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26.09.2019

Dr. Manuela Rottmann (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Es wurde schon erwähnt: Das Thema Abmahnungen und wie man Missbrauch verhindern kann, ist vor allem von Vera Dietrich – über eine Petition, die 25 000 Menschen unterschrieben haben – in den Bundestag getragen worden. Wenn ich darüber nachdenke, wie man dieses Problem in den Griff bekommen kann, dann ist mein Maßstab Vera Dietrich. Sie hat sich übrigens in den letzten Wochen an alle Berichterstatter gewendet. Sie hat sich den Vorschlag der Bundesregierung sehr genau angeschaut und sich gefragt: Komme ich als Praktikerin damit zurecht?

Mein Maßstab ist aber auch Gabriele Schäfer. Sie hat einen Spielwarenladen, Spielwaren Emmert, schräg gegenüber von meinem Wahlkreisbüro. Sie verkauft Spielwaren, auch über das Internet. Mein Maßstab für dieses Gesetz ist: Hilft es der Frau Schäfer, hilft es der Frau Dietrich?

Das Problem bei Abmahnungen ist: Sie müssen im Vorfeld einer gerichtlichen Auseinandersetzung bewältigt werden. Was wir denen, die eine Abmahnung bekommen, an die Hand geben, muss für sie handhabbar sein, es darf sie nicht in die Irre führen. Das ist mein Vorwurf an den Gesetzentwurf. Ich weiß, es ist nicht einfach, das gut zu regeln. Aber festzulegen: „Wenn es nur ein ,unerheblicher‘ Verstoß ist, dann ist die Vertragsstrafe auf 1 000 Euro begrenzt“, oder: „Missbrauch soll vorliegen, wenn die Vertragsstrafe ,erheblich überhöht‘ ist“, das führt die Leute in die Irre. Leute wie Frau Dietrich oder Frau Schäfer sagen: Eine Vertragsstrafe von 6 000 Euro – im Wettbewerbsrecht absolut üblich – ist doch erheblich überhöht; ich habe einen Jahresumsatz von nur wenigen Tausend Euro, weil ich das nebenhermache. Das heißt, sie vertrauen darauf: Das muss eine missbräuchliche Abmahnung sein, unterschreiben nicht, landen dann vor Gericht, und die Kosten sind höher.

Das zweite Problem, das ich sehe, ist, dass Sie den Missbrauch an Faktoren knüpfen, die ein Abgemahnter gar nicht kennen kann. Ob ein Mitbewerber zahlreiche gleichartige Abmahnungen ausspricht, die in einem Missverhältnis zu seiner eigentlichen Geschäftstätigkeit stehen, das weiß eine Frau Schäfer nicht, das weiß eine Frau Dietrich nicht. Also kann sie damit wenig anfangen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir haben einen anderen Vorschlag gemacht. Wenn jemand in einer solchen Drucksituation eine Unterlassungsverpflichtung unterschreibt, warum machen wir nicht das, was Sie an einer Stelle sogar tun, bei der Vertragsstrafe, nämlich sagen: Nur das Angemessene ist wirksam. Damit wenden wir einen Gedanken aus dem AGB-Recht an. Wenn jemand etwas unterschrieben hat, und sich herausstellt: „Die Abmahnung war missbräuchlich, weil es eine Massenabmahnung war“, dann soll dieser jemand sagen können: Ich fühle mich an diese Unterlassungsverpflichtung nicht mehr gebunden, und dann muss die Gegenseite vor Gericht gehen. Das würde zum Beispiel die Laien stärken.

Ich will Ihnen noch einen Gedanken aus der Datenschutz-Grundverordnung mitgeben, auf die häufig geschimpft wird. Die Datenschutz-Grundverordnung knüpft Sanktionen an den Umsatz. Warum machen wir das nicht auch hier? Wir machen hier Private Enforcement von öffentlichem Recht. Warum knüpfen wir nicht einfach die Sanktion an den Umsatz?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Dann sind die Kleinen geschützt und verlieren nicht alles, was sie in einem Jahr verdient haben, und sie wissen, woran sie sind.

Ich bin gespannt auf die Beratungen. Ich glaube, es geht noch besser als die Vorschläge, die wir bisher haben.