TuS Syke - Grüne Tulpe: 3:3

01.11.2008

Die Bremer Stadtmusikanten gastieren in Syke

Die Bremer Stadtmusikanten kamen – wie der aufmerksame Märchenfan sich erinnert – eigentlich nie in Bremen an. Vielmehr machten sie es sich in einer Räuberhöhle kurz vor der Bremer Stadtgrenze bequem. Das könnte in etwa Syke gewesen sein: ein Dorf, das weit genug von Bremen entfernt ist, um vollkommen unbremisch zu sein, aber nah genug an Bremen dran, um unmöglich nicht irgendwie mit der Stadt untrennbar verbunden zu sein.

Dass die Grünen sich also kurz vor dem nächsten Superwahljahr wie einst die Bremer Stadtmusikanten eben zu dem Ursprung ihrer Erfolgsgeschichte aufmachten, ist fast logisch. 1979 betraten die Grünen in Bremen erstmalig ein Landesparlament. Anfang der 1980er wurden die Bremer Stadtmusikanten auch als die erste Rock'n'Roll-Band der Welt besungen. Nachdem nun der sich selbst ernannte letzte Live Rock'n'Roller der deutschen Politik verabschiedet hat, steht den Grünen im kommenden Jahr eine besondere Herausforderung bevor. Ein Grund mehr für die Tulpe ihre inzwischen in Bremen regierenden ehemaligen Mitspieler zu unterstützen und in einem gar denkwürdigen Spiel gegen die Alten Herren vom TuS Syke anzutreten, wovon ich heute berichten will.

Es waren einmal...

...die etwas in die Jahre gekommenen Grünen Tulpen. Einst als sie ins Parlament stürmten und die träge und etablierte Zunft in die Flucht schlugen und ihnen mit gar erschröcklichen Bärten, selbstgestrickten Pullovern und wilden Reden das Fürchten lehrten, da pflegten sie auch noch die schnellen Pässe und drangvollen Angriffe auf dem Rasengeviert. Doch auf ihre alten Tage waren sie müde geworden und so suchten sie denn Leidensgenossen auf ihrem Weg zum Syker Waldstadion.

Da begegneten sie einem grünen Umweltsenator und seinem Büroleiter. "Ei, Packan, willst du nicht uns einen wahrhaftig mutigen Stürmer geben? Tore schießen kannst du doch wohl und alte Tricks kennst du Hund doch wohl noch alle mal." So stießen die ersten beiden Verstärkungen zu den Berliner Eseln.

Ein Stück des Weges kamen dann zwei alte Bekannte, die es hinter dem warmen Herd in Kassel und Stuttgart hervorgelockt hatte. Und weil die alten Bartputzer Thomas Flügge und Jürgen Stark noch geschmeidig wie zwei Kater waren, gesellten auch sie sich zur Tulpe dazu.

Nun kamen die beiden fleißigen Brüder Thomas und Frank, zwei Hähne aus dem Flecken Syke, gerade recht. "Ei, was steht ihr Rotköpfe hier zu solch früher Stund am Waldesrand? Treibt euch die Kälte nicht die Knochen steif? So spielt doch mit uns! Das wird euch wärmen."

Und bald begann ein lustiges Spielchen. Zwischen den Tulpen tanzte der Ball bisweilen hin und her als wenn sie alle junge Springinsfelde seien. Doch die gewitzten Syker Alten ließen sich nicht hinters Licht führen und machten den Raum eng. "So müssen wir uns aufraffen und eine Ecke nutzen, denn sonst ist das Durchkommen schlecht!" Gesagt, getan. Der Ball flog heran, Reinhard Loske, der schlaue Hund, verlängerte am ersten Pfosten und Grauschimmel André Bornstein drückte den Ball hinten zum 1:0 ins Netz.

Als die Mitte der Halbzeit vorbei war, und die Alten Herren sahen, dass auch alles ruhig schien, rief ihr Hauptmann Ecki: "Wir dürfen uns doch nicht ins Bockshorn jagen lassen!", und schickte einen langen Pass auf seinen Stürmer Bobby. An dessen Schuss reichte Torwart Frank Steffe wohl noch gerade heran, konnte ihm den Weg ins Grüne Gehäuse aber nimmermehr verwehren.

