Rede von Dieter Janecek Maritime Souveränität

Foto von Dieter Janecek MdB
06.07.2023

Dieter Janecek, Koordinator der Bundesregierung für die Maritime Wirtschaft und Tourismus:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Lieber Hagen Reinhold, ich möchte mich zu Beginn auch ganz herzlich für die gute Zusammenarbeit der letzten Jahre bedanken. Am Anfang waren wir beiden bei der Luftfahrt zusammen, jetzt sind wir es bei Schifffahrt. Ich wünsche dir alles Gute für den weiteren Lebensweg! Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Gestern war ich in Neubrandenburg, lieber Michael Grosse-Brömer. Dort hat man mir spaßeshalber schon einen Zweitwohnsitz angeboten. Insofern: Das mit der Präsenz ist, glaube ich, in der Branche ganz gut angesehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Das war keine persönliche Kritik!)

Vielleicht ist es manchmal gar nicht so schlecht, wenn das mal jemand macht, der nicht aus dem Norden kommt, weil dann der Verdacht nicht so naheliegt, dass man Interessen des Nordens vertritt. Darauf will ich hinaus mit meiner Rede: Es geht hier um bundesdeutsches Interesse bei der maritimen Wirtschaft.

Worum geht es? Wir haben im Meer die Zukunft – die Zukunft der Energieversorgung, des Klimaschutzes, aber auch der Logistik der Warenströme; die gibt es heute schon, aber wir haben Investitionen im Bereich des europäischen Kontinents in Höhe von 1 Billion Euro allein im Bereich der Offshorewindenergie. Das sind über 400 Gigawatt in den nächsten 25 Jahren an Windturbinen, Monopiles, Offshorekonverterplattformen, die wir installieren wollen, etc.; darauf komme ich gleich noch.

(Zuruf des Abg. Uwe Schmidt [SPD])

Wir wollen als Bundesrepublik Deutschland einen Teil der Wertschöpfung im europäischen Verbund bei uns halten. Darum kämpfen wir ganz intensiv in dieser Koalition.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das Thema Konverterplattform beschäftigt mich seit Beginn meiner Amtszeit – das ist jetzt ein knappes halbes Jahr her – intensiv. In der Tat haben wir nicht nur einen, sondern wahrscheinlich zwei Standorte – Bremerhaven auf der einen Seite, Rostock-Warnemünde auf der anderen Seite –, die für die Produktion von Wechselstrom aus Gleichstrom auf den Meeren geeignet sind. Eine Plattform kostet nach dem heutigen Stand um die 2,5 Milliarden Euro. Die Übertragungsnetzbetreiber wollen damit Vergaben bis in die 40er-Jahre hinein verbinden. Also, da gibt es ein Geschäftsfeld. Wir müssen darum kämpfen – und das tun wir –, dass wir hier am Standort Deutschland davon welche realisiert bekommen. Das muss unsere Aufgabe sein.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Und dann spielt natürlich die Frage der Infrastruktur eine Rolle. Die Häfen werden sich wandeln. Volker Wissing wird jetzt mit uns gemeinsam die Nationale Hafenstrategie entwickeln.

(Julia Klöckner [CDU/CSU]: Aha! Weiß er das?)

Da spielen Fragen von Wasserstoffzugänglichkeit, Ertüchtigung von Kaimauern eine Rolle, damit wir das, was auf die Häfen zukommt, dann auch entsprechend investiert bekommen. Die Länder sind in der Verantwortung. Aber man wird auch darüber reden müssen, wie man künftige Herausforderungen gemeinsam stemmt. Da liegt ein Prozess vor uns.

Das geht weiter bei dem Thema Errichterschiffe; denn sie kriegen die Turbinen ja nicht raus aufs Meer, wenn sie nicht entsprechende Schiffe haben, die das wie auch bei der Bebunkerung hinkriegen.

Ein weiterer Punkt: 300 Millionen Tonnen Schiffsdiesel werden auf den Meeren verbraucht. Diesen wollen wir – beim Flugverkehr gilt übrigens für Kerosin Ähnliches – durch grünen Wasserstoff, durch Ammoniak, durch E-Methanol ersetzen.

Es entstehen also überall neue Geschäftsfelder, die für die maritime Wirtschaft auf dem heutigen Stand eine gigantische Chance sind.

(Martin Reichardt [AfD]: Ja!)

Die Problemlagen sind dabei folgende: Wir kommen aus einer Vergangenheit, die in Teilen von Niedergang – Herr Ferlemann, Sie wissen das ja auch noch aus den Erfahrungen der Regierung –,

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Felix Banaszak [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

insbesondere bei den Werften, geprägt war. Das heißt, die Kapitalkraft der einzelnen Unternehmen reicht nicht zwingend aus, um das zu schultern. Deswegen beschäftigt uns die Frage von Bürgschaften, von Bauzeitfinanzierung sehr stark.

Ich glaube auch nicht – das will ich deutlich sagen –, dass wir uns jedes Geschäftsmodell der Vergangenheit zurückwünschen sollten; das werden wir nicht schaffen. Aber es gibt Bereiche, in denen der Staat mit der Branche gemeinsam in Verantwortung steht. Da gibt es einen intensiven Dialog, die Finanzierung zu stemmen. Ich habe bereits diese 1 Billion Euro allein im Offshorebereich genannt. Dazu kommt der maritime Bereich plus das Thema Kraftstoffe, E-Fuels, Wasserstoffanlandung.

Also, ich komme aus Bayern; das stimmt. Ich muss allerdings sagen: Ich beneide den Norden ein wenig über die Chancen. Wir in Bayern beklagen gerade, dass wir die Stromtrassen nicht ausgebaut haben und es mit der Windkraft nicht so gut steht. Historisch zeigt sich: Dort, wo die Energie erzeugt wird, ist das Wachstum. Das ist eine große Chance; da sollten wir ran. Wir können das mit Klimaschutz vereinbaren, der Mittelstand hat eine Chance. Ich bin da gerne dabei. Mir macht es viel Spaß, und ich freue mich auf die nächste Diskussion.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Ingo Gädechens hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)