Auslandseinsatz

Stabilisierung im Irak ausbauen

Bundeswehrsoldaten bilden am 12.01.2015 im "Zeravani Training Centre" in Bnaslava in der Nähe von Erbil in Kurdistan Peschmerga-Kämpfer an deutschen Waffen aus.
Der Bundestag hat beschlossen, den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Irak bis Oktober 2024 zu verlängern. picture alliance / dpa
19.10.2023
  • Der Bundestag hat dem Doppelmandat „Stabilisierung sichern, Wiedererstarken des IS verhindern, Versöhnung in Irak fördern“ zugestimmt und damit den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte im Land bis Oktober 2024 verlängert.
  • Das Engagement Deutschlands dient vorrangig der Befähigung der irakischen Streit- und Sicherheitskräfte (Iraqi Security Forces - ISF). Sie sollen die Sicherheit im Land eigenständig gewährleisten können. Auch das Wiedererstarken des IS (Daesh) soll weiterhin verhindert werden.
  • Die personelle Obergrenze verbleibt bei bis zu 500 Soldat*innen.

Seit der Ernennung von Mohammed Shia Al-Sudani zum neuen Ministerpräsidenten und Latif Rashid zum neuen Staatspräsidenten im Oktober 2022 hat sich die innenpolitische Lage im Irak konsolidiert. Das aktuelle irakische Kabinett umfasst, mit wenigen Ausnahmen, alle wesentlichen politischen Kräfte des Landes. Allerdings kommt es immer wieder zu Unstimmigkeiten und teils unklarer Sicherheitsverantwortung in den umstrittenen Gebieten zwischen Zentralirak und der Region Kurdistan Irak (RKI). Diese nutzt der IS (Daesh), um sich Rückzugsräume zu sichern und weiter gezielt Anschläge vor allem auf irakische Sicherheitskräfte aber auch auf die Zivilbevölkerung auszuüben. Auch wenn er als Kalifat mit territorialer Kontrolle zerschlagen ist und die Anschlagszahlen im Jahr 2023 zurückgegangen sind, ist die (sicherheits-)politische Lage im Irak noch immer sehr fragil.

Die irakische Regierung hat ihren Wunsch nach fortgesetzter internationaler Unterstützung wiederholt betont, zuletzt beim Besuch des irakischen Ministerpräsidenten Al-Sudani im Januar 2023 in Berlin. Die neue Regierung ist um gute Beziehungen sowohl zu westlichen Staaten als auch zu regionalen Partnern bemüht. Die Bestrebungen, den regionalen Dialog zu fördern und relevante Kräfte einzubinden, spiegeln sich in der Ausrichtung der sog. „Bagdad-II-Konferenz“ im Dezember 2022 – gemeinsam mit Jordanien und Frankreich – in Amman wider. Vor dem Hintergrund des brutalen terroristischen Angriffs der Hamas auf Israel und der Rolle iranischer Milizen im Irak werden die Stabilisierung des Irak und die Förderung des regionalen Dialogs noch wichtiger und nicht einfacher.

Lamya Kaddor am 18.10.23 zur Mandats-Verlängerung

Doppelmandat wird fortgesetzt

Der deutsche militärische Beitrag dient dazu, Rückschritte im Kampf gegen den IS zu verhindern und das Vertrauen enger internationaler Partner zu sichern. Das Doppelmandat beruht weiterhin auf zwei komplementären Säulen. Zum einen soll die über 80 Staaten und Organisationen umfassende internationale Anti-IS-Koalition durch die Bereitstellung von Fähigkeiten zur Luftbetankung, Luftraumüberwachung, Lagebilderstellung und zum Lufttransport unterstützt werden.

Zum anderen soll der irakische Sicherheitssektor, insbesondere im Rahmen der „NATO Mission Iraq“ durch Ausbildung und Beratung der regulären irakischen Sicherheitskräfte gestärkt werden. Dabei steht auch der Beitrag zur Umsetzung der Sicherheitssektor-Reform im Vordergrund.

Gesellschaftlicher Zusammenhalt als zentrale Herausforderung für Stabilität

Für etwa 1,2 Millionen verbliebene Binnengeflüchtete, inklusive etlichen Geflüchteten aus der jesidischen Gemeinschaft, muss nach wie vor eine nachhaltige Lösung gefunden werden.

Die Bundesregierung unterstützt im Rahmen des vernetzten Ansatzes die Deradikalisierung und Reintegration von Binnenvertriebenen und Rückkehrenden sowie die Aufarbeitung von IS-Verbrechen, einschließlich psychosozialer Unterstützung für Überlebende. Hierbei bleibt eine nachhaltige Annäherung zwischen Regional- und Zentralregierung eine wichtige Voraussetzung für die Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Zentrale Fortschritte bei der allgemeinen Stabilität im Land und Fokus auf wirtschaftlichen Fortschritt dürfen nicht durch Unstimmigkeiten zwischen der Zentralregierung und der Region Kurdistan gefährdet werden.

Wir Grüne im Bundestag unterstützen den wichtigen Beitrag, den wir gemeinsam mit unseren Partnern in der Anti-IS-Koalition zur Stabilität im Irak leisten, und haben uns daher für eine Mandatsverlängerung eingesetzt. Das Mandat reflektiert noch nicht die Folgen der Terrorangriffe auf Israel. Wir werden die Entwicklung in der Region und im Irak mit großer Aufmerksamkeit verfolgen. Die Bundesregierung wird das deutsche und internationale Wirken weiter evaluieren.

Tobias Lindner am 27.09.23 zur Lage im Irak