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Selbstbestimmung für trans* inter und nichtbinäre Menschen

  • Zum 1. November 2024 ist das Selbstbestimmungsgesetz (Selbstbestimmungsgesetz einfach erklärt) in Kraft getreten. Damit können Menschen ihren bei der Geburt falsch zugeordneten Geschlechtseintrag und ihren Vornamen unbürokratisch durch Erklärung beim Standesamt ändern.
  • Das veraltete Transsexuellengesetz hat Menschen schikaniert, die selber und frei von Diskriminierung über ihr Geschlecht bestimmen möchten. Es hat viel Leid verursacht, die Betroffenen und auch den Staat viel gekostet.
  • Mit dem zeitgemäßen Selbstbestimmungsgesetz haben wir nicht nur die persönliche Freiheit betroffener Menschen gestärkt, sondern auch unsere Demokratie und den Rechtsstaat.

Das bisher geltende sogenannte Transsexuellengesetz hat transgeschlechtliche und nicht-binäre Menschen gezwungen, sich auf eigene Kosten von zwei Gutachter*innen als psychisch krank diagnostizieren zu lassen, um den Geschlechtseintrag zu korrigieren und die Vornamen zu ändern. Sie wurden dabei mit intimsten und entwürdigenden Fragen konfrontiert, wie nach der Art der getragenen Unterwäsche oder Masturbationsphantasien.

Daraufhin entschied ein Gericht, ob der falsche Geschlechtseintrag berichtigt werden darf oder nicht. Das Verfahren war langwierig, kostenintensiv, entwürdigend und hatte einen ungewissen Ausgang.

Für persönliche Freiheit

Das alles haben wir mit dem Selbstbestimmungsgesetz beendet, das am 1. November 2024 in Kraft getreten ist. Kernpunkt ist: Eine Korrektur des falschen Geschlechtseintrags erfolgt nun durch Erklärung beim Standesamt. Damit liegt die Entscheidung über das eigene Leben da, wo sie hingehört: in den Händen der jeweiligen Personen. 

Das Selbstbestimmungsgesetz stärkt die persönliche Freiheit, indem es große Erleichterungen im Alltag bringt. Für Menschen, bei denen das bei Geburt zugeschriebene Geschlecht nicht dem tatsächlichen Geschlecht entspricht, ist eine unkomplizierte Personenstandsänderung von fundamentaler Bedeutung. Denn mit einem falschen Personalausweis müssen sie sich in jeder Behörde, vor dem Flugschalter oder beim Abschluss eines Handyvertrags jedes Mal neu erklären – immer mit der Gefahr, diskriminiert zu werden. 

Für mehr Akzeptanz

Zudem garantiert das Selbstbestimmungsgesetz transgeschlechtlichen und nicht-binären Menschen, einschließlich intersexuellen Personen, endlich einen gesicherten Platz in unserer Rechtsordnung. Das wird zu mehr Akzeptanz führen.

Die ist bitter nötig, denn transgeschlechtliche, nicht-binäre und intersexuelle Menschen werden beschimpft, bedroht, bespuckt oder geschlagen – nur dafür, dass sie so leben möchten, wie sie sind. Das ist keine Ausnahme, sondern oft trauriger Alltag. Eine aktuelle Studie im Auftrag der Berliner Senatsverwaltung für Arbeit, Soziales, Gleichstellung, Integration, Vielfalt und Antidiskriminierung, veröffentlicht am 24. Juli 2025, kam zu folgendem Ergebnis: „Transfeindliche Gewalt ist weit verbreitet: Zwei Drittel der befragten trans* Personen (66 Prozent) berichteten, innerhalb der letzten fünf Jahre von transfeindlicher Gewalt betroffen gewesen zu sein. Nahezu die Hälfte der Befragten (48 Prozent) erlebte sogar im letzten Jahr vor der Befragung Übergriffe.“ Und laut Bundeskriminalamt (BKA) hat die Hasskriminalität in Bezug auf „geschlechtsbezogene Diversität“ stark zugenommen. So wurde von 2023 auf 2024 eine Steigerung um 34,89 Prozent registriert.

Für unsere Demokratie

Das Gesetz ist nicht nur eine Verbesserung im Leben einzelner Menschen, es ist vielmehr eine Werteentscheidung: Das Versprechen unseres Grundgesetzes gilt für alle und die Würde aller Menschen ist unantastbar. Nur so werden wir unserem Anspruch gerecht, eine offene Gesellschaft zu sein. Denn Rechte von transgeschlechtlichen und nicht-binären Menschen sind Menschenrechte.

Der Umgang mit LSBTIQ* ist ein Gradmesser für Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit. In vielen autoritär regierten Ländern werden transgeschlechtliche Menschen zum Feindbild und zur Bedrohung erklärt. Die Mächtigsten profilieren sich auf Kosten der Schwächsten. Der Kampf gegen angebliche westliche ‚Entartung‘ musste selbst als eine Begründung für Putins Angriffskrieg gegen die Ukraine herhalten.

Diskriminierung und Alltagsprobleme

Der Prozess, sich der eigenen Transgeschlechtlichkeit bewusst zu werden und sich damit auseinanderzusetzen, ist in den allermeisten Fällen nicht leicht. Es stehen häufig schwierige Gespräche mit der Familie oder dem Freundeskreis an. Der Schulalltag wird zudem sehr oft als Spießrutenlauf erlebt. Für erwachsene Menschen ist allein die Namensänderung ein enormer Aufwand. Und das ist angesichts der hohen Zahl an Diskriminierungen und Gewaltverbrechen gegenüber transgeschlechtlichen Menschen noch ein eher kleines Problem.

Kein Mensch, der nicht dem Geschlecht angehört, das ihm bei der Geburt fremd zugewiesen wurde, unternimmt solche gravierende Veränderungen unüberlegt oder „aus Spaß“. Gegen Fake-Anträge auf Personenstandsänderung – beispielsweise, wenn trans-Gegner*innen damit das Recht auf Selbstbestimmung diffamieren wollen – sieht das Gesetz Sicherungen im Verfahren vor. Wir bauen Missbrauch vor, damit niemand das Gesetz aus krimineller Absicht für andere Zwecke nutzen kann.

Der Gewaltschutz von Frauen gilt ohne Wenn und Aber. Das Selbstbestimmungsgesetz ändert weder etwas am Hausrecht noch an den Regelungen und Schutzbestimmungen im Antidiskriminierungsrecht. Der oft geäußerte Verdacht, das Selbstbestimmungsgesetz würde genutzt werden, um sich Zugang zu Frauen(schutz)räumen (Saunas, Umkleidekabinen, aber auch Frauenhäusern) zu verschaffen, ist deshalb oft weltfremd. Der Versuch trans* Personen pauschal in die Nähe von Sexualstraftätern zu rücken ist hingegen schlichtweg menschenverachtend.

Unterscheidung juristischer und medizinischer Weg

Es ist klar zu unterscheiden zwischen dem juristischen Weg einer Personenstandsänderung und dem medizinischen Weg einer Geschlechtsangleichung. Das Selbstbestimmungsgesetz regelt nur die Korrektur des Geschlechtseintrags und die Änderung der Vornamen im Personenstand neu. Über geschlechtsangleichende medizinische Maßnahmen entscheiden weiterhin die betreffenden Personen zusammen mit ihren Ärzt*innen anhand bestehender fachärztlicher Leitlinien.

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