Rede von Canan Bayram Aktuelle Stunde "BVerfG-Urteil zur Parteienfinanzierung"

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26.01.2023

Canan Bayram (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank, Frau Präsidentin. – Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Heveling hat ja gerade so ein bisschen belustigend vorgetragen,

(Konstantin Kuhle [FDP]: War aber gut!)

inwieweit tatsächlich das Gericht die Klage der AfD – in Anführungszeichen – „gewürdigt“ hat.

Aber was mir wirklich Sorgen macht,

(Stephan Brandner [AfD]: Das glaube ich nicht!)

ist, mit welcher Dreistigkeit die AfD so einen schlechten Klageschriftsatz eingereicht hat und auch hier in der Eröffnungsrede lediglich daran interessiert war, die Institutionen – nämlich den Bundestag, die Parteien und auch das Verfassungsgericht – zu beschädigen. Das zeigt, welche Gefahr die AfD für unsere Demokratie ist. Das weise ich hier auf jeden Fall zurück, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

216 Mitglieder des Deutschen Bundestages haben gegen die Erhöhung der Parteienfinanzierung geklagt. Ich bin eine von diesen Klägerinnen und Klägern. Deswegen war ich auch am Dienstag vor Ort in Karlsruhe, um mir die Urteilsverkündung anzuhören. Das Urteil war deutlich:

Die angegriffene Norm

– nämlich das Gesetz, mit dem die Obergrenze verändert wurde –

verfehlt die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die staatliche Parteienfinanzierung. Sie verstößt gegen den Grundsatz der Staatsfreiheit der Parteien …

Meine Damen und Herren, um was geht es da eigentlich? Die Große Koalition hatte 2018 versucht, die staatliche Parteienfinanzierung um 25 Millionen Euro anzuheben. Als Grund wurde pauschal die Digitalisierung genannt. Das war für das Gericht nicht nachvollziehbar. Das Gericht hat gesagt: Die Mehrkosten, die durch die Digitalisierung in Anschlag gebracht werden, müssen dargelegt werden. – Es wurde auch angeführt, dass es nicht reicht, nur die Mehrkosten aufzuzählen, sondern es wurde auch abverlangt, dass die Einsparungen, die womöglich durch die Digitalisierung in Abzug gebracht werden müssen, ebenfalls in die gesetzgeberische Begründung hineingehören.

Es freut mich persönlich, dass wir mit unserer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht Erfolg hatten. Denn was zeigt uns das, meine Damen und Herren? Es zeigt uns, dass Demokratie funktioniert. Oppositionsfraktionen, wie seinerzeit meine Fraktion mit der FDP und der Linken, haben geklagt. Das Gericht hat gesagt, was nicht geht. Da muss man natürlich auch deutlich machen: Das Urteil hat auch gezeigt, was geht. Das heißt, wenn jetzt ein Gesetz auf den Weg gebracht werden würde, hätte man ein paar Hinweise darauf, in welchem Rahmen das möglich wäre. Denn im Kern geht es bei dem Urteil natürlich um Artikel 21 Grundgesetz und somit um die Grenzen und Möglichkeiten der Parteien, insbesondere um die Staatsfreiheit der Parteien. Deswegen muss die staatliche Finanzierung mit Maß erfolgen und auch gut begründet sein, meine Damen und Herren.

Aber was folgt denn jetzt eigentlich aus dieser Gerichtsentscheidung? Das Gesetz wurde vom Verfassungsgericht für nichtig erklärt. Das heißt aber nicht, dass automatisch auch alle Verwaltungsakte, Vollzugsakte rückgängig gemacht werden, die hier schon auf den Weg gebracht wurden.

(Stephan Brandner [AfD]: Hört! Hört!)

Das hat jetzt die Bundestagsverwaltung zu prüfen. Ich persönlich – im Unterschied zur AfD – vertraue darauf, dass die Bundestagsverwaltung das auch sachgemäß tun wird, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Richtig ist aber auch: Parteien sind ein elementarer Bestandteil unserer parlamentarischen Demokratie.

(Stephan Brandner [AfD]: Auch die AfD!)

Für uns als Ampelkoalition heißt das, dass wir uns die Urteilsgründe genau ansehen werden. Wir haben uns vorgenommen, das Gesetz zu reformieren. Diese Reform werden wir verfassungsgemäß ausgestalten. Und eine Erhöhung der Parteienfinanzierung kann nur erfolgen, wenn wir den Bedarf, gemessen an den hohen Kriterien, die uns das Gericht auferlegt hat, auch tatsächlich ordentlich berechnen können, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Jan Korte für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)