Grüne Tulpe - AOK Berlin 11:2

07.03.2007

Wenn der Kurdziel fünfmal klingelt…

Bei der AOK läuten die Alarmglocken. Nein, der Gesundheitsfonds ist denen herzlich egal, genauso wie kleine oder irgendeine Kopfpauschale. Aber wenn es elfmal klingelt, dröhnt es ziemlich.

Wie üblich strengte El Presidente Kurdziel vor dem Spiel einen Vergleich des Durchschnittsalters an, nur um prophylaktisch Ausflüchte für den Fall einer Niederlage vorzubereiten. Solche alten Angewohnheiten lassen sich unseren Geronten nicht mehr austreiben. Für gewöhnlich antworten die Geronten der anderen Mannschaften dann und beklagen den eigenen hohen Altersdurchschnitt im Gegensatz zu den zahlreichen jugendlichen Neueinkäufen des Gegners. Das ganze Schauspiel hat etwas von orientalischen Basaren, in denen die Verkäufer angesichts des geringen gebotenen Preises den Hunger ihrer Zahlreichen Kinder beklagen, sollten sie dieses Angebot tatsächlich gezwungen sein anzunehmen. Und es gab auch schon Zeiten in der Tulpe, als dieses Schauspiel das eigentliche Spiel in Dramatik und Qualität übertraf. Das Spiel am heutigen Tage gehörte nur begrenzt zu dieser Kategorie.

Wie immer knallharter Ball und nasser Boden bei begrenzten technischen Fähigkeiten führten besonders in den ersten Minuten zu eher komischen als athletischen Einlagen. Über das ganze Spiel hinweg litt die Klasse an ungenauen Pässen, schwierig zu bewerkstelligenden Richtungs- und Tempowechseln beim Laufen und Dribblings und sobald Druck auf den Ball führenden Spieler gemacht wurde weiten und hohen Schlägen Richtung Umlaufbahn. Bis zum Ende ließ sich weder die Leistung der Tulpen noch der Allgemeinen Örtlichen wirklich schönreden.

In den ersten drei Minuten nutzte das das technisch durchaus anspruchsvolle Mittelfeld der AOK, um die Tulpen unter Druck zu setzen. Und schon war es geschehen: Ein abgewehrter Schuss fällt einem AOK-Stürmer vor die Füße der von halblinks innerhalb des Strafraums auf das lange Eck abzieht und Tulpen-Torwart Christian Meuschke den Ball passieren lassen muss. Doch linker Verteidiger Sebastian

Wienges hat aufgepasst und sicherte noch hinter dem Keeper ab, so dass er angeschossen wurde und das 1:0 verhinderte. Dann quasi der erste Angriff der Tulpen: eine flache Hereingabe von links rutscht durch und Markus Kurdziel ist da, wo ein Stürmer sein muss. Er klingelte das erste mal. 1:0

Danach kommen die Tulpen zwar nicht besser mit Ball und Boden zurecht, aber der Gegner macht es ihnen zusehends leichter. Langer Ball – dies sollte nicht der letzte gewesen sein, was aber auf solchem Untergrund alles andere als ein intelligenter Spielaufbau ist – der AOK-Torwart läuft heraus und kommt auch sicher an den Ball, schlägt ihn weg, aber Kurdziel setzt nach. Der Ball trifft aus kürzester Distanz Markus' Schienbein. Während solche angeschossenen Bälle für gewöhnlich sonst wohin springen, prallen sie von Markus zielsicher ab ins Tor. Und schon klingelte er zum zweiten mal. 2:0

Spätestens nach der kurz darauf folgenden Ecke, die der AOK-Torwart vor dem Kopf von Wienges wegfaustet, unglücklicherweise aber nur bis zum Elfmeterpunkt, von wo aus Hartwig Mayer unbehindert den Ball ins leere Tor köpft, war das Spiel entschieden und die Gegenwehr der Krankenkassen beendet. 3:0, klingeling.

