Rede von Friedrich Ostendorff Schlachthöfe

28.06.2018

Friedrich Ostendorff (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Nach der Tierschutzschlachtverordnung müssen Tiere unter Vermeidung von Schmerzen oder Leiden in einen bis zum Tod anhaltenden Zustand der Empfindungs- und Wahrnehmungslosigkeit versetzt werden. Tiere müssen „von jedem vermeidbaren Schmerz, Stress und Leiden verschont“ werden.

Die Realität spricht oftmals eine andere Sprache. Immer wieder gibt es gravierende Tierschutzverletzungen an Schlachthöfen. Es kommt zu Fehlbetäubungen, und mit den Tieren wird teils äußerst brutal umgegangen.

Die Kolleginnen und Kollegen der Union werden jetzt von Einzelfällen und schwarzen Schafen sprechen. Das ist vorhersehbar, das müssen Sie tun.

Und selbst wenn, Kolleginnen und Kollegen der Union, selbst wenn diese individuellen Fehler nur bei einem geringen Prozentsatz der geschlachteten Tiere auftreten, ist die tatsächliche Dimension gewaltig. In Deutschland wurden im Jahr 2017 immerhin knapp 58 Millionen Schweine, 3,5 Millionen Rinder sowie über 700 Millionen Stück Geflügel geschlachtet. Wir haben einen Schutz­auftrag für die Tiere in unserem Grundgesetz, bitte vergessen Sie das nicht.

Deshalb müssen die Kontrollstandards verbessert werden. Diese sensiblen Bereiche dürfen keine Blackbox sein. Deshalb ist es nicht verständlich, wenn die Bundesregierung die Videoüberwachung in Schlachthöfen für nicht durchführbar hält. Dass das ein fadenscheiniger Vorwand ist und nicht haltbar, hat kürzlich ein Gutachten der SPD-Kollegin Mittag gezeigt.

Gerade die Betäubung muss stärker in den Blick genommen werden. Ein Missstand ist, dass es für die Hersteller der Betäubungsgeräte keine Verpflichtung, keinen TÜV gibt, die tierschutzkonforme Funktion ihrer Geräte vor Inverkehrbringen zu prüfen. Genau an diesem Punkt müssen Sie nun handeln: Denn bis Ende 2019 müssen etliche Schlachtbetriebe neue elektrische Betäubungsgeräte anschaffen, da eine EU-Verordnung die Verwendung vieler der vorhandenen Geräte nur noch bis dahin erlaubt. Es ist ja wünschenswert, wenn Politik mal vorausschauend agiert. Wie man es nicht machen sollte, zeigt das BMEL ja gerade sehr eindrücklich beim Thema Ferkelkastration.

Ein weiteres Problem ist die Betäubung: Ein Großteil der Schweine wird mit CO 2 betäubt. Der Hauptvorteil liegt in einer effizienten Gruppenbetäubung mit wenig Personaleinsatz, so die Bundesregierung im Tierschutzbericht 2015. Doch diese Methode steht zu Recht seit vielen Jahren in der Kritik, weil die Betäubung nicht sofort eintritt und die Tiere über 30 Sekunden Atemnotsymptome und ein starkes Abwehrverhalten zeigen. Das Verhalten lässt darauf schließen, dass die Schweine massivste Todesängste erleiden. Und ich frage Sie: Können wir das nicht besser? Geben wir uns damit zufrieden, nur weil die Gondeln geschlossen sind und keiner den Todeskampf der Tiere mit anschauen muss? Reicht die Betäubungstiefe aus?

Die Bundesregierung hält in dem genannten Tierschutzbericht auch fest, dass derzeit noch keine praxistauglichen Alternativen verfügbar seien. Ist das so? Und falls ja, warum ist das so? Seit vielen Jahren! Fördern Sie doch die Forschung für eine schmerz- und angstfreie Betäubung von Schweinen endlich anständig. Das ist eine ganz zentrale Forderung unseres Antrages. Denn das Leiden der Tiere bei der Einleitung der Betäubung ist seit vielen Jahren bekannt. Mit dem Willen zu mehr Tierschutz ist es vermeidbar. Also tun Sie etwas!