Rede von Tobias B. Bacherle Fortsetzung des SEA GUARDIAN-Einsatzes im Mittelmeer

Tobias B. Bacherle MdB
21.03.2024

Tobias B. Bacherle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Bundesregierung bittet uns um die Zustimmung zu dem Mandat Sea Guardian. Wir werden das als Fraktion sehr gerne tun. Ich möchte Sie alle herzlich bitten, dem auch nachzukommen; denn, liebe Kolleginnen und Kollegen, wir erleben eine Zeit, in der die Verantwortung der NATO und damit auch unsere Verantwortung aus einem neuen Blickwinkel betrachtet werden muss und zum Glück auch oft betrachtet wird.

Wir haben uns in der Nationalen Sicherheitsstrategie das Ziel gesetzt, aktiv für die Freiheit der internationalen Schifffahrt einzustehen, sie zu verteidigen. Dafür stehen wir jetzt etwas unverhofft ganz konkret mit unserem deutschen Beitrag zur Sicherung der internationalen Schifffahrt im Roten Meer, die dort akut bedroht wird und weltweite Konsequenzen nach sich zieht: bei uns Lieferkettenprobleme, in Ägypten ausfallende Einnahmen durch den nicht befahrbaren Suezkanal.

Wir werden weiterhin an Sea Guardian mitwirken und im Mittelmeer eines der am stärksten frequentierten Seegebiete sowie Teile der Wasserstraße nach China und Indien von Europa aus schützen.

Auftrag der NATO und der NATO-Partner ist es, im Rahmen des 360-Grad-Ansatzes alle Grenzen des NATO-Gebietes zu schützen und zu sichern. Dieser Auftrag gilt ganz besonders und ist für uns vielleicht noch mal wichtiger in Zeiten, in denen auf der anderen Seite des Atlantiks ein wohlbekannter, wiederkehrender Präsidentschaftsbewerber damit kokettiert – mal mehr, mal weniger –, dass er seiner Verantwortung gegenüber diesem Bündnis vielleicht nicht gerecht werden möchte, sollte es zu einer erneuten Präsidentschaft von ebenjenem Trump kommen. Umso wichtiger ist es also, dass wir heute, in Zeiten multipler Bedrohungen, verlässlich zum NATO-Bündnis stehen. Genau das tut unsere Bundeswehr im Auftrag unseres Parlamentes. Gemeinsam mit unseren Bündnispartnern trägt sie zur Sicherheit und zur Sicherung der Schifffahrt im Mittelmeer bei. Unseren Soldatinnen und Soldaten, die sich in diesem Einsatz im Mittelmeer, aber auch in allen anderen Einsätzen für die Sicherheit einsetzen, gilt mein größter Respekt und unsere tiefe Dankbarkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Ich möchte aber in den eben schon erwähnten etwas besonderen Zeiten – wir diskutieren ja oft über die Zeitenwende – auch noch mal darüber sprechen, in welchem Gebiet dieser Einsatz stattfindet. Das Mittelmeer verbinden wir vielleicht aktuell nicht mehr so akut mit einer Bedrohungslage, mit Waffenschmuggel oder Terrorismusbekämpfung. Ich war vor knapp vier Wochen in Libyen und habe dort das Land tief gespalten durch zwei Regierungen vorgefunden, die Menschen waren natürlich frustriert davon, dass der UN-Prozess nicht vorankommt, und – ich habe das selber in den Gesprächen erlebt – von den politischen Akteuren enttäuscht, die mehr damit beschäftigt sind, ihre eigenen Vorteile zu sichern und mit dem Finger aufeinander zu zeigen, als eine wirkliche Stabilisierung und Einigung des Landes voranzutreiben.

Das hat eine höhere geopolitische Dimension, als der Blick auf die internationalen Akteure, die als Erstes in den Blick fallen, zum Beispiel Anrainerstaaten wie Ägypten, vermuten lässt. Denn jüngst hat uns Russland auf den Plan gerufen und uns alle daran erinnert, mit welch großem Interesse es eine Destabilisierung Libyens aufrechterhalten will. Die Einrichtung dessen, was geschichtsvergessen „Afrikakorps“ genannt wurde, erinnert vom Namen her vielleicht gut daran, wie imperialistisch die russischen Pläne ganz konkret sind, dort gegen uns einen Standort zu sichern, aber eben auch ein Eingangstor in Richtung des Kontinents Afrika zu erhalten. Umso wichtiger ist es, dass wir mit diesem Mandat Präsenz im Mittelmeer zeigen, aber vor allem auch den Waffenschmuggel zumindest von dieser Seite klar bekämpfen. Wir sollten aber das Mittelmeer, die nordafrikanischen Staaten auf der anderen Seite, nicht nur als europäische Nachbarschaft begreifen, sondern uns auch darüber bewusst sein, dass es die Südflanke des NATO-Gebietes ist.

Einen letzten Satz möchte ich noch loswerden. Denn natürlich ist das Mittelmeer auch die tödlichste Grenze und eines der größten Gräber dieser Welt. Die traurige Nachricht der letzten Woche, dass wieder mindestens 60 Menschen bei der Fahrt über das Mittelmeer ihr Leben verloren haben, muss Erinnerung daran sein, dass nicht nur alle Schiffe im Mittelmeer natürlich die Verpflichtung zur Seenotrettung haben, sondern dass die Aufklärung im Rahmen von Sea Guardian hoffentlich in Zukunft auch ihren Beitrag leisten kann, dass weniger solcher Tragödien stattfinden, weniger Menschen im Mittelmeer ihr Leben verlieren müssen. Deswegen bitte ich um Ihre Zustimmung.

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Paul Ziemiak für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)