Rede von Dr. Konstantin von Notz Ablösung der Staatsleistungen an Kirchen

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05.11.2020

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt wohl keine Mühle der deutschen Gesetzgebung, die so langsam mahlt wie diese hier. Über 100 Jahre alt ist der Verfassungsauftrag nun, umgesetzt wurde er nie. Deswegen ist es gut, dass diese Baustelle nun endlich angegangen wird, und es ist gut, dass wir hier heute einen konkreten gemeinsamen Vorschlag aller demokratischen Oppositionsfraktionen haben, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Nach den vielen qualifizierten Beiträgen spare ich mir alle historischen Exkurse. Klar ist: Staat und Kirche haben in Deutschland eine bewegte Trennungs- und Beziehungsgeschichte. Wenn wir heute über unseren Gesetzesentwurf zur Ablösung der Staatsleistungen sprechen, reden wir nicht über die Legitimität der Möglichkeit zur Erhebung von Kirchensteuern, die selbstverständlich bleibt. Wir rütteln auch nicht am bewährten, gerade in diesen Zeiten erfolgreichen verfassungsrechtlich gesicherten kooperativen Grundverständnis von Kirche und Staat in Deutschland. Uns geht es nur um die Ablösung der Staatskirchenleistungen, und das „nur“ in diesem Satz ist eine harte Untertreibung; denn seit 100 Jahren hat sich niemand gekümmert, nichts hat sich bewegt, nichts Belastbares wurde hingekriegt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)

Ein Grundlagengesetz schafft Grundlagen. Wir zeigen einen machbaren, verfassungskonformen und angemessenen Weg auf. Wir wollen die Abhängigkeit der Kirchen von der staatlichen Abhängigkeit in diesem Bereich beenden, und wir wollen die staatlichen Haushalte entlasten; auch das ist richtig. Wir wollen keinen Kahlschlag bei Kirchen, kirchlichen Krankenhäusern, Schulen und Sozialeinrichtungen; denn sie sind ein wichtiger Teil der sozialen Infrastruktur dieses Landes, gerade in der Fläche.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Dafür will ich an dieser Stelle allen kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern und den Kirchen selbst sehr herzlich danken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der FDP)

Wir haben den wichtigen Dialog mit den betroffenen Kirchen geführt. Für uns ist zentral, dass bei der Ablösung durch Geldleistungen das Äquivalenzprinzip zugrunde gelegt wird; das wurde vielfach gesagt. Wir stellen damit sicher, dass diese Ablösung verfassungskonform – verfassungskonform! – geschieht und keine illegitime Herabsetzung der wirtschaftlichen Grundlagen der Kirchen darstellt.

In Richtung GroKo sage ich: Es ist eben nicht ein Zeichen der besonderen Solidarität mit den Kirchen, wenn wir dieses Abhängigkeitsverhältnis in diesem Punkt bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufrechterhalten und unseren Verfassungsauftrag ignorieren. Lars Castellucci, ins Benehmen setzen ist immer gut, aber dafür hatten wir jetzt 100 Jahre Zeit. Es wäre einfach ein guter Zeitpunkt, das anzugehen und sich nicht nur ins Benehmen zu setzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)

Ich komme zum Schluss. Alles hat seine Zeit. Der Kollege Strasser hat es gesagt: Der Gesetzgeber sollte die Dinge regeln, wenn er es unbefangen und selbstbestimmt kann. Die Zeit ist jetzt. Ich danke der Kollegin Buchholz und dem Kollegen Strasser, und auch von mir gehen liebe Grüße an den Kollegen Ruppert.

Geben Sie sich einen Ruck, Große Koalition! Kommen Sie endlich aus dem Knick! Dann kriegen wir das hin.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der FDP und der LINKEN)

Vizepräsident Dr. Hans-Peter Friedrich:

Der nächste Redner ist für die CDU/CSU-Fraktion der Kollege Philipp Amthor. Bitte schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)