Rede von Helge Limburg Aktuelle Stunde "BVerfG-Urteil zur Parteienfinanzierung"

Helge Limburg MdB
26.01.2023

Helge Limburg (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Vielen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist heute schon mehrfach gesagt worden: Das Bundesverfassungsgericht hat klargestellt, dass die Erhöhung der staatlichen Parteienfinanzierung zumindest so, wie es die Große Koalition beschlossen hat, verfassungswidrig war. Natürlich freuen wir uns gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen von der FDP und den Linken, dass das höchste deutsche Gericht unsere Rechtsauffassung und – das will ich klar sagen – letztlich auch unsere politische Auffassung bestätigt hat.

(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)

Zu Recht ist darauf hingewiesen worden, dass der Antrag der AfD, die sich hier heute so aufbläht, keinen Erfolg hatte. Ich – auch wenn es schon von meinem Vorredner gesagt worden ist – kann es Ihnen nicht ersparen, das noch einmal anzuführen. Sie haben es in der Hälfte Ihres Antrages nicht einmal geschafft, eine statthafte Klageart zu finden; nicht einmal das. Soweit Sie das immerhin gefunden haben, sind Sie bereits beim nächsten Prüfungspunkt, der Klagebefugnis, gescheitert. Ich könnte mir vorstellen, dass Ihr Antrag Teil der rechtswissenschaftlichen Vorlesung Staatsrecht, zweites Semester, wird. Thema: „So, wie man es nicht macht in Karlsruhe“, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Immerhin!)

Meine Damen und Herren, dass gerade die AfD eine markige Aktuelle Stunde zum Thema rechtswidrige Parteienfinanzierung anmeldet,

(Konstantin Kuhle [FDP]: Das ist allerhand! Das ist ein Klopper!)

ist allerdings gewagt. Zu Ihrer Erinnerung: Im Jahr 2016 lässt sich Ihr damaliger Parteichef Meuthen seinen Landtagswahlkampf illegal aus der Schweiz finanzieren.

(Stephan Brandner [AfD]: Wer ist denn Meuthen?)

Am Ende stehen 270 000 Euro Strafe für die AfD, nachdem Sie zunächst vergeblich versucht hatten, zu verschleiern.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Im selben Jahr haben Sie in Düsseldorf eine Veranstaltung abgehalten, die ebenfalls verdeckt und illegal aus der Schweiz finanziert wurde. Auch hier haben Sie versucht, zu verschleiern. Auch hier folgte eine Strafe durch die Bundestagsverwaltung. Ein AfD-Landtagskandidat aus Baden-Württemberg hat nach