So stand es wieder 1:1 unentschieden. So blieb es auch bis zur Halbzeit, obwohl es auch gut und gerne – um es mit Märchenonkel Heribert Fassbender zu sprechen – andersherum hätte stehen können. Denn der Grauschimmel Bornstein war nach schönem Pass von Marek Dutschke schon durch und allein in des Gegners Strafraum, als er von dessen Libero gerade genug geschoben wurde, um ihm ein Tor zu verwehren. Den fälligen Elfmeter schoss der Bremer Umweltsenator. Und war er doch wohl platziert, so hatte der Torwart die Ecke geahnt und wehrte das Leder zur Seite ab. In Blitzes Eile und Windes Schnelle sprang der flinke Marek Dutschke herbei und hub den Ball wiederum zum Umweltsenator, der dieses aus dem Fünfmeterraum gar schoss. Doch der Alte im Tor hatte es wohl vorhergesehen und war zur großen Überraschung aller schon zur Stelle.

Als dann der Esel Bornstein, der brav die Mannschaft auf seinen Schultern trug, bald in der zweiten Halbzeit auch noch wohl nicht mit Absicht, aber doch mit grober Kraft im eigenen Strafraum einen Alten umtrat, trat Christoph Benze, einst ein junger Wilder der Tulpe gegen seinen Kompagnon Frank Steffe zum Elfmeter an. Mit roher Gewalt drosch er das Leder ins Gehäuse, allein die Schiedsrichterin hielt nur die Pfeife in die Höhe zum Zeichen, er möge doch auf ihr Kommando warten. Doch, ach, auch des zweiten Versuches Wucht mochten die Finger des Hüters des Grünen Tores nicht zu zügeln. Und so stand es 2:1.

Also machten sich die Tulpen auf dorthin, wo das Tor der Syker stand. Und als sie sich nach allen vier Himmelsrichtungen umsahen, da war es ihnen, als sei der wackere Grauschimmel wieder nach vorn geeilt. Ein langer Pass, und dieses mal wollte und konnte ihn niemand halten und André Bornstein schoss den Ball am herauseilenden Torhüter zum Ausgleich ins Netz.

Nun griffen die Tulpen mit drei Stürmern schon in des Gegners Hälfte an und wollten den müden Alten ihre Puste rauben. Da jappten sie und ihre Kräfte ließen nach. Schon segelte wieder eine Ecke herein, und dieses mal übersprang Sebastian Wienges seine Gegner am ersten Pfosten verfehlte den Ball aber noch um Längen. Doch hinter ihm flog wiederum André Bornstein heran und köpfte im Hechtsprung das 3:2.

Da merkten die Alten Herren, dass kein guter Wind wehte und kämpften, was die alten Beine hergaben. Ein verzweifelter Schuss mitten in die Grüne Abwehr köpfte wiederum der Esel Bornstein hoch in die Luft und verlängerte ihn so vor die Füße des noch immer leidlich flinken Bobby. Und der ließ sich nicht zweimal bitten, sondern schoss den Ball volley perfekt ins lange Eck zum 3:3 – das zweite Mal wird er den Grünen in den kommenden Tagen einen einschenken, wenn er als Bobby in Gorleben gegen Demonstranten antritt.

Doch hier auf dem Feld der Ehre waren die Tulpen noch am Drücker, Sebastian Tschirbs erkämpfte sich in vorderster Spitze Bälle und beschäftigte die Syker allein wie weiland Jürgen Klinsmann die Holländer. Als auch noch der eigene Torwart seinen Verteidiger fällte anstatt den Ball wegzuschlagen, war es nur der Großmut Marek Dutschkes zu verdanken, der sich um die beiden darniederliegenden Recken sorgte, statt den freien Ball in der Mitte im verwaisten Tor unterzubringen. Die Alten Herren wurden schwächer und waren nicht mehr viel nütze. Wohl unbeabsichtigt aber nicht minder in der Wirkung blieb so ein Bein einmal etwas zu lange stehen und streckte André Bornstein mit einem gehörigen Eselskuss nieder. Der musste raus ebenso wie der Senator der dem folgenden gefühlvollen Freistoß heldenmütig hintersprang und mit Knien und Stirn über den Kunstrasen schlidderte, den Ball aber knapp vor dem Tor ebenso knapp verfehlte.

Das war die letzte Chance der Tulpen, denn nun mussten sie mit ihrem letzten Aufgebot die letzten Minuten überstehen. Doch wenn ihnen auch nicht mehr und insgesamt nicht viel gelang, so endete das Spiel leistungsgerecht unentschieden.

Von nun an getrauten sich die Syker mit dem Senator und die Tulpen mit den Sykern, sich gar prächtig zu unterhalten und die fröhliche dritte Halbzeit zu zelebrieren. Den Grünen Tulpen gefiel's aber so gut, dass sie die Alten Herren zu sich nach Berlin auf ein Rückspiel einluden. So hatte die Reise ihren Zweck erfüllt und neue Bande geknüpft, wie einst die Reise nach Bremen eine neue Band gegründet hatte – der ideale Start für die Grünen Tulpen auf dem Weg zu neuen Aufgaben.