Rede von Michael Sacher Filmförderung

Michael Sacher MdB
21.09.2023

Michael Sacher (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr verehrte Frau Staatsministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir bringen heute durch die Änderung des FFG die Verlängerung der Filmförderung für das Jahr 2024 auf den Weg, und das ist sehr gut; denn durch diese Überbrückung für ein weiteres Jahr verschaffen wir uns Luft, um im Jahr 2025 eine wirklich gute und grundsätzliche Reform der Filmförderung anzugehen.

Das Ziel dieser großen Reform wird es sein, Deutschland als Produktions-, Kino- und Medienstandort zu festigen bzw. überhaupt wieder relevanter zu machen. Es geht dabei um Wertschöpfung, Arbeitsplätze, technische Entwicklung, wirtschaftliche Aspekte einerseits. Andererseits geht es auch um ein weniger Fassbares, aber viel Wesentlicheres, nämlich: Wer erzählt wo wie welche Geschichten?

Unsere Filmförderung ist ursprünglich entstanden, um dem Markt in Deutschland und Europa eine Chance gegen die internationale Übermacht zu geben, sowohl wirtschaftlich als auch inhaltlich und künstlerisch. Deswegen ist es so wichtig, dass wir mit der kommenden Reform der Filmförderung die Produktion in Deutschland attraktiv gestalten.

Was ist dabei unsere Absicht? Schlicht gesagt: dass gute und erfolgreiche Filme in Deutschland produziert und gezeigt werden – Filme, die das Herz schneller schlagen lassen, Perspektiven eröffnen, lachen und weinen machen; Filme, die mir keine Zeit stehlen, sondern neue Blicke schenken auf die Welt, auf die Menschen, auf die gesellschaftliche Wirklichkeit; Filme, die wir gerne sehen und bei denen wir uns wünschen, dass sie nicht aufhören mögen, auch wenn sie manchmal schmerzen; Filme, die auch Geld in die Kassen bringen.

In der Praxis ist es dann schon etwas schwieriger, genau diese Filme zu machen. Dafür braucht es Mut und Risikobereitschaft, auch mehr Raum und Förderung in der Stoffentwicklung. Nicht alles muss immer bis zum manchmal bitteren Ende durchproduziert werden. Und es gibt genügend Gelegenheiten, gute Stoffe noch besser zu machen. So wird es in der Summe wahrscheinlich zu weniger Filmen kommen; aber diese sind besser ausformuliert und können dann auch bis zur und vor allem in der Auswertung besser begleitet werden.

Es braucht auch einen starken Fokus auf Auswertung, Verleih und Marketing, das heißt auf die Sichtbarmachung der deutschen Filme auch international, und einen Fokus auf die Kinos, die als kulturelle und soziale Orte einer strukturellen Unterstützung bedürfen, damit wir nicht nur Filme gucken, sondern uns das Kino als eine große gesellschaftliche Erzählung bewahren und diskursive Räume schaffen – Räume als Experimentierfelder für ein innovatives, neues Sehen und Räume für ein niederschwelliges Kulturangebot, auch in den ländlichen Regionen und in den Stadtteilen fernab der Zentren.

Bei der Ausgestaltung der Förderung – darauf wurde immer und von allen Seiten hingewiesen – wird eine Verlässlichkeit von enormer Bedeutung sein. Heute zu wissen, welche Förderung man auch noch in drei Jahren oder auch nur am Ende des Jahres erwarten kann, ist in einer Branche, die nicht von heute auf morgen produziert, immens wichtig und funktioniert nur ohne Deckelung und automatisiert und am einfachsten über steuerliche Anreize.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Auf der anderen Seite werden wir auch einen besonders künstlerischen und experimentierenden Film fördern wollen. Und wie in einem System von kommunizierenden Röhren müssen wir auch eine Investitionsverpflichtung parallel zu einem Tax-Incentive-Modell gestalten. Denn nur so kann Filmförderung auf einem nationalen Spielfeld auch nachhaltig und abgekoppelt von rein kommerziellen Interessen künstlerische Freiräume finanzieren. Und da im Idealfall diese besonderen und mutigen Produktionen auf ihre Art und Weise erfolgreich sein werden – weil sie einfach gut sind –, ist auch die Investitionsverpflichtung letztendlich ein Gewinn für alle Beteiligten und kein Würgegriff oder Fesselung, vor allem, wenn wir bedenken, dass Deutschland kein unwesentlicher Markt ist, das heißt, dass es sich lohnt, gerade hier zu investieren.

Das Wichtigste zum Schluss: Bei allem, was wir neu und gestärkt auf den Weg bringen werden, muss immer als Maxime vorangestellt sein, die tatsächliche Diversität und Vielfältigkeit in unserer Kultur und Gesellschaft sichtbar zu machen und vor allem zu Wort kommen zu lassen. Hier muss die Freiheit der künstlerischen Entscheidung unabhängig von staatlicher und politischer Seite erhalten bleiben, und es muss eine deutliche und diverse Gewichtung in allen Gremien geben, dass diese Perspektiven nicht nur bedacht, sondern auch mit tatsächlicher Auswirkung eingebracht werden können.

Bei Repräsentation geht es allerdings nicht nur um marginalisierte Gruppen; auch bei Film und Kino gehört mindestens die Hälfte der Macht endlich in die Hände der Frauen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Bei alldem braucht es die geballte Kreativität aller Filmemacher/-innen in Deutschland, um einen neuen deutschen Film auf den Weg zu bringen.

Am Ende meiner Redezeit geht es mir wie dem Kino, das noch viele Geschichten zu erzählen hat. So hätte auch ich noch viel mehr zu sagen: über Green Shooting, über die anspruchsvolle Umstrukturierung der FFA zu einer einfachen und effizienten Filmförderung aus einer Hand, natürlich über die Abstimmung mit den Länderförderungen – selbst für absurde Anträge, fern jeglicher Realitäten.

Sie sehen: Der Wurf ist nicht nur groß, sondern auch komplex. So ist es gut, dass wir mit der jetzt anstehenden Verlängerung bis Ende 2024 etwas mehr Zeit gewinnen, um die großen Fragen nicht nur zu wälzen, sondern auch gut zu beantworten.

Danke für die Aufmerksamkeit und viel Vergnügen bei Ihrem nächsten Kinobesuch!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Sacher. – Der nächste Redner ist Herr Kollege Marco Wanderwitz, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)