Rede von Dr. Anton Hofreiter Aktuelle Stunde - Autobahnen und Bundesstraßen

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07.10.2020

Dr. Anton Hofreiter (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin insbesondere den Kollegen der CDU/CSU dankbar für diese Aktuelle Stunde und für die Ehrlichkeit. Da wird deutlich, wo Sie stehen und dass Ihr ganzes Wortgeklingel zu Klimaschutz, wenn es darauf ankommt, nichts wert ist. Danke dafür!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Bei der SPD schaut es noch bitterer aus. Die SPD ist auch eine Betonierer-, eine Asphaltiererpartei.

(Zurufe von der FDP: Oh! Ui!)

Und dann stellt ihr euch hierhin und beschwert euch über die Grünen, dass wir nicht ausreichend verhindert haben, was ihr wollt, insbesondere unter Rot-Grün,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: Ihr habt mitgemacht! Ihr habt einfach mitgemacht!)

als ihr 40 Prozent hattet und wir 8 Prozent.

(Sören Bartol [SPD]: Oh!)

– Steht doch wenigstens zu eurer Verantwortung! Seid doch wenigstens so ehrlich wie die CDU/CSU!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: Und in Hessen? Arme kleine Grüne! Ihr armen kleinen Grünen!)

2016, im Zusammenhang mit dem Bundesverkehrswegeplan, hat die damalige UBA-Präsidentin festgestellt: Durch den starken Fokus auf die Straßen zementiert dieser Bundesverkehrswegeplan weitgehend die nicht nachhaltige Verkehrspolitik der vergangenen Jahre. – Des Weiteren wurde beim letzten Bundesverkehrswegeplan festgestellt: Von zwölf Umweltzielen wurden elf nicht erreicht.

(Oliver Luksic [FDP]: Haben die Grünen nichts angemeldet!)

Die Kritik von damals stimmt jetzt umso mehr; denn wir haben erlebt, wie sich die Klimakrise verschärft, wir haben doch erlebt, was in Australien los war, wir haben erlebt, was in Kalifornien los ist, und wir haben erlebt, dass es in vielen Regionen drei Dürresommer hintereinander gab. Wir haben gesehen, dass seit 30 Jahren der CO-Ausstoß im Verkehrsbereich nicht sinkt. Deshalb ist es notwendig, da grundlegend etwas anders zu machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Auf der Homepage des Bundesverkehrsministeriums findet sich die schöne Erklärung, dass das gesamtdeutsche Straßennetz doppelt so lang ist wie die Entfernung zwischen Erde und Mond. Hier haben Sie jetzt behauptet, dass – obwohl wir nach eigener Aussage eines der dichtesten Straßennetze aller Flächenländer weltweit haben – zusätzlicher Straßenbau noch Wohlstand schafft. Wenn wir im Jahr 1960 wären, könnten wir darüber ernsthaft diskutieren – auch wenn es damals klüger gewesen wäre, auch die Bahn mit auszubauen –,

(Zuruf des Abg. Oliver Luksic [FDP])

aber wir sind im Jahr 2020, und in den vergangenen 60 Jahren sind Tausende von Kilometern Autobahn geschaffen worden.

(Oliver Luksic [FDP]: Dank den Grünen! – Stephan Brandner [AfD]: Und Radwege, ganz viele Radwege, Herr Hofreiter!)

Angesichts dessen, was in der Autoindustrie los ist, ist es notwendig, auf ganz andere Dinge zu setzen. Wir sehen doch die Megatrends Elektrifizierung, Digitalisierung und Automatisierung. Deshalb brauchen wir einen Ausbau von 5 G, einen Ausbau der Ladesäulentechnologie, einen Ausbau der Batteriekapazitäten und ein schnelles Internet. Kommen Sie endlich im 21. Jahrhundert an! Hören Sie endlich auf mit Ihrer Technologiefeindlichkeit!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der AfD und der FDP – Sören Bartol [SPD]: Starke These von den Grünen! Ganz starke These! – Zuruf von der AfD: Das dürfen Sie als Letzte sagen! – Oliver Luksic [FDP]: Karnevalsrede!)

Dieser Bundesverkehrswegeplan, der nicht erkennt, dass es moderne Technologie – 5 G, Internet, Ladesäulen, Batterietechnik – braucht, soll bis zum Jahr 2030 gelten, bis zu dem Jahrzehnt, das so entscheidend dafür werden wird, dass wir die Klimakrise in den Griff kriegen.

(Stephan Brandner [AfD]: Wo fahren Sie mit Ihrem Dienstwagen hin, Herr Hofreiter? – Oliver Luksic [FDP]: Was hat das mit der A 49 zu tun?)

Meinen Sie das wirklich im Ernst? Glauben Sie wirklich, dass dieser Bundesverkehrswegeplan, der völlig aus der Zeit gefallen ist, uns wirklich in das nächste Jahrzehnt führen wird? Ich glaube das nicht. Damit gefährden Sie nicht nur die Mobilität. Mobilität bedeutet, dass alle Menschen mobil sein können und nicht nur diejenigen, die einen Führerschein haben und ein Auto besitzen. Deshalb ist es notwendig, dass Sie endlich Ihre Technologiefeindlichkeit einstellen, dass Sie endlich dafür sorgen, dass unsere Autoindustrie auch in der Zukunft noch eine Chance hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen des Abg. Klaus-Peter Willsch [CDU/CSU] – Gegenruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Wahrheit tut manchmal weh, nicht?)

Für den Anschluss von vielen Regionen brauchen wir einen deutlichen Bahnausbau. Am Ende zeigt es die Realität. Es werden hier schöne Reden auf die Bahn gehalten. Im Jahr 2019 sind 232 neue Kilometer Bundesfernstraßen dazugekommen. Und wie viele Kilometer Bahn sind dazugekommen?

(Gero Storjohann [CDU/CSU]: Ihr seid ja auch immer dagegen! – Zuruf von der FDP: Ihr seid immer dagegen! Deswegen klappt es ja nicht!)

Wie viele Kilometer Bahn sind dazugekommen? Eine einstellige Zahl. Das kann doch wohl nicht wahr sein: 232 Kilometer Bundesfernstraßen und eine einstellige Kilometerzahl Bahnstrecke! So wird das nichts mit der Verkehrswende. Deshalb: Sorgen Sie endlich dafür, dass die Bahn flottgemacht wird! Sorgen Sie dafür, dass Personal eingestellt wird, dass die Planungsprozesse schneller werden! Sorgen Sie dafür, dass die Verkehrswende endlich in der Realität ankommt!

(Sören Bartol [SPD]: Gern!)

Dann wird sich zeigen, ob Bahnkilometer ausgebaut werden oder das bloß behauptet wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ihr Bundeswirtschaftsminister hat gesagt: Wir haben wegen der Klimapolitik das Vertrauen von vielen Menschen der jungen Generation verloren. Und er hat gesagt: Man muss nicht bloß partiell ein paar Dinge ändern. – Damit hat er recht. Deshalb: Lassen Sie endlich den Worten Taten folgen! Es gibt den schönen alten biblischen Spruch „An ihren Taten sollt ihr sie erkennen“ – das gilt insbesondere für die Regierung.

(Anhaltender Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der SPD, der CDU/CSU und der FDP)

Vizepräsident Thomas Oppermann:

Vielen Dank. – Nächster Redner in dieser Debatte ist für die Bundesregierung der Bundesminister Andreas Scheuer.

(Beifall bei der CDU/CSU)