Veröffentlicht am
Organklage: Für die Rechte des Parlaments und sauberes Wasser
- Bundeslandwirtschaftsminister Rainer hat die sogenannte Stoffstrombilanzverordnung ohne die erforderliche Beteiligung des Bundestags im Juli 2025 ersatzlos aufgehoben.
- Das stellt einen eklatanten Verstoß gegen die Rechte des Parlaments dar. Es lässt Landwirt*innen mit unklaren Pflichten zurück und gefährdet unser sauberes Grundwasser.
- Die Grüne Bundestagsfraktion geht gegen diese trumpeske Anmaßung im Organstreit samt Eilverfahren beim Bundesverfassungsgericht vor. Vertreten werden wir vom renommierten Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christian Walter.
Das Regieren per Dekret hat in den letzten Jahren weltweit Schule gemacht. Demokratische und rechtsstaatliche Strukturen und Institutionen sind zunehmend unter Beschuss. Wie man in den USA, Polen und anderen Ländern sehen konnte, stehen häufig kleine Grenzüberschreitungen der Exekutive am Anfang eines Prozesses, der Parlament und Gerichte entmachtet. Wir Grüne im Bundestag stehen entschieden gegen eine Erosion rechtsstaatlicher Strukturen ein. Darum rufen wir das Bundesverfassungsgericht zur Hilfe.
Unsere Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic hat den Landwirtschaftsminister vor Aufhebung der Verordnung darauf hingewiesen, dass das geplante Vorgehen rechtswidrig ist. Zum einen besteht im Düngegesetz eine Pflicht zum Erlass der Verordnung. Zum anderen ist die Verordnung – und auch eine Aufhebungsverordnung – dem Bundestag vorher zuzuleiten, damit dieser entscheiden kann, ob er die Änderungen annehmen, ablehnen oder modifizieren möchte. Beide Regelungen übergeht der Minister mit der Abschaffung im Alleingang.
Keine Rücksicht auf demokratische Institutionen und den Grundsatz der Gewaltenteilung
Das ist Politik im Trump-Stil – ohne Rücksicht auf demokratische Institutionen und den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die zeitliche Nähe zum Bauerntag Ende Juli, auf dem der Minister die Aufhebung als Erfolg verkündete, legt einen populistischen Anbiederungsversuch nahe - zu Ungunsten des öffentlichen Interesses an sauberem Grundwasser. Zugleich scheut Minister Rainer anscheinend die fachliche Kritik von Opposition und interessierter Öffentlichkeit und fürchtet eine komplizierte Kompromissfindung innerhalb der schwarz-roten Koalition im Bundestag. Kritische öffentliche Begleitung von Rechtssetzung und Kompromissfindung im Parlament sind aber Grundpfeiler eines demokratischen Rechtsstaats. Ihre Umgehung spricht Bände über das Verständnis von Gewaltenteilung dieser Bundesregierung.
Auch Bundestagspräsidentin Julia Klöckner haben wir um Unterstützung in der Sache gebeten. Statt die Rechte des Parlaments zu verteidigen, hat sie sich allerdings hinter ihre Parteifreunde in der Bundesregierung gestellt. Insofern liegt es nun an uns und dem Bundesverfassungsgericht die Rechte des Parlaments und die Gewaltenteilung zu verteidigen.
Abschaffung der Verordnung gefährdet unser Grundwasser
Zugleich gefährdet Minister Rainer mit seiner ersatzlosen Abschaffung der Verordnung das Grundwasser. Die Verordnung machte die Nährstoffflüsse, die in Landwirtschaftsbetrieben hinein- und hinausgehen (insbesondere durch den Einsatz von Düngemitteln) transparent. Das ist wichtig, da unser Grundwasser ohnehin schon erheblich mit Nitrat belastet ist und die Belastung weiter zu steigen droht. Der Landwirtschaftsminister bevorzugt es allerdings augenscheinlich den Kopf in den Sand zu stecken, statt unser Grundwasser zu schützen. Darüber hinaus bestehen die gesetzlichen Pflichten für Landwirt*innen fort. Weggefallen sind mit der Verordnung nur die Detailregelungen, wie diese Pflichten zu erfüllen sind. Es verbleiben also nebulöse Pflichten mit unklaren Maßstäben. Letztendlich hat der Bundesminister mit seinem Schnellschuss damit auch den Landwirtschaftsbetrieben keinen Gefallen getan.
Das heißt nicht, dass nicht auch wir Grüne im Bundestag Reformbedarf im Düngerecht sehen. Der Bundestag hatte in der letzten Legislatur ein neues Düngegesetz verabschiedet, das ein wichtiger Schritt zu sauberem Trinkwasser, mehr Planungssicherheit für Landwirt*innen und mehr Gerechtigkeit für ohnehin gewässerschonend düngende Betriebe war. Die Union hat aber die Gespräche im Vermittlungsausschuss zwischen Bundesrat und Bundestag platzen lassen. Eine solche Reform des Düngegesetzes insgesamt, wie es der Landwirtschaftsminister in Aussicht gestellt hat, hat die schwarz-rote Koalition bisher aber gerade nicht in Angriff genommen. Den Reformprozess würden wir selbstverständlich kritisch aber konstruktiv begleiten. Genau diese parlamentarische Beteiligung ist aber aufgrund des Schnellschusses vom Bundeslandwirtschaftsminister bisher unmöglich.
Dokumente
Organstreitverfahren und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (PDF)
Weitere Texte und Dokumente zum Thema
Die Grüne Bundestagsfraktion klagt beim Bundesverfassungsgericht gegen den Bundeslandwirtschaftsminister. Dieser hat ohne Beteiligung des Bundestages eine Verordnung zum Schutz unseres Wassers aufgehoben und damit die Rechte des Parlaments verletzt.
Durch die Reform können Ansprüche wie im Diesel-Skandal oder bei unzulässigen Klauseln in Versicherungs- oder Bankverträgen schneller entschieden werden.
Die Bayerische Staatsregierung greift beim Bundesverfassungsgericht die bundesweite Erbschafts- und Schenkungssteuer an. Dies stellt die gesellschaftliche und bundesstaatliche Solidarität in Frage. Dem tritt die Grüne Bundestagsfraktion entgegen.
Die Stärkung des Internationalen Strafgerichtshofs (IStGH) ist Gebot der Stunde.
Der heutige Tag ist ein Desaster für das Parlament. Er ist vor allen Dingen ein De-saster für Jens Spahn und Friedrich Merz und mit ihnen für die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD.