Rede von Misbah Khan Datenübermittlung und Bezahlkarte für Geflüchtete

12.04.2024

Misbah Khan (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich zuerst einmal bei all meinen Vorrednerinnen und Vorrednern bedanken, die betont haben, wie wichtig es ist, das Existenzminimum und die gesellschaftliche Teilhabe für alle in Deutschland zu gewährleisten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP] – Petra Nicolaisen [CDU/CSU]: Das hat keiner in Zweifel gestellt!)

Ich selbst werde auf die Neuregelung der Datenübermittlungsvorschriften durch dieses Gesetz und auf das Ausländerzentralregister eingehen.

Fast niemand in diesem Hohen Haus wird bezweifeln, dass wir einen digitalen Staat brauchen – und das dank der verschlafenen letzten Jahrzehnte gerne sehr schnell. Dennoch ist das AZR eine der Achillesfersen, die wir in der digitalen Verwaltung haben.

Mit rund 31,6 Millionen Datensätzen ist das AZR eines der umfangreichsten automatisierten Register, die wir in der Verwaltung haben. Die besondere Krux: Viele dieser Daten sind personenbezogen. Schon vor dem Gesetz gab es 16 000 Stellen und 150 000 Einzelnutzerinnen und Einzelnutzer, die die Möglichkeit hatten, auf diese Daten zuzugreifen – und das sehr oft relativ unkompliziert und vor allem auch relativ unkontrolliert.

Schon 2020 konnten 260 000 Datenabrufe pro Arbeitstag durchgeführt werden. Das sind Daten von 2020; genauere liegen uns nicht vor. Wir können aber davon ausgehen: Es sind heute noch viel mehr. Das umfasst den Zugriff auf Geburtsdaten, den Zugriff auf den Wohnort, in vielen Fällen auf die Religion, auf Ausbildung und Beruf, auf asyl- und aufenthaltsrechtliche Lebenswege all der Menschen, die in Deutschland leben und keinen deutschen Pass haben. Und jetzt sollen es 3 000 Behörden mit Zugriffsrechten mehr werden. Für uns Grüne war es deshalb ein lange überfälliges Anliegen, zu sagen: Das Datenschutzkonzept des AZR muss verbessert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Schon heute liegt eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe vor. Für uns ist klar: Es gibt keinen Datenschutz zweiter Klasse für Menschen ohne deutschen Pass.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Carmen Wegge [SPD] und Stephan Thomae [FDP])

Was haben wir also getan?

Erstens. Wir haben das Datenschutz-Cockpit funktionsfähig gemacht. Jetzt kann jeder sehen, welche persönlichen Daten über ihn eigentlich abgerufen worden sind – und das nutzerfreundlich.

Zweitens. Wir haben die strafrechtliche Verfolgung von Datenmissbrauch durch die Einführung eines Offizialdelikts verbessert. Das heißt, Datenschutzbeauftragte der Länder und des Bundes können nun aktiv werden, und Staatsanwaltschaften müssen es auch.

Drittens. Wir reduzieren das Risiko, weil wir Daten sparsamer anlegen. Die Volltexte von Asylbescheiden und von Gerichtsentscheidungen haben wegen der höchst sensiblen Informationen in solchen Registern eigentlich gar nichts verloren, finde ich. Es hätten meinetwegen gerne auch alle Volltexte entfernt werden können. Jetzt ist es so, dass zumindest ein Großteil nicht mehr verfügbar sein wird.

Viertens. Wir erkennen jetzt an, dass in Anbetracht der Tatsache, dass dieses Register so gigantisch groß ist, die Stichprobenkontrolle einfach absolut unangemessen war.

Das alles sind wichtige Etappenziele, um den Datenschutz zu verbessern.

Ganz zum Schluss ein Appell, gerade auch mit Blick auf die Deportations- und Vertreibungspläne von ganz rechts außen:

(Enrico Komning [AfD]: Welche Vertreibungspläne denn? – Norbert Kleinwächter [AfD]: Wir wollen Rechtsstaatlichkeit!)

Unser Staat und wir alle sind gemeinsam dafür verantwortlich, den Schutz und die Sicherheit von Menschen zu gewährleisten, die in Deutschland leben, egal ob sie einen deutschen Pass haben oder nicht.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: „Deportationspläne“! So ein Blödsinn!)

Zu diesem Schutz braucht es auch einen konsequenten Datenschutz.

Vielen herzlichen Dank – auch für die Zusammenarbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die Gruppe BSW Alexander Ulrich.

(Beifall der Abg. Jessica Tatti [BSW])