurf wird im Kabinett beschlossen, soll den Deutschen Bundestag erreichen, und in letzter Minute sagt die Unionsfraktion: Nein, er soll noch nicht eingebracht werden, denn wir werden diesem Gesetzentwurf so nicht zustimmen.
Was ist das für ein Chaos? Jeden Tag erklärt man, wie wichtig es ist, die Bundeswehr zu stärken, sie zu ertüchtigen, wie wichtig es ist, dass das deutsche Parlament endlich eine Entscheidung über den Wehrdienst trifft – und darüber debattiert, wie es mit allen anderen freiwilligen Diensten weitergeht. Doch dem Parlament wird verwehrt, darüber zu diskutieren.
Als überzeugte Parlamentarierin denke ich, dass unterschiedliche Auffassungen in diesen Fragen im Parlament, in den Fachausschüssen, in den Sachverständigenanhörungen diskutiert werden sollten – und nicht hinter verschlossenen Türen in der Unions- oder SPD-Fraktion. Denn die Zeit drängt. Deshalb erwarten wir, dass dem Parlament dieser Gesetzentwurf zur Zukunft des Wehrdienstes endlich vorgelegt wird, wir mit den Beratungen beginnen können und inhaltlich um Lösungen ringen.
Grüner Gesetzentwurf zum Artikel 3 des Grundgesetzes zur Einführung des Merkmals der sexuellen Identität:
Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen wird in dieser Woche einen Gesetzentwurf zum Artikel 3 des Grundgesetzes in den Deutschen Bundestag einbringen. Im Bundesrat ist gerade mit den Stimmen aus Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Berlin und Mecklenburg-Vorpommern ein Gesetzentwurf als Bundesratsinitiative zum Schutz der sexuellen Identität auf den Weg gebracht worden. Wir als Bündnis 90/Die Grünen vertreten das seit 30 Jahren und nun bietet sich eine sehr gute Gelegenheit, für breite Mehrheiten im Parlament zu werben und diese Bundesratsinitiative zur Änderung des Artikel 3 auf den Weg zu bringen.