Zumindest mit dem Gegner kamen die Tulpen nun ganz passabel zurecht – im Gegensatz zum Ball. Ansehnlich sind andere Spiele, aber unterhaltsam ging es weiter. Wieder einmal ein langer Ball. Marek Dutschke nimmt seinem vor ihm gestarteten Gegenspieler Meter um Meter ab, aber der Torwart scheint zuerst am Ball zu sein. Doch er ist nicht der erste Torhüter, der ein Luftloch schlägt. Von neuem beginnt das Laufduell der Titanen. Wiederum jagt Dutschke dem AOK-Verteidiger Meter um Meter ab. Wenige Meter vor dem leeren Tor schließlich wirft sich der gut versicherte Verteidiger ohne Rücksicht auf seine Gesundheit auf den harten Untergrund und klärt den Ball ins Toraus. Marek seinerseits sah von solch einem heldenmütigen Sprung klugerweise ab. Der AOK-Verteidiger opferte seine Kniescheibe und konnte kurz darauf nicht mehr weiter spielen. Die AOK war fortan in Unterzahl, was die Niederlage endgültig besiegelte.

Kurz darauf: Hüftdrehschuss aus dem Sechzehner von Kurdziel. Gefühlvoll schießt er den Ball in eleganter Flugbahn über Torwart und Abwehr hinweg, und der Ball senkt sich ins Netz. 4:0, nach Toffscher Zählung war dieses das Tor 200 von Markus Kurdziel für die Grüne Tulpe.

Ein Tusch wäre an dieser Stelle angebracht. Jeder Tulpianer beglückwünschte alsbald den Jubiliar, der sein Glück kaum fassen konnte. Quasi als Zitat hatte Kurdziel mit diesem Tor die komplette Mondfinsternis der letzten Woche abgewartet, denn schon einmal wurde der Mond zeitgleich zu einem Jubiläumstor in den Schatten gestellt.

Als Pele sein 1000. Tor schoss, verdeckte der Fußball in Brasilien den Mond. Das 1000. Tor war auf allen Titelseiten in Brasilien, in allen anderen Ländern der Erde berichteten die Zeitungen an diesem Tag auf der Titelseite von der erstmaligen gelungenen Mondlandung der Amerikaner.

Passend kommentierte Kurdziel im Anschluss an das Spiel "Ein großes Tor für mich, ein kleines für die Menschheit."

Danach zur Abwechslung mal ein Krankenkassen-Tor: Angriff über links, gestoppt, Verteidiger Wienges kann den Ball aber nicht zum Mitspieler passen, der AOK-Mittelfelder blockt seinerseits den Ball an der Mittellinie, woraus eine Bogenlampe bis kurz vor den Strafraum wird. Dort nimmt ihn der Mittelstürmer der AOK an, Wienges nicht auf dem Posten, der Stürmer lässt noch gefällig Libero Witt und ins Leere rutschen, passt den Ball in die Mitte, wo die AOK zum 1:4 einschiebt. "Nur noch drei!" ist die erste Reaktion. So oder so ein Misston im Tulpen-Konzert.

Logische Konsequenz: Ecke von links, Sturmtank Christoph Benze, der eben noch völlig frei einen Kopfball nach einer Ecke vergeben hatte, springt in den Ball hinein und befördert ihn gestreckten Beines ins lange Eck. 5:1, ein Gongschlag.

Mit dem Halbzeitpfiff dann das Toffi-Standard-Tor: von der rechten oberen Strafraumecke einen Schlenzer in den linken oberen Winkel. 6:1, tätä-tätä-tätä.

Zweite Halbzeit, gleiches Bild

Die Tulpe sichert mit einer Vierer-Abwehrkette gegen drei AOK-Stürmer ab, dann kommt ein großes Loch im Mittelfeld, das von beiden Mannschaften meist mit langen Bällen überbrückt wird, und in der AOK-Hälfte tummeln sich die restlichen Spieler, die meiste Zeit samt Ball. Die Tulpen-Abwehr wird durch die langen Pässe und gelegentlichen Dribblings nicht wirklich vor größere Schwierigkeiten gestellt. Libero Stefan Witt organisiert seine Abwehr in gewohnt souveräner Manier, Hartwig Mayer und Tresfore Dambe köpfen weg und laufen ab, was kommt. Und nach vorne hilft der liebe Gott. Der ist heute Abend aber gleich mehrfach eine Tulpe.

Als Ralf Südhoff sich mal wieder durch frühes Stören einen Ball in vorderster Reihe erobert und nicht gezwungen ist, selbst den Abschluss zu suchen, was mehrfach erfolglos bis tragikomisch endete, passt er den Ball in die Mitte, wo – es klingelt – Kurdziel in bester Strafraum-Stürmer Manier in die Hereingabe rutscht: 7:1.

Nachdem auf dem seifigen Boden, die gefürchteten Tempodribblings von Hartwig Mayer und Tresfore Dambe in diesem Spiel eher selten waren, machte letzterer nun aber doch einen Ausflug diagonal über den Platz. Links vorne hatten sich Arne Jungjohann und Sebastian Wienges in eine aussichtsreiche Position vor der letzten Abwehrreihe durchgespielt. Dambe sprintet in die Gasse, zeigt an, wohin er den Ball haben möchte, Wienges filetiert die Abwehr mit einem präzisen Pass in den Lauf, den Dambe sofort mit einem Schuss ins rechte lange Eck zum 8:1 umsetzt. Klingeling.

Dann mal wieder eine Ecke von links. Der Ball, der aus dem Lichte kam, trifft Wienges unglücklich am Kopf. Statt zu klären köpft der den Ball so zurück auf den Eckenschützen, der eine perfekte Flanke auf den AOK-Mittelstürmer zirkelt, der hinter dem einen Kopf größeren Libero Witt den Ball perfekt per Kopf verwertet und unhaltbar ins Tor drückt. 8:2. Abgesehen davon, dass man in dieser Situation kaum von einem Spielzug sprechen kann, war dies fast das am schönsten herausgespielte Tor des Abends.

Da klingelt es. Keine Frage, Kurdziel steht vor der Tür. Mal wieder ein langer Ball, den der im Moment pfeilschnelle Kurdziel mit einem platzierten flachen Aufsetzer aus 20 m Entfernung links unten ins Tor setzt. 9:2. Danach noch eine Ecke von rechts, kurz ausgeführt, Toffi flankt butterweich auf den Kopf des von hinten heranlaufenden Wienges, der den Ball mit dem Kopf gerade noch genug touchiert, um dieses Tor für sich in Anspruch nehmen zu können. 10:2. Bimelim- Zweistellig!

Schließlich von der Mittellinie allein mit Ball das weite Feld vor sich habend eilt Toffi, flankiert von Alex auf den letzten Verteidiger zu. Was hier klingt wie ein Satz aus einer Latein-Übersetzung einer zehnten Klasse des humanistischen Gymnasiums Niederwürzbach, ist aber die Realität. Toffi entscheidet sich daher für den Alleingang, zieht links am Verteidiger vorbei und schießt leicht abgedrängt aufs Kassengehäuse. Der Torwart taucht ab, lenkt den Ball ab, vor die Füße des bis dahin umsonst mitgelaufenen Alex, der schiebt zum 11:2 ein. Schlußgeläut.

FAZIT:

Ganz im Sinne der grünen Bürgerversicherung war dies ein Spiel von allen für alle. Jeder durfte mitmachen beim fröhlichen Toreschießen, keiner sollte ausgeschlossen sein. Die Qualität war sicher nicht so hoch wie auf anderen Plätzen, wo elitärere Gemeinschaften einander gegenüberstehen, aber dafür ist auch keiner zum Zuschauen verurteilt, was bei diesem Spiel auch wirklich gemein gewesen wäre.

sw