Grüne Tulpe - Rote Socken: 2:1

27.10.2008

Zum lang erwarteten Rückspiel gegen die Grüne Tulpe bringt die Linksfraktion auch gleich noch eine ganze Busladung von lautstarken Fan-Genossen mit ins Poststadion. Derweil machen es sich die anwesenden Tulpen ob des miesen Wetters erstmal in der guten warmen Stube bequem. Und wie seit nunmehr 25 Jahren stießen wieder erst kurz vor Spielbeginn die letzten Tulpen hinzu. Diesmal sind es gleich so viele Nachzügler, dass plötzlich sogar die grünen Trikots knapp werden. Na, kein Wunder: Den Kick gegen die "Roten Socken" will sich keiner entgehen lassen.  Erst recht nicht, nachdem man im letzten Jahr im Jahnsportpark die Linkspartei souverän mit 6:1 geradezu vom Platz fegte.

Das war –zugegeben- eigentlich auch nicht weiter überraschend, denn schließlich spielte da eine eingespielte grüne Traditions-Mannschaft gegen eine gerade erst formierte rote Anfänger-Truppe. Inzwischen war ja ein Jahr vergangen und die Kicker der Linkspartei hatten sich auf eine Revanche vorbereitet. Viele scheinen sogar von einem Auswärtssieg zu träumen, denn auch Petra Pau ist mit ihnen ins "grüne" Stadion gekommen. Als Tulpe-Temachef Sebastian Wienges seine Mannschaft dann auf den Gegner einschwört, ahnt er schon, dass es am heutigen Abend nicht wieder so ein einseitiger Kick werden würde, wie zuletzt bei der gelungenen Premiere im Jahnsportpark.

Bevor das Spiel dann vor zahlreichen Fotografen dann mit einem Pau-Ehrenanstoß eröffnet wird, überreicht der grüne Kapitän Kristoffer Born ihr und der Roten Socken-Mannschaft noch schnell 11 Exemplare der grünen Festschrift "25 Jahre Grüne Tulpe" und eine DVD mit dem Tulpe-Jubiläumsfilm. Quasi als Anschauungsmaterial, wie man erfolgreichen linken Fussball spielt. Als dann noch Schiri Scheer dem roten Kapitän für die Seitenwahl die rhetorische Frage stellt, ob er rot oder schwarz wähle, kanns endlich losgehen.

Die mitgereisten Socken-Fans machen gleich mächtig Alarm. Die abgeklärte grüne Mannschaft lässt sich davon aber zunächst nicht sonderlich beeindrucken und erspielt sich gleich eine erste Feldüberlegenheit. Mal über rechts mit Marek Dutschke und Ralf Südhoff, mal über Links mit Asgar Ergin und Kristoffer Born rollen die ersten gefährlichen Tulpe-Angriffe gegen die etwas wild durcheinanderspielenden Rothemden.

Und es sind noch nicht einmal zehn Minuten gespielt und schon rappelt es zum ersten Mal in der roten Sockenkiste. Ein schöner Pass aus der grünen Mitte von Tresfore Dambe  auf den links durchstartenden Born, der rennt fast bis zur Außenlinie und flankt dann gezielt und butterweich mit seinem linken Schlappen auf den wunderbar mitgelaufenden Südhoff. Der köpft schulmäßig das Bällchen diagonal und unhaltbar ins linke Eck. 1:0

So mancher im Stadion dachte in diesem Moment, dass jetzt erneut die grüne Tormaschine angeworfen ist und das zweite und dritte Tor nur noch eine Frage von Minuten wären. Doch das frühe Tor schien die Tulpe-Mannschaft eher zu lähmen, denn ab diesem Zeitpunkt wurde das grüne Spiel hektischer und viele bis dahin sicher gespielten Bälle landeten immer öfter im Nirwana oder direkt in den Füßen der Roten Socken.

Die merkten plötzlich, dass sie das grüne Spiel ein wenig durcheinanderbringen können und hielten engagiert dagegen. Und so kam es, dass nach gut 25 Minuten auch die Linkspartei ihre erste Torchance verzeichnen konnte.  Ein Flachschuss aus gut 16 Metern ging bei seifigem Boden nur knapp am rechten Pfosten vorbei.

Bis dahin hatte Andre Bornstein im grünen Gehäuse nichts zu tun gehabt und freute sich über die erste Aufwärmübung. Auch wenn Bornstein –der beim Hinspiel noch 3-facher Torschütze war- dann hier und da noch mal ein paar Dehnungsübungen in der ersten Halbzeit machen musste, so richtig Torgefahr ging von den roten Stürmen in der ersten Halbzeit nicht aus. Nicht zuletzt auch, weil Jamie, die auch schon beim Hinspiel als Libero glänzte, wieder ein super Spiel machte. Doch im Spiel nach vorne zeigte die Tulpe dann über weite Strecken der ersten Hälfte selten durchdachtes Spiel und richtig zwingende Torchancen konnten auch nicht mehr rausgespielt werden. So ging es mit einer mageren 1:0 Führung in die Pause.

Die Tulpen und ihr Teamchef Wienges waren trotz der zu dem Zeitpunkt verdienten Führung überhaupt nicht mit dem grünen Aufbauspiel zufrieden. Die Roten Socken dagegen konnten mit ihrem Spiel voll zufrieden sein, denn beim letzten Aufeinandertreffen lagen sie zur Halbzeit schon aussichtslos mit 0:4 zurück.

Wienges stellte noch mal an einigen Positionen um, auch in der Hoffnung, dass nun die Grüne Tulpe zu ihrem gewohnten Spielfluss zurückfindet. Doch nichts da. Die Tulpe verstolperte gleich mit dem Wiederanpfiff einen Ball nach dem anderen. Wie ein wilder Hühnerhaufen umherlaufend, rannte plötzlich die Heimmannschaft planlos dem Bällchen hinterher. Die Roten Socken rochen jetzt Lunte. Sie und ihre Fans merkten, dass da heute mehr drin ist und setzten die grüne Mannschaft von da an gehörig unter Druck.

Jamie musste in dieser Phase gleich einige Male in letzter Not klären und hielt –zusammen mit einem glänzend aufgelegten Bornstein im Tor- die grüne Führung weiter am Leben. Doch so chaotisch spielend hatte man die grüne Mannschaft dieses Jahr noch nicht spielen gesehen und es kam wie es kommen musste. In der 75. Minute läuft ein schneller roter Konter über links. Es folgt ein tödlicher Pass aus der Mitte auf den Sockenstürmer in Richtung Strafraum. Tulpe- Abwehrmann Sebastian Tschirbs will klären, geht -sagen wir mal-  etwas unvorsichtig zu Sache und bringt die rote Socke im eigenen 16er zu Fall. Schiri Scheer zögert keine Sekunde und gibt zurecht Elfmeter. Den verwandelt der Stürmer der Linkspartei mit einem Schuss in die goldene Mitte. Beinah hätte Bornstein den sogar noch gehabt. Aber eben nur beinahe.

So steht es 1:1 und das Ergebnis gibt auch den Spielverlauf wieder. Die Tulpe ist weiter völlig von der Rolle und so mancher im Poststadion scheint inzwischen sogar eine Niederlage im Bereich des Möglichen. Die Fans der "Roten Socken" feuern ihre Mannen und Frauen noch einmal kräftig an und so wird es eine heiße letzte spannende Viertelstunde. Die Linkspartei versucht mit ihren spielerisch beschränkten Mitteln eine Arte Powerplay aufzuziehen, während die Tulpen-Spieler zwar guten Willen zeigen, aber auch wirklich nur das. Denn das Tulpe- Spiel ist einfach nicht zum Anschauen. Völlig unnötig gehen einfachste Bälle verloren und der Gegner wird immer wieder zu Torchancen eingeladen. Der einzige Fels in der grünen Brandung ist Andre Bornstein im Tor, der in dieser hektischen Schlussphase ein wenig Ruhe ins Spiel bringt. Und auch weil sich Altmeister Ratimir Britvec noch einmal erbarmt und für den verletzten Markus Mayer in den letzten Minuten ins Spiel kommt, findet bei der Tulpe auch wieder eine Spur von Mittelfeldspiel statt.

Dann sind nur noch 7 Minuten zu spielen und auf grüner Seite sehnt man den Abpfiff herbei. Doch es gibt nochmal Freistoß für die Roten Socken aus gefährlicher Position, ca. 18 Meter vor dem grünen Tor. Fällt jetzt das 1:2? Nein, der Freistoß landet in der Tulpen-Mauer und daraus entwickelt sich sogar doch noch mal ein letzter grüner Konter. 3 gegen 3 und Dambe schaltet schnell, spielt links auf den durchstartenden Ergin, der flankt auf Robbie in die Mitte und der fackelt nicht lange und schießt scharf aufs untere linke Eck. Doch der gute Socken-Torhüter - den die eigenen Leute Krake nennen, kommt noch irgendwie mit einem Fangarm dran und der Ball geht gegen den linken Innenpfosten. Von dort prallt der Ball nach innen auf den dort stehenden grünen Rechtsverteidiger Dietrich Brockhagen. Was der da eigentlich verloren hat, weiß wahrscheinlich in diesem Moment auch er selber nicht. Egal, Brockhagen schiebt verdutzt das Leder zum 2:1 über die Torlinie. Unglaublich, unverdient, aber das 100. Saisontor ist der Siegtreffer.

Fazit: Buchstäblich in letzter Sekunde kann die Grüne Tulpe doch noch ihre Erfolgsserie gegen die Linkspartei aufrecht erhalten. Es war zwar kein gutes, aber ein hochspannendes und insgesamt ein faires Spiel. Die erste Halbzeit ging spielerisch noch an die Grüne Tulpe, die zweite dafür deutlich an die Roten Socken. Die grüne Mannschaft spielte insgesamt klar unter ihren Möglichkeiten und fand eigentlich nie in ihr Spiel. Das lag aber auch an einem kämpferisch starken Gegner, der trotz der Tatsache, dass alle 25 Spieler im Laufe des Spiels eingewechselt wurden, nie die eigene Linie verlor, jedoch versäumte Tore zu schießen. Ein Unentschieden wäre ohne Frage das gerechtere Ergebnis an diesem Oktoberabend gewesen. Das war denn auch die einhellige Meinung aller Beteiligten beim wohl verdienten abschließenden gerstensafthaltigen Umtrunk, den die Roten Socken netterweise mit ins Poststadion gebracht hatten.