Rede von Michael Kellner Aktuelle Stunde „Energiepolitik“

Michael Kellner
14.03.2024

Michael Kellner, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin froh, dass wir heute auf Grundlage des Sonderberichts des Bundesrechnungshofes über den Stand der Energiewende diskutieren und reden; denn da können wir uns mal ein paar Fakten und Zahlen anschauen.

Wir haben seit 2022 viele Maßnahmen ergriffen, die bereits seit dem letzten Jahr wirken – ich komme gleich noch einmal auf die Einzelheiten zurück –, und diese Wirkungen werden sich in den nächsten Jahren weiter verstärken. Denn der schnelle Ausbau der erneuerbaren Energien leistet einen Beitrag zur Versorgungssicherheit, zum Klimaschutz und zur Senkung der Strompreise.

(Widerspruch des Abg. Christian Freiherr von Stetten [CDU/CSU])

Erstens. Der Rechnungshof sagt: Der Ausbau der erneuerbaren Energien war in der Vergangenheit zu langsam. Da hat er recht.

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Er schreibt, er ist jetzt zu langsam!)

Wenn ich mir die Zahlen für 2023 anschaue: Wir haben 2023 einen Zubau bei Solaranlagen von 14,6 Gigawatt erreicht. Das Ziel waren 9 Gigawatt. Das heißt, wir haben das Ziel bei Weitem übertroffen. 70 Prozent der privaten Solaranlagen werden heute mit Speichern gebaut, also ein großer Erfolg.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben bei Wind an Land zugelegt. Dort haben wir eine Steigerung um circa 50 Prozent erzielt. Das reicht noch nicht aus. Aber bei den Genehmigungen im Jahr 2023 gab es eine Steigerung um 80 Prozent. Und wir haben mit dem Wind-an-Land-Gesetz dafür gesorgt, dass die Flächen, die ja so oft für den Ausbau fehlen, in den Ländern bereitgestellt werden müssen. Also, wir kommen auch mit dem Windausbau voran und sehen dort Erfolge. Wir hatten letztes Jahr erstmalig über 50 Prozent erneuerbare Energien im Stromsektor, und das ist ein gemeinsamer großer Erfolg dieser Regierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf von der CDU/CSU)

Zweitens. Der Rechnungshof meint, der Netzausbau gehe zu langsam voran. Das stimmt. Der wurde in der Vergangenheit massiv verzögert.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das war doch gar nicht der Punkt!)

Wir haben mit einer Vielzahl von Gesetzen die Planung und Genehmigung beschleunigt. Wir haben den Stromnetzausbau so beschleunigt, dass wir jetzt statt sechs Jahren nur noch drei bis vier Jahre für eine neue Leitung brauchen.

(Zuruf des Abg. Andreas Jung [CDU/CSU])

Das ist vielleicht immer noch zu langsam, aber es ist ein riesiger Fortschritt, den wir da innerhalb von zwei Jahren erreicht haben.

Herr Spahn, ich bin Ihnen dankbar für Ihren Vorstoß bei der Erdverkabelung. Das können wir gerne machen. Dann zähle ich auch auf Ihre Unterstützung bei den Ländern, weil oft von dieser Seite entsprechende Forderungen erhoben werden. Lassen Sie uns doch gemeinsam mit den Ministerpräsidenten reden und schauen, wie wir die Kosten nach unten bekommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Jens Spahn [CDU/CSU]: Ich habe kein Problem damit!)

Drittens. Wir haben als Koalition ein Wasserstoffkernnetz von 9 700 Kilometern Länge auf den Weg gebracht. Wir nehmen die gesamte Republik in den Blick – von Nord nach Süd, von West nach Ost –, um die Energiewende voranzubringen; denn auch Wasserstoff als Molekül ist ein Speicher für die erneuerbaren Energien. Das bringen wir voran, während vorher nur ein kleiner Teil der Republik in den Fokus genommen wurde.

Viertens. Wir haben es geschafft, eine Kraftwerksstrategie vorzulegen. Das konnte der Bundesrechnungshof allerdings in seinem Sonderbericht nicht mehr berücksichtigen, weswegen man ihm das nicht anlasten kann. Darin haben wir in Abstimmung mit der EU und nach Einigung innerhalb der Koalition festgelegt, dieses Jahr mit der Ausschreibung einer 10-Gigawatt-Leistung zu beginnen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Wir sind gespannt! – Andreas Jung [CDU/CSU]: Ja, statt 24!)

Das heißt, wir haben den Ausbau erneuerbarer Energien und den Netzausbau beschleunigt, das Wasserstoffkernnetz auf den Weg gebracht, und wir setzen die Kraftwerksstrategie um. Das ist schon mal gar nicht so schlecht.

Jetzt schauen wir uns doch mal an, welche Auswirkungen das auf Preise, Versorgungssicherheit, Klimaschutz und Kosten hat. Schauen wir uns einmal die Preise an: Wir haben heute für die kleinen und mittelständischen Unternehmen, weil wir die EEG-Umlage abgeschafft und die Stromsteuer für das produzierende Gewerbe und für die Landwirtschaft auf europäisches Mindestmaß abgesenkt haben, Strompreise auf dem Niveau von 2017.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Was ist denn bei den Netzentgelten?)

Was für ein Erfolg, den wir hier gemeinsam für die KMUs erreicht haben!

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Jens Spahn [CDU/CSU]: Netzentgelte haben das alles wieder aufgezehrt! Milchmädchenrechnung!)

Die Strompreise für die energieintensiven Unternehmen sind zurückgegangen, die Gaspreise sind wieder auf Vorkrisenniveau. Trotz alldem ist die Inflation auf dem niedrigsten Stand seit Juni 2021. Obwohl wir im Januar auf den CO2-Preispfad der Großen Koalition zurückgekehrt sind, sind die Energiepreise im Februar im Vergleich zu Januar gesunken. Auch die privaten Stromverträge sind heute deutlich billiger zu haben: gestern 25,6 Cent die Kilowattstunde für Neukunden. Auch dieser Preisrückgang ist ein großer Erfolg. Hier rechnet der Rechnungshof leider mit den alten Zahlen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Also, eigentlich alles prima!)

Lassen Sie mich etwas zur Versorgungssicherheit sagen. Die Versorgungssicherheit war in den letzten zwei Jahren immer gegeben – trotz all der Schwierigkeiten und Herausforderungen, vor denen Deutschland aufgrund der Abhängigkeit von Russland stand. Und zum obersten Ziel der Versorgungssicherheit sage Ihnen ehrlich: Bevor wir Kohlekraftwerke abschalten, muss die Versorgungssicherheit immer gegeben sein.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das hättet ihr bei den Kernkraftwerken auch so machen sollen!)

Das ist das A und O unserer Energiepolitik.

(Beifall der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Aber jetzt schauen Sie sich doch mal an, wo wir in der Kohleverstromung im letzten Jahr standen, obwohl die letzten drei Atomkraftwerke vom Netz genommen wurden. Wo standen wir denn bei der Kohleverstromung? Auf einem historischen Tiefstand in Deutschland. Seit 1963 wurde nicht so wenig Kohle in Deutschland verstromt wie im letzten Jahr. Das ist doch ein riesiger Erfolg, auch für den Klimaschutz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Ich bin sicher, dass der Kohleausstieg marktgetrieben weit vor 2038 kommen wird, weil wir mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien so vorankommen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt schauen wir uns mal die Zahlen der Klimabilanz an; denn das ist ja ein wichtiger Punkt. Ich bin Herrn Jung sehr dankbar, dass er es angesprochen hat: Wir haben laut Projektionsbericht der Bundesregierung eine Lücke von 1 100 Millionen Tonnen CO2 bis zur Erreichung der Klimaziele 2030 geerbt.

(Andreas Jung [CDU/CSU]: Sie schließen die Lücke nicht!)

Laut Projektionsbericht ist die Lücke im letzten Jahr auf 200 bis 300 Millionen Tonnen CO2 verkleinert worden.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Es gab bei uns keine Lücke!)

Das heißt, wir haben die Lücke, die wir vorgefunden haben, um 80 Prozent verringert.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Das sind doch Fake News!)

Wir werden morgen die neuen Zahlen bekommen. Sie werden sehen, dass wir die Klimalücke zur Erreichung der Klimaziele 2030 weiter verringern. Und das ist ein Riesenerfolg, den wir hier gemeinsam in den letzten zwei Jahren erreicht haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Lassen Sie mich zuletzt noch etwas zu den Kosten sagen. Der Rechnungshof weist zu Recht darauf hin, dass die Kosten hoch sind. Ja, wir müssen Geld in die Hand nehmen.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Nehmt mal euer eigenes!)

Doch die Alternative des Nichthandelns wäre doch angesichts einer sich beschleunigenden Klimakrise noch viel teurer. Ich will nur an die furchtbare Katastrophe im Ahrtal mit Kosten von über 40 Milliarden Euro erinnern. Es gibt keine Alternative zum schnellen Ausbau der erneuerbaren Energien.

Heute wurde eine Studie von PricewaterhouseCoopers veröffentlicht, in der dafür plädiert wird, dass man möglichst schnell ausbaut, weil die Kosten, die durch die Investitionen jetzt entstehen, durch niedrige Energiekosten überkompensiert werden. Diese Studie liegt seit heute vor.

Der Bundesrechnungshof macht keine Vorschläge. Das muss er auch nicht. Im politischen Raum gibt es dann gerne mal den Vorschlag: Zurück zur Atomenergie. Schauen Sie nach Großbritannien. Dort wird gerade Hinkley Point gebaut: ein Drittel teurer als geschätzt – 40 Milliarden Euro.

(Steffen Kotré [AfD]: Trotzdem noch preiswerter!)

Das werden die teuersten Kilowattstunden, die je erzeugt werden, falls das Ding jemals fertig wird.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Was kostet der Solarstrom noch mal?)

Das heißt, wir als Regierung bringen den Ausbau der erneuerbaren Energien voran. Wir sind auf dem Weg, die Klimaziele 2030 zu erfüllen. Wir sichern die Versorgung in Deutschland und senken die Preise. Und damit machen wir weiter.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)