Statement vom 20.02.2024

Katharina Dröge zu den Themen Unterstützung für die Ukraine, Jahreswirtschaftsbericht, Solarenergie sowie Bezahlkarte

Anlässlich der heutigen Fraktionssitzung der Grünen Bundestagsfraktion nachfolgend Statements der Fraktionsvorsitzenden Katharina Dröge zu den Themen Unterstützung für die Ukraine, Jahreswirtschaftsbericht, Solarenergie sowie Bezahlkarte.

Unterstützung für die Ukraine:
Wie Sie wissen, jährt sich in dieser Woche der furchtbare russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Am Wochenende hat der Bundeskanzler gemeinsam mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj eine Sicherheitsvereinbarung unterzeichnet, in der wir als Bundesregierung – und wir als regierungstragende Fraktionen werden das in dieser Woche auch nochmal machen – ganz klar und unmissverständlich zum Ausdruck bringen: Wir stehen an der Seite der Ukraine. Die Ukraine kann sich auf unsere Unterstützung verlassen, solange es notwendig ist, so lange, bis die Ukraine den Krieg gewonnen hat, bis Russland sich aus der Ukraine vollständig zurückgezogen hat. Hier kann sie sich auf unsere Unterstützung verlassen.
 

Wir sehen allerdings auch, dass die Situation in der Ukraine so ist, dass auch weiterhin mehr Unterstützung notwendig ist. Und deswegen haben wir uns als Ampelfraktionen für diese Sitzungswoche auf einen gemeinsamen Antrag verständigt, den wir als Fraktionsvorsitzende unseren Fraktionen heute Nachmittag vorschlagen wollen. Und in diesem Antrag thematisieren wir noch einmal wirklich alle Dimensionen der Unterstützung, auf die die Ukraine sich verlassen kann: diplomatische Unterstützung, finanzielle Unterstützung, humanitäre Unterstützung und auch die Unterstützung mit Waffen, mit mehr Munition. Denn das ist es, was die Ukraine in dieser Zeit ganz dringend von uns braucht.
 

Jahreswirtschaftsbericht:
Das zweite Thema, über das ich sprechen möchte, ist die wirtschaftliche Lage. Wir werden in dieser Woche im Deutschen Bundestag den Jahreswirtschaftsbericht diskutieren. Die Wachstumszahlen der deutschen Wirtschaft sehen nicht so aus, wie wir uns das wünschen. Das Wachstum sollte aus unserer Sicht höher sein. Trotzdem warne ich davor, den Wirtschaftsstandort Deutschland zu schwarz zu malen, denn die Gründe für die aktuelle Wachstumsschwäche liegen in den Fehlern der Vergangenheit. Wir zahlen immer noch den Preis dafür, dass Deutschland sich innerhalb der europäischen Länder am abhängigsten gemacht hat von russischer Energie. Den Preis musste unsere Industrie in den letzten zwei Jahren zahlen.
 

Wir als Regierung haben sehr viel dafür getan, diese Unabhängigkeit jetzt gut und neu aufzustellen, unsere Energieversorgung sicher und bezahlbar zu machen und durch gezielte Maßnahmen zur Entbürokratisierung, zur Stärkung von Investitionen und zur Behebung des Fachkräftemangels unsere Wirtschaft fit für die Zukunft zu machen.

 

Das ist das, woran wir jetzt auch weiter arbeiten wollen. Und was ich nicht verstehe an den aktuellen Debatten: Man kann ja über Wirtschaftspolitik gut streiten, und ich diskutiere da sehr gerne auch drüber, aber was ich nicht verstehe ist, wenn die Union als Oppositionsfraktion auf der einen Seite unbezahlbare Steuersenkungskataloge vorschlägt und auf der anderen Seite sich da, wo sie ganz konkret in der Verantwortung steht, nämlich mit ihren Bundesländern im Bundesrat, im Vermittlungsausschuss, da, wo wir über Steuersenkungen für die deutsche Wirtschaft verhandeln, auf einmal aus dem Staub macht, da auf Blockade setzt, da auf Profilierung statt Verantwortung setzt.
 

Ich fordere Friedrich Merz auf, dass wir am Mittwoch gemeinsam das Wachstumschancengesetz im Vermittlungsausschuss beschließen. Das ist Verantwortung für die deutsche Wirtschaft. Wenn er sich der nicht stellt, dann zeigt er auch, dass er aktuell in dieser Situation nicht regierungsfähig ist.
 

Solarenergie:
Das dritte Thema, auch ein wirtschaftspolitisches, auf das ich eingehen möchte, ist die Situation der deutschen Solarbranche. Wir haben hier eine herausfordernde Situation durch eine zu große Abhängigkeit vom asiatischen Solarmarkt, auch durch Dumping-Module aus China. Deswegen hätten wir als grüne Bundestagsfraktion uns sehr gefreut, wenn es in dieser Woche gelungen wäre, eine Einigung zwischen den Ampelfraktionen hinzukriegen für das notwendige Solarpaket, das wir schon seit einigen Monaten im Deutschen Bundestag verhandeln, und insbesondere dort auch eine Komponente zur Stärkung der heimischen Solarproduktion zu verankern. Das hat nicht geklappt. Das kann jetzt erhebliche Folgen für die Wirtschaft, für die Solarwirtschaft gerade in Ostdeutschland haben. Wir schauen da mit Sorge drauf. Und ich kann wirklich nur eindringlich daran appellieren, dass wir diese Beratungen jetzt zügig zu einem Erfolg bringen.
 

