Rede von Kordula Schulz-Asche Aktuelle Stunde: Bewältigung der Corona-Pandemie

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27.01.2021

Kordula Schulz-Asche (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Der Titel dieser Aktuellen Stunde lautet „Verantwortung und Risikoverringerung“. Und ich kann nur alle bitten: Populismus hat an dieser Stelle nichts zu suchen. Aber es sind gute Stichworte, diese Bundesregierung aufzufordern, endlich Verantwortung wahrzunehmen, sie zu übernehmen, um das Maßnahmenchaos und die chaotische Vielstimmigkeit, die die letzten Monate bestimmt haben, endlich zu beenden.

(Hilde Mattheis [SPD]: Kretschmann! Kretschmann!)

Wir brauchen eine einheitliche Strategie, und dies natürlich auf nationaler Ebene und mit entsprechenden regionalen Anpassungen an die jeweilige Lage, wo es nötig ist. Das gemeinsame Ziel dieses Hauses, von rechts abgesehen, muss es doch sein, die Pandemie tatsächlich zu beenden, aus der Krise zu kommen.

(Lachen des Abg. Armin-Paulus Hampel [AfD])

Und das Sinken der Fallzahlen macht uns ja hoffnungsvoll. Aber sie sinken zu langsam, und dies auch bis zum 14. Februar.

Verantwortung heißt, vorausschauend zu handeln. Was braucht es, um gut durch die nächsten Monate zu kommen? Fünf Bereiche sind in der Pandemiebekämpfung bekannt, um dies zu schaffen: das Impfen, die Schutzmaßnahmen, das Testen, Testen, Testen, die Kontaktnachverfolgung und die Kommunikation. Und in allen diesen Bereichen hat diese Regierung erheblichen und dringenden Nachbesserungsbedarf, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und nicht oder gar nicht aufgestellt ist diese Regierung bei der Frage von Schnelltests zur Selbstanwendung, bei der weiter gehenden Umsetzung von Homeoffice, als es bisher der Fall ist, beim Tragen sicherer FFP2-Masken, bei Konzepten für Schule und Kita und auch bei der Frage des Umgangs mit alten Menschen in unseren Einrichtungen, aber auch zu Hause. Das betrifft das Pflegepersonal, also diejenigen, die zu Recht auch schon mehrfach für ihren Einsatz gelobt wurden, der mit einem hohen Risiko für ihre eigene Gesundheit verbunden ist.

Der zweite Punkt, bei dem es tatsächlich einen großen Bedarf für Nachbesserungen gibt, ist aus meiner Sicht die Information der Bevölkerung, die Aufklärung, die Begründung, das Erklären: Was? Warum? Wie?

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Eines der wirklich ganz großen Defizite zeigt sich in der Kommunikation mit der Bevölkerung und besonders mit Zielgruppen, die wir erreichen müssen: bestimmte Berufsgruppen, bestimmte Bevölkerungsgruppen, bestimmte Gruppen, die eben nicht durch die Medien erreicht werden, usw. usf. Hier, glaube ich, müssen wir in der Kommunikation wirklich nachlegen, Verständnis wecken und die Leute mitnehmen. Das ist die zentrale Frage, vor der wir gerade stehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Ich sage das so mit Nachdruck, weil wir in dieser Pandemie an einem kritischen Punkt angekommen sind. Wir haben ja gerade das Gift von rechts gehört, das hier in diesen Raum und auch in die Gesellschaft zu streuen versucht wurde.

Aber Sie haben mit diesen scheibchenweisen Verlängerungen und mit immer neuen Regeln, die nicht nachvollziehbar waren – und manche konnten auch gar nicht nachvollzogen werden –, die Menschen trotz der großen Akzeptanz, die wir bisher hatten, wirklich müde und mürbe gemacht. In dieser Situation befinden wir uns, und deswegen braucht es eine Strategie des Weges zur Öffnung hin, zur Einheitlichkeit, Transparenz und Verlässlichkeit der Strategien und der Maßnahmen, verbunden mit klaren Kriterien für die nächsten Monate.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir müssen die Fallzahlen schnell herunterbekommen, und wir müssen die Fallzahlen langfristig kontrollieren können.

Wir Grünen haben übrigens mit einem Stufenplan – ich bin ja immer froh, wenn unsere Ideen aufgegriffen werden, und wenn es auch nur der Titel ist – schon vor Monaten angefangen. Wir fordern seit Monaten gerade auch für die Kommunikation einen interdisziplinären Pandemierat, um die verschiedenen wissenschaftlichen Aspekte, die in einer Pandemie eine Rolle spielen, auch tatsächlich zusammenzuführen und Maßnahmen zu entwickeln, die wirklich helfen und nicht nur diesen Eindruck erwecken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Armin-Paulus Hampel [AfD]: Zitieren Sie gerade die AfD? Das ist schön!)

– Das Letzte, was mir einfiele, wäre, Nazis zu zitieren.

Meine Damen und Herren, man sagt: In einer Krise schlägt die Stunde der Exekutive. – Das ist richtig. Aber in einer Demokratie gehört mehr dazu, nicht nur eine gut funktionierende Regierung oder, wenn wir in die Bundesländer gucken, gut funktionierende Landesregierungen, sondern aktive, problemlösungsorientierte Parlamente und vor allem ihre demokratischen Fraktionen sowie die vielen Akteure in den Gesundheitsämtern, auf den Intensivstationen, in Pflegeheimen, in anderen Berufen und ihre Verbände, die Zivilgesellschaft und die vielen Bürgerinnen und Bürger, die die Maßnahmen verstehen wollen, die die Maßnahmen nachvollziehen wollen und auch wollen, dass sie sie umsetzen können. Und auch das ist eine soziale Frage. Wir haben eine Spaltung der Gesellschaft, die auch in sozialen Fragen voranschreitet, wenn wir dem nicht entgegenwirken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Diese Chancen, meine Damen und Herren, die ich versucht habe aufzuzeigen, müssen jetzt die Regierung und wir gemeinsam hier als demokratisch gewähltes Parlament ergreifen, zusammen mit allen Demokratinnen und Demokraten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vizepräsidentin Dagmar Ziegler:

Vielen Dank. – Als Nächstes hat das Wort Dr. Georg Nüßlein von der CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU – Jan Korte [DIE LINKE]: Das wird jetzt auch anstrengend!)