Grüne Tulpe - Revolver FC: 1:3

08.05.2007

Die Regenschlacht von Berlin

Es gab ja schon mal schönere Zeiten als Grüner. Wir waren der Reformmotor, stellten den beliebtesten Politiker und waren irgendwie hip. Grüner zu sein gehörte ein bißchen zum guten Ton. Guter Ton hin oder her, am vergangenen Montag konnte man sehen, wie sehr man doch aus Überzeugung Grüner ist und was das bedeutet. Denn aus Überzeugung Grüner ist, wer beim totalen Mistwetter mit dem Rad zum Spiel kommt – mit dem Auto kam bemerkenswerter Weise keiner aus der grünen Mannschaft. Zu Hause war es noch eine Frage der Ehre: "Das bisschen Regen hält mich doch nicht vom Fahrrad fahren ab!" "Das bisschen" stellte sich dann ziemlich bald als doch ziemlich viel heraus und die ökologische Entscheidung eher als ziemlich naiv. Denn obwohl es nach dem Spiel ja immer eine heiße Dusche gibt– die nassen Klamotten vom Hinweg muss man ja doch wieder anziehen. Doch wollen wir nicht zuviel rummemmen und reden wir lieber übers Spiel, denn das war trotz der widrigen Bedingungen ganz ansehnlich. Auf einem komplett durchweichten Kunstrasenplatz wurde das Spiel gegen die Revolverhelden nämlich zu einem echten Showdown, wenn auch nicht gerade unter der sengenden Mittagshitze zu High Noon.

Von Anfang an war es ein Duell zweier Mannschaften, deren Finger am Abzug recht locker saßen. Die Revolverhelden versuchten es trotz nassen Bodens immer wieder mit "run 'n' gun", steilen Pässen auf die schnellen Desperados im Sturm. Doch heute war Tulpenlibero Stefan Witt mal wieder schneller als sein Schatten und lief alles ab, was er nicht dem aufmerksam herauslaufenden und gut mitspielenden Tulpenkeeper Christian Meuschke überließ. Auf der anderen Seite taten sich die Tulpen gegen die starke Mittelfeld- und Abwehrdefensive schwer ihr Kombinationsspiel aufzuziehen: Die in schwarz aufgelaufenen Sheriffs hielten ihre Stadt sauber.

So gab es in der ersten Halbzeit eher weniger echte Torchancen zu bewundern. Einmal umkurvte die hängende rechte Spitze der Revolver-Gang Linksverteidiger Sebastian Wienges wie eine Fahnenstange und schoss vom Sechzehner ansatzlos aus der Hüfte, traf aber nur das Außennetz. Ein anderes mal fing der schwarze Outlaw im Schießeisensturm einen Pass ab und leitete sofort die Kugel blitzschnell auf seinen Sturm-Partner im Strafraum weiter, der aus der Drehung schoss. Aber es war nur ein Streifschuss, die Kugel steckte nicht im Tulpennetz. Ein weiterer schneller Konter führte zu einer der wenigen umstrittenen Situationen des Spiels, als der hervorragende Marshall Referee dem in seinen Tulpengegenspieler hineinfallenden und scheinbar schwer getroffenen Revolverstürmer einen Elfmeter verweigerte.

Doch auch die Tulpen ritten ihre Angriffe geschickt. Eine Ecke von rechts führte zu mehreren Schussversuchen der Tulpen, in die sich immer wieder ein Abwehrspieler hineinwarf, wie einst Winnetou um seinen Bruder Charlie vor dem Schuss aus dem Hinterhalt zu retten. Schließlich zirkelte Hartwig Mayer den wieder nach außen gegebenen Ball auf den Kopf von Sebastian Wienges, der frei vom Elfmeterpunkt abdrückte, aber den glitschigen Ball knapp neben das Tor setzte. In eine Flanke von links lief Tresfore Dambe auf den kurzen Pfosten hinein und setzte seinen Kopfball nur Zentimeter über das Tor des verblüfften Revolver-Keepers. Wesentlich besser reagierte der Revolverrückhalt im Tor, als ihm Toffi Born allein Auge in Auge, Mann zu Mann gegenüberstand, aber den Konter über rechts nicht an ihm vorbeibrachte.

Bis zur Halbzeit also ein durchaus unterhaltsames 0:0. Doch es stand fest: Diese Stadt ist zu klein für beide Teams. Die zweite Halbzeit hatte kaum begonnen, als der abgebrühte Arne Jungjohann den links durchgebrochenen Stürmer mit einem ganz langen Lasso stoppte und den Ball zur Seite ins Aus grätschte. Doch der Marshall entschied auf Freistoß. Den köpfte Hartwig Mayer raus, hatte aber Pech, dass er einen Revolverhelden in den Rücken traf und der Ball dem von hinten herangeschlichenen John Wayne vor die Füße fiel, der ihn dann in den Innenpfosten platzierte, von wo er zum 1:0 für die schwarzen Sheriffs ins Tor sprang.

Nun wurde jegliche Deckung aufgegeben und jeder Spieler warf sich in den Kugelhagel. Das Revolvermittelfeld wurde immer löchriger und die Tulpen drängten die nun geschickt auf schnelle Konter setzenden Westernspezialisten in ihre Hälfte. Und die Tulpen kamen zu Chancen: Toffi allein vor dem Torwart, doch der Ball striff scharf am Pfosten vorbei; harte Hereingabe von links und Marek Dutschke tritt vor dem Tor über den Ball; Uwe Birkel, gegen seine alte Gang, trifft von rechts den Innenpfosten, doch der Ball springt heraus.

Dann ein Ballverlust im Mittelfeld. Sofort rollt der Konter über links und die scharfe Hereingabe von Jesse James verwertet Billy the Kid, knallhart und platziert unter die Latte, von wo der Ball deutlich hinter die Linie springt.

Aber die Tulpen kämpfen weiter bis zur letzten Kugel. Asgar Ergin setzt einen Freistoß an die Latte; Toffi wieder frei vor dem Torwart vergibt; Marek Dutschke läuft allein auf den Torwart zu, der sich aber eben heldenhaft in den Schuss wirft und zur Ecke klärt. Die verwertet Uwe Birkel aus kurzer Distanz per Kopf zum 1:2. Getroffen sinkt der Keeper zu Boden, er wollte noch ziehen, bekam die Arme aber nicht mehr hoch. Die Abwehr behauptet noch wie der schwarze Pirat bei Asterix, ein Eigentor erzielt zu haben ("Diesmal haben sie uns nicht gek'iegt! Ich habe uns ge'ade ve'senkt.")

Und der Sturmlauf geht weiter. Aus dem Gewühl trifft Asgar Ergin ein weiteres mal die Latte; aus dem Rückraum feuert Tresfore Dambe aus allen Lagen. Doch alle Versuche produzieren nur Steckschüsse in der vielbeinigen Abwehr. Nach einer Ecke dann die Entscheidung. Die Revolverhelden spielen einen genauen Pass in die Tiefe der weitaufgerückten Tulpenabwehr auf Jesse James. Und der fackelt nicht lange und zieht aus 30m ab und überlistet den ansonsten fehlerlosen Keeper, an dem der Ball hoch und weit vorbeifliegt in das verwaiste Tor.

Der Western ist aus. Der Wind treibt vertrocknete Büsche über die verlassene Hauptstraße. Irgendwo spielt eine Mundharmonika. Und der Zug pfeift in der Ferne. Die Glorreichen Sieben haben gegen das dreckige Dutzend verloren, aber was für ein Duell…

Grüner zu sein ist vielleicht gerade nass und kalt, aber dafür war das richtig gute Unterhaltung.

The End

SW