Das Solarpaket ist übrigens auch ein großes Entbürokratisierungspaket, und deswegen finde ich es ein bisschen absurd, dass sich ausgerechnet die Verhandlungen über Entbürokratisierung aktuell so bürokratisch gestalten.
 

Bezahlkarte:
Das vierte Thema, auf das ich zu sprechen kommen möchte, ist die Bezahlkarte. Ich habe mit einiger Verwunderung auf die doch sehr aufgeregte Debatte der letzten wenigen Tage geschaut. Und ich würde mir manchmal wünschen, dass wir es in diesem Land schaffen, über Asylpolitik ein bisschen sachlicher zu diskutieren, ein bisschen weniger aufgeregt zu diskutieren. Vielleicht so, wie wir über Digitalisierung, Entbürokratisierung oder die Reform der Deutschen Bahn diskutieren. Dann würden nämlich nicht so viele Dinge in der öffentlichen Diskussion durcheinandergehen, wie das in den letzten Tagen passiert ist.
 

Um ein paar Dinge zu sortieren, erstens: Niemand diskutiert darüber, ob eine Bezahlkarte kommt. Alle Bundesländer werden eine Bezahlkarte einführen. Auch alle grün mitregierten Bundesländer beteiligen sich an einer gemeinsamen Ausschreibung, die jetzt schon auf den Weg gebracht ist, die dazu führen wird, dass im Sommer eine gemeinsam ausgeschriebene Bezahlkarte zwischen den Bundesländern kommen wird. Die Frage des Ob ist an dieser Stelle entschieden. Und es ist auch der grüne Oberbürgermeister in Hannover gewesen, der als einer der Ersten gezeigt hat, wie man soziale Bezahlkarten einführen kann und dass das geht.

Deswegen wundere ich mich etwas über die Diskussion, dass auf einmal das Ob wieder im Raum steht. Ich kann nur sagen als Fraktionsvorsitzende, die ja Gesetze im Parlament verhandelt: Mir hat noch niemand ein konkretes Argument genannt, warum das, was Hamburg gemacht hat, rechtswidrig sein soll. Mir hat noch niemand ein einziges Argument genannt, warum das, was Bayern in zwei Wochen machen wird, rechtswidrig sein soll. Und auch in Hannover hat noch niemand infrage gestellt, dass das geht, was Hannover bereits macht. Ich kann keine Bundesgesetze nach Bauchgefühl ändern. Das heißt, wenn es eine konkrete Notwendigkeit gibt, dann muss sie von irgendjemandem auch einmal konkret formuliert werden. Dieser Nachweis ist bislang schuldig geblieben.
 

Zweiter Punkt: Es geht auch nicht um die Frage, ob es bundesgesetzliche Änderungen braucht, um eine einheitliche Bezahlkarte zu schaffen. Das fordern die Bundesländer noch nicht mal von uns, dass es gesetzliche Änderungen braucht, die zu mehr Einheitlichkeit führen. Im Gegenteil, das, was gerade diskutiert wird, würde zu mehr Vielfalt zwischen den Bundesländern führen. Wenn man sich das anschaut, was die Bundesländer gerade miteinander besprechen, dann ist es so, dass die Bundesländer zwar eine gemeinsame Ausschreibung planen, dass aber jedes Bundesland selber die Option haben wird, seine landeseigene Bezahlkarte spezifisch zu gestalten. Das heißt, die Bundesländer planen keine einheitliche Bezahlkarte zwischen Schleswig-Holstein und Rheinland-Pfalz.
 

Und Bayern macht eh nicht mit. Die haben sich dafür entschieden, eine härteste Bezahlkarte aller Zeiten allein zu machen. Und deswegen hören Sie Markus Söder aus meiner Sicht auch so wenig in dieser gerade sonst so aufgeregten Debatte. Das wäre eigentlich seine Debatte. Aber weil er weiß, dass es geht, und weil er es alleine machen will, hören Sie ihn wenig.
 

Dritter Punkt: Es geht, man kann es machen. Es geht auch nicht um die Frage der Einheitlichkeit. Wenn es aber darum geht, dass man weitere Reformen machen möchte, wenn es darum geht, dass man zum Beispiel, wie die Bundesländer gerade, miteinander diskutiert, darüber nachdenkt, Bezahlkarten zum Beispiel nur auf einen einzigen konkreten Postleitzahlbezirk zu beschränken: Ich komme aus einem Dorf mit 6.000 Einwohnern, das hat eine Postleitzahl, und da gibt es nicht so viele Läden. Wenn man darüber diskutiert, dass eine Bezahlkarte nur in diesem einzelnen Dorf eingesetzt werden soll und damit die Geflüchteten sehr wenige Möglichkeiten haben, die Bezahlkarte einzusetzen, wenn man darüber diskutiert, dass man die Möglichkeiten einschränkt, beispielsweise gebrauchte Dinge zu kaufen, im Internet gebrauchte Kinderkleidung oder auf Gebrauchtwarenmärkten Möbel, was gerade für Menschen sehr wichtig ist, die sehr wenig Geld haben, oder wenn man darüber diskutiert, dass Menschen, die sehr viele Jahre in Deutschland leben, eine Bezahlkarte bekommen sollen und damit Schüler*innen vor der Situation stehen, dass sie sich beim Schulausflug fragen, wie sie sich beteiligen können, oder Studierende in der Mensa, ob dort die Bezahlkarte akzeptiert wird, dann sind das andere Debatten. Da geht es überhaupt nicht um das Ob der Bezahlkarte. Wenn es jemanden gibt, der das diskutieren möchte, dann muss er es sagen. Dann soll er aber nicht so tun, als würde es um die Frage des Ob gehen.