Grüne Tulpe - SG Deutscher Bundestag: 3:2
Eine Tulpe mit Köpfchen sag laut Servus!
Die Grüne Tulpe gedeiht in Berlin, dazu noch in einem Grünen Milieu. Das bringt auch ein Dilemma mit sich: Kaum, dass sich eine Mannschaft gefunden hat, eine Freundschaft gefestigt, ein soziales Band gewachsen ist, verlässt wieder einer die Stadt, um in die weite Welt hinaus zu gehen. Denn Grüne werden nun mal überall in der Welt gebraucht. Und seien wir doch mal ehrlich: Wo würde die Welt denn sonst ohne uns enden?
Und so ist es auch an diesem Sommerabend im Spiel gegen die SG Bundestag mal wieder so weit. Wie schon so oft sind die, die den Adler tragen, ein würdiger Gegner für ein Abschiedsspiel. Alex Bögle -der grüne Mittelfeldstratege mit Übersichtsgarantie- verlässt die Tulpe Richtung Indien, um dort dank hochentwickelter Energiemesstechnik die Potentiale für Energieeinsparungen und erhöhte Energieeffizienz in der indischen Entwicklung zu identifizieren. Und natürlich auch, um als Tulpenbotschafter im indischen Sand grüne Fußballkünste aufleben und wirken zu lassen. Doch zunächst galt es für Alex nocheinmal auf dem Kunstrasen im Poststadion sein Spiel zu zelebrieren.
Die ersten zwanzig Minuten tasten die beiden Mannschaften einander ab. Es ist zunächst ein Spiel wie Frankreich gegen Rumänien, es passiert so gut wie nix. Nur einmal, als Kristoffer Born einen wunderbaren langen Pass erläuft und im Strafraum in letzter Minute auf den schön mitgelaufenden Alex Bögle passt, der nur knapp das Leder nicht erreicht, hätte es beinah schon geklappt mit seinem Abschiedstor. Die Tulpen erkämpfen sich in der Anfangsphase mehr eine Überlegenheit, als dass sie sich eine erspielen.
Irgendwann spielen sie dann wieder einen langen Ball aus der eigenen Abwehr auf ihren Abschiedsstar Alex Bögle an der Mittellinie. Der steigt wie Ballack hoch und verlängert schulmäßig per Kopf, wobei er gegen die gewohnt zweikampfstarken Legislativadministratoren ordentlich durchgeschüttelt wird. Während Alex noch Kopf, Nacken und Gesichtsknochen sortiert, läuft Marek Dutschke seinen langen Weg zum 1:0. Der Ersatztorhüter der Gesetzgeberauswahl kommt einen Tick zu spät aus seinem Tor heraus, Dutschke eben jenen Tick vor ihm an den Ball und schiebt ihn ungewohnt souverän ins Netz.
Doch das Ergebnis täuscht. Die SG Bundstag ist heute mit ihrer technischen Spitzenklasse angetreten. Schon längst vernaschen sie ein ums andere Mal ihre Tulpen-Gegenspieler. Die stehen im Mittelfeld immer im Raum, den umgekehrt die Parlamentaristen geschickt nutzen und mehr und mehr die Dominanz erobern. In dieser Phase zieht die 14 der Bundestägler quasi das ganze Spiel auf. Die zweiten Bälle gehören fast durchweg ihm und er setzt mit ihnen seine Mitspieler immer wieder geschickt in Szene.
Schließlich gelangt mal wieder ungedeckt der Heißsporn und technisches Schwergewicht bei geringster Körpergröße auf Rechts an den Ball. Elegant verlädt er zum wiederholten mal Coach Wienges, läuft bis zur Grundlinie, zieht Hartwig Mayer aus dem Abwehrzentrum, in das er postwendend den Ball passt, wo sein Kollege blitzgescheit ins kurze Eck zum Ausgleich einnetzt.
Die Tulpe hat zu diesem Zeitpunkt immer weniger entgegenzusetzen und verfällt in alte Fehler. Statt Ball und Spiel mit sicheren kurzen Pässen zu kontrollieren, schlagen sie immer häufiger lange Bälle. Einer davon gerät viel zu kurz in die Mitte und wird sofort abgefangen. Eigentlich rollt da kein Konter, weil die Angreifer noch immer vorne sind. Geschickt nimmt der Sturmführer den Ball mit, dass er dies mit der Hand tut, soll seine Leistung aber nicht schmälern. Wiederum versucht Verteidiger Wienges den Ball zu erobern, statt den Gegner zu stören. Dabei landet er jedoch wie ein Käfer auf dem Rücken und kommt nicht mehr rechtzeitig auf die Beine und sieht so nur aus der Froschperspektive, wie der Mittelstürmer kurz und trocken, unhaltbar zur Führung trifft. 2:1.
Die Tulpe hat zu diesem Zeitpunkt kaum etwas entgegenzusetzen und die Führung der Bundestagsadler ist nicht unverdient. Umso überraschender dann ein genialer Gedanke von Verteidiger Wienges. Der bekommt den Ball in der eigenen Hälfte, schaut kurz und zieht dann nach bester "Bernd Schuster-Manier" einen langen Diagonalpass auf die rechte Spitze Manu Sharma. Endlich kommt der Ball mal an der starken Defensivzentrale vorbei. Der Tulpenstürmer nutzt seine enorme Schnelligkeit und kopiert das erste Tulpen-Tor: Ausgleich 2:2.
Damit geht es auch in die Halbzeit.
Noch einmal schwört Coach Wienges seine Mannschaft ein. Klare Orientierung zum Gegenspieler. Und zumindest mehr Entschlossenheit in den Zweikämpfen ist den Tulpen von der ersten Minute an anzumerken. Jetzt nehmen sie wieder das Heft in die Hand, die Nationalen wirken etwas erschöpft – aber Zählbares bleibt Fehlanzeige.
Und die erste Halbzeit wiederholt sich, die Feldüberlegenheit wechselt allmählich wieder. Und genau dann schlagen die Tulpen einen langen Ball auf Alex Bögle, der verlängert wieder auf ganz weit außen auf – nein, nicht auf sich selbst – auf Kristoffer Born, der flankt per Bogenlampe von der Eckfahne auf den zweiten Pfosten und dort steht – der geneigte Leser ahnt es und fühlt sich an Hase und Igel erinnert – Alex Bögle. Der überlegt noch kurz und köpft dann mit Köpfchen gegen die Laufrichtung des Torwarts zur Führung ein. Das Abschiedstor zum 3:2. (Anm. der Red.: In Abschiedsspielen pflegen Tulpen immer zu Höchstform aufzulaufen und sich mit Toren in nachhaltige Erinnerung zu bringen.)
Aber in dieser Schlußphase wird auch wieder einmal eine alte Korrelation unter Beweis gestellt: Technische Brillanz steht im reziproken Verhältnis zur Intelligenz eines Spielers. Der Heißsporn mit der Nummer 11 auf Linksaußen der Adlerträger braucht inzwischen einen eigenen Ball und ein eigenes Mikrofon, soviel redet er auf alle Umstehenden ein. Doch am Ende geht jeder Ball verloren, die eigenen Mitspieler werden unzufrieden, der Spieler selbst provoziert, beginnt zu foulen und schließlich wird es auch dem Schiedsrichter zu bunt, der sich das Spiel nicht entgleiten lassen will. Und auch die müden Verwaltungsbeamten haben ein Einsehen und komplimentieren ihren eigenen Mitspieler nach draußen. Als der selbst da nicht zur Ruhe kommt, wird er schließlich noch während des Spiels von seiner Mannschaft aus selbiger verabschiedet.
Fairness stand in den Begegnungen mit der SG noch immer im Vordergrund, ebenso wie Ausgeglichenheit und knappe Spielausgänge. Am Ende reichte es nicht mehr für ein wirkliches Aufbäumen und die Tulpe schaukelte ihre Führung über die Zeit.
Fazit: Auch wenn der Tulpe heute keine gepflegte Spielkultur gelingen wollte, wie es sich eigentlich zum Abschied des Fußballästheten Alex gehört hätte, und sie stattdessen dieses Spiel mit langen Bällen wie anno dunnemals gewannen, die Alex doch immer als Feind modernen, intelligenten Fußballs bekämpft hatte, zeugte gerade dieses Spiel von der Würde eines ganz großen Technikers, der da den "Kunst-Rasen" verließ. Aber auch das ist Berlin und Grüne Tulpe: Sie kommen immer wieder.