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Katharina Dröge zu den Themen Krankenkassenbeiträge, Bürgergeld, Rückführungen nach Syrien, Wirtschaftsreformen, Sondervermögen, Industrie- und internationale Handelspolitik sowie internationale Klimapolitik:
Anlässlich der heutigen Fraktionssitzung der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen finden Sie nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge zu den Themen Krankenkassenbeiträge, Bürgergeld, Rückführungen nach Syrien, Wirtschaftsreformen, Sondervermögen, Industrie- und internationale Handelspolitik sowie internationale Klimapolitik:
Krankenkassenbeiträge, Bürgergeld:
Wir starten mit dem Deutschen Bundestag in eine neue Sitzungswoche. Und ich hätte mir gewünscht, dass die Bundesregierung das Chaos, mit dem sie in die Herbstferien gestartet ist, in der Zeit etwas hätte sortieren können. Der Kanzler hat ja diesen Begriff Herbst der Reformen geprägt und wir haben uns alle damit intensiv beschäftigt in den letzten Wochen. Mittlerweile muss ich feststellen, dass wir vielleicht zu einem Herbst gänzlich ohne Reformen kommen, wenn diese Koalition so weitermacht. Und das betrifft alle zentralen Fragen, in denen die Koalition sich gemeinsame Schritte vorgenommen hat. Mit Blick auf die angekündigte Reform der sozialen Sicherungssysteme hat die Gesundheitsministerin noch vor drei Wochen versprochen, dass es keinen Anstieg der Krankenkassenbeiträge gibt und jetzt haben die Krankenkassen verkündet - und das war zu erwarten -, dass es doch zu einem Anstieg der Zusatzbeiträge kommt. Es ist eine elementar schlechte Politik, wenn man den Menschen etwas verspricht, was nicht einmal drei Wochen Bestand hat, und die Leute werden es ja auf ihren Gehaltszetteln sehen, dass die Krankenkassenbeiträge steigen. Deswegen wäre hier mehr und zielgerichtetes Handeln notwendig. Auch beim Bürgergeld muss die Union sich fragen, was das eigentlich für ein Unsinn war oder auch eine Unverschämtheit, mit der die CDU versucht hat, das Land in den letzten Wochen und Monaten zu verwirren, ja zu täuschen. Friedrich Merz hat die wildesten Zahlen in den Raum gestellt, wonach man beim Bürgergeld große Milliardensummen einsparen könnte, von 30 Milliarden bis fünf Milliarden Euro ging die Spannweite. Und jetzt sieht der erste Entwurf der Bundesarbeitsministerin vor, dass vielleicht 100 Millionen Euro eingespart werden können. Man weiß es noch nicht ganz genau. Aber es wird wahrscheinlich nicht mal eine Milliarde Euro sein und alle Experten wussten, dass das so sein würde. Auch dort trägt ein Bundeskanzler eine Verantwortung, eine Verantwortung für die Erwartungen, die er erzeugt. Und dass die CDU dieses Thema so großgemacht hat, dann am Ende ein Bürokratiemonster geschaffen hat, das klageanfällig ist und gleichzeitig menschlich so kalt und hart, das ist schon bitter. Leistungskürzungen bis auf Null und auch noch die Kürzung bei den Kosten der Unterkunft sind möglich und führen am Ende nicht mal zu einer relevanten Ersparnis im Bundeshaushalt. Ich kann die Koalition nur auffordern, endlich zu einer vernünftigen Politik zu kommen. Und eine vernünftige Politik hieße, Menschen aus der Arbeitslosigkeit zu holen und das heißt Qualifizierung, Weiterbildung, Befähigung, um in den Arbeitsmarkt zu kommen.
Rückführungen nach Syrien:
Auch in der Außenpolitik muss der Kanzler, muss die Union sich mittlerweile fragen, wofür die CDU eigentlich einen Außenminister stellt: Immer, wenn der Außenminister sich äußert, wird esvon den eigenen Parteimitgliedern hinterfragt. Wir haben das jetzt gerade erlebt, als der Außenminister in Syrien war, eine Einschätzung zur Situation in Syrien gegeben hat, und nahezu jeder, der Rang und Namen in der Union hat, sich bemüßigt gefühlt hat, zu sagen: Also das, was der Außenminister da gesagt hat, das teilen wir definitiv nicht. Und dass Herr Wadephul und Herr Merz jetzt versuchen, Schadensbegrenzung zu betreiben, indem sie sagen, eigentlich haben wir doch das Gleiche gemeint – das ist offensichtlich nicht so. Friedrich Merz möchte in größerem Umfang jetzt Rückführungen nach Syrien und Johann Wadephul hat sehr klar gesagt, dass die Lage in Syrien so ist, dass dort Menschen gerade nicht gut und sicher leben können, und das steht in einem Gegensatz zueinander. Und die Frage an die CDU ist: Wofür habt ihr einen Außenminister, wenn er nach Syrien fährt, sich ein Bild von der Lage macht und man sich dann auf die Einschätzung des eigenen Außenministers nicht verlässt?
Wirtschaftsreformen, Sondervermögen:
Auch die Wirtschaft wartet auf einen Herbst der Reformen und wir als Menschen in diesem Land müssen uns wirklich fragen, ob es der Ernst dieser Bundesregierung sein kann, dass man 500 Milliarden Euro an Krediten hat und das einfach so verzockt und am Ende daraus kein Wachstumsimpuls für die deutsche Wirtschaft entsteht. So, wie die Bundesregierung mit dem Sondervermögen umgeht, so wie sie eben nicht den einen Plan hat, so wie sie nicht zusätzlich investiert und somit bei den Unternehmen keine positiven Erwartungen erzeugt, sehe ich nicht, dass das tatsächlich zu mehr Wirtschaftswachstum führt. Die Idee war, dass wir jetzt in ein Land investieren, das besser funktionieren und in eine deutsche Wirtschaft, die mehr wachsen soll. Das würde dann auch zu mehr Beschäftigung führen und am Ende zu der Möglichkeit, die Schulden wieder zurückzuzahlen. Das sehen wir aber gerade nicht und deswegen erwarte ich weiterhin von CDU/CSU und SPD, dass dieses Sondervermögen einen Wachstumsimpuls für Deutschland schaffen muss. Und dafür muss die Regierung ihre Politik ändern, dafür muss sie das Ganze ernst nehmen.
Industrie- und internationale Handelspolitik:
Auch wenn man sich die Probleme unterschiedlicher großer deutscher Industrien anschaut - wir haben einen Stahlgipfel diese Woche, wir streiten über die Zukunft der Automobilindustrie - dann erlebe ich eine Bundesregierung, die versucht, die Symptome einer schlechten Politik zu korrigieren und Branchen zu unterstützen, aber sie geht den Kern des Problems nicht an. Und wenn man sich die Stahlindustrie anschaut: Die zahlt einen extrem hohen Preis für den Zoll-Deal, den die Europäische Union mit Donald Trump vereinbart hat. Ich erwarte von einem Bundeskanzler neben kurzfristigen konkreten Maßnahmen auch eine große Vision in der Handelspolitik. Ich erwarte, dass Friedrich Merz sich Gedanken darüber macht, wie man die Länder auf der Welt, die bereit sind, weiterhin faire Regeln miteinander zu vereinbaren, zusammenbringt zu einem gemeinsamen Bündnis für gute Handelsregeln und damit eine Antwort gibt auf diejenigen, die internationale Zusammenarbeit in Frage stellen, das sind die USA und China. Auf beide bräuchte es eine Antwort. Die EU ist stark. Aber sie wäre stärker mit Partnern. Und das müsste Friedrich Merz jetzt zu seiner Aufgabe machen.
Internationale Klimapolitik:
Zusammenarbeit mit Partnern braucht es auch beim Klimaschutz. Die internationale Klimakonferenz beginnt jetzt. Es ist gut, dass Friedrich Merz hinfährt und dort eine Rede halten will. Die Frage ist nur: Was ist seine Botschaft? Weil das, was Friedrich Merz in Deutschland gemacht hat und wofür er sich auf europäischer Ebene eingesetzt hat, das ist ja, überall Klimaschutz infrage zu stellen. Es liegt auch an der deutschen Bundesregierung, dass die EU keine klaren Signale mit Blick auf ein eigenes, scharfes Klimaziel für das Jahr 2040 gesendet hat und damit auch anderen Ländern eine Ausrede geboten hat, selbst keine klaren Ambitionen zu setzen. Das heißt, Friedrich Merz trägt eine Verantwortung für einen schwierigen Verlauf dieser internationalen Klimakonferenz und er müsste sich jetzt dafür einsetzen, dass es ein klareres Signal gibt. Allein, mir fehlt der Glaube, weil das, was gerade in Brüssel passiert, ist hinten durch die Tür noch mal in Frage zu stellen, dass ein Klimaziel auch wirklich ein effektives Klimaziel ist. Indem man die Möglichkeiten für mehr internationale Kompensation bietet und damit das Ziel am Ende wieder aufmacht. Das ist auch mit Blick auf das Verbrenner-Aus nicht nur schädlich für die deutsche Automobilindustrie, sondern auch für den europäischen Klimaschutz. Und deswegen kann man Friedrich Merz nur sagen: Das ist das schlechteste Signal, was er mit nach Belém nimmt.