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Organklage: Für die Rechte des Parlaments und sauberes Wasser

  • Der Bundeslandwirtschaftsminister Rainer hat die sogenannte Stoffstrombilanzverordnung ohne die erforderliche Beteiligung des Bundestags im Juli 2025 ersatzlos aufgehoben. Das stellt einen eklatanten Verstoß gegen die Rechte des Parlaments dar. Es lässt Landwirt*innen mit unklaren Pflichten zurück und gefährdet unser sauberes Grundwasser. 

  • Die Grüne Bundestagsfraktion geht gegen diese trumpeske Anmaßung im Eilverfahren beim Bundesverfassungsgericht vor. Vertreten werden wir vom renommierten Verfassungsrechtler Prof. Dr. Christian Walter

  • Mittlerweile zeigt sich das rechtsstaatswidrige Verhalten der Bundesregierung auch im Gerichtsverfahren: Der Bundesminister verschleppt das Verfahren und ignoriert die Bitten des Bundesverfassungsgerichts. 

Zu den aktuellen Entwicklungen

Mittlerweile zeigt sich das rechtsstaatswidrige Verhalten der Bundesregierung auch im Gerichtsverfahren: Bereits kurz nach Einreichung unserer Klage samt Eilantrag Anfang August 2025 hatte das Bundesverfassungsgericht dem Bundeslandwirtschaftsminister eine – angesichts des Eilantrags großzügige – Stellungnahmefrist bis zum 15. November 2025 gewährt. Dabei bat das Gericht auch um die Beantwortung konkreter Fragen – möglichst schon vor Ablauf der Frist. Der Minister hatte nun also drei Monate Zeit, um zu unserem Vorwurf Stellung zu nehmen und die Fragen des Gerichts zu beantworten. Stattdessen ist er augenscheinlich völlig untätig geblieben: Erst am 11. November – nach mehr als drei Monaten und vier Tage vor Ende der Frist – meldete sich ein Prozessvertreter des Ministers beim Gericht und bat um Fristverlängerung, da er erst an diesem Tag beauftragt worden sei. Eine Begründung für die dreimonatige Untätigkeit lieferte der Schriftsatz nicht.

Mit diesem Vorgehen untergräbt der Minister die Autorität des Gerichts bei dessen Verfahrensführung und verzögert die Entscheidung im Verfahren. Diese Verzögerungstaktik ist rechtsmissbräuchlich, und die Regierung sollte mit derartigen Tricks nicht durchkommen. Die Verschleppungstaktik ist nun auch aktuell nochmals besonders deutlich geworden: Kurz nach Ablauf der Frist konnte sich die Bundesregierung nun doch – aus unserer Sicht unzureichend – zu den Fragen äußern. Sie bleibt im Übrigen dabei, dass sie zum Verfahren verspätet Stellung nehmen will. 

Zur Vorgeschichte und zum Ausgangsverfahren

Das Regieren per Dekret hat in den letzten Jahren weltweit Schule gemacht. Demokratische und rechtsstaatliche Strukturen und Institutionen sind zunehmend unter Beschuss. Wie man in den USA, Polen und anderen Ländern sehen konnte, stehen häufig kleine Grenzüberschreitungen der Exekutive am Anfang eines Prozesses, der Parlament und Gerichte entmachtet. Wir Grüne im Bundestag stehen entschieden gegen eine Erosion rechtsstaatlicher Strukturen ein. Darum rufen wir das Bundesverfassungsgericht zur Hilfe. 

Unsere Erste Parlamentarische Geschäftsführerin Irene Mihalic hat den Landwirtschaftsminister vor Aufhebung der Verordnung darauf hingewiesen, dass das geplante Vorgehen rechtswidrig ist. Zum einen besteht im Düngegesetz eine Pflicht zum Erlass der Verordnung. Zum anderen ist eine Verordnungsänderung – und auch deren Aufhebung – dem Bundestag vorher zuzuleiten, damit dieser entscheiden kann, ob er die Änderungen ablehnen oder modifizieren möchte. Beide Regelungen übergeht der Minister mit der Abschaffung im Alleingang.

Das ist Politik im Trump-Stil – ohne Rücksicht auf demokratische Institutionen und den Grundsatz der Gewaltenteilung. Die zeitliche Nähe zum Bauerntag Ende Juli, auf dem der Minister die Aufhebung als Erfolg verkündete, legt einen populistischen Anbiederungsversuch nahe. Zugleich scheut Minister Rainer anscheinend die fachliche Kritik von Opposition und interessierter Öffentlichkeit und fürchtet eine komplizierte Kompromissfindung innerhalb der schwarz-roten Koalition im Bundestag. Kritische öffentliche Begleitung von Rechtssetzung und Kompromissfindung im Parlament sind aber Grundpfeiler eines demokratischen Rechtsstaats! Ihre Umgehung spricht Bände über das Verständnis von Gewaltenteilung dieser Bundesregierung. 

Auch die Bundestagspräsidentin Julia Klöckner haben wir um Unterstützung in der Sache gebeten. Statt die Rechte des Parlaments zu verteidigen, hat sie sich allerdings hinter ihre Parteifreunde in der Bundesregierung gestellt. Insofern liegt es nun an uns und dem Bundesverfassungsgericht, die Rechte des Parlaments und die Gewaltenteilung zu verteidigen. 

Zugleich gefährdet Minister Rainer mit seiner ersatzlosen Abschaffung der Verordnung das Grundwasser und erteilt der Verursachergerechtigkeit beim Düngen eine Absage. Es ist unfair, dass das Düngerecht aktuell beim Wasserschutz alle Landwirt*innen über einen Kamm schert. Die Stoffstrombilanz hätte geholfen, die Verursacher aufzuspüren und jene landwirtschaftlichen Betriebe von Auflagen zu befreien, die gewässerschonend düngen. Die Verordnung machte nämlich die Nährstoffflüsse, die in Landwirtschaftsbetrieben hinein- und hinausgehen (zum Beispiel durch den Einsatz von Düngemitteln) transparent. Das ist wichtig, da unser Grundwasser ohnehin schon erheblich mit Nitrat belastet ist und die Belastung weiter zu steigen droht. Der Landwirtschaftsminister bevorzugt es allerdings augenscheinlich den Kopf in den Sand zu stecken, statt unser Grundwasser zu schützen. Darüber hinaus bestehen die gesetzlichen Pflichten für Landwirt*innen fort. Weggefallen sind mit der Verordnung nur die Detailregelungen, wie diese Pflichten zu erfüllen sind. Es verbleiben also nebulöse Pflichten mit unklaren Maßstäben. Letztendlich hat der Bundesminister mit seinem Schnellschuss damit auch den Landwirtschaftsbetrieben keinen Gefallen getan.

Das heißt nicht, dass nicht auch wir Grüne im Bundestag Reformbedarf im Düngerecht sehen. Der Bundestag hatte in der letzten Legislatur ein neues Düngegesetz verabschiedet, das ein wichtiger Schritt zu sauberem Trinkwasser, mehr Planungssicherheit für Landwirt*innen und mehr Verursachergerechtigkeit war. Die Union hat aber die Gespräche im Vermittlungsausschuss platzen lassen. Eine solche Reform des Düngegesetzes insgesamt, wie es der Landwirtschaftsminister in Aussicht gestellt hat, hat die schwarz-rote Koalition bisher aber gerade nicht in Angriff genommen. Den Reformprozess würden wir selbstverständlich kritisch, aber konstruktiv begleiten. Genau diese parlamentarische Beteiligung ist aber aufgrund des Schnellschusses vom Bundeslandwirtschaftsminister bisher unmöglich.

Dokumente

Organstreitverfahren und Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung (PDF)

Neuer Schriftsatz ans Bundesverfassungsgericht vom 17. November 2025 (PDF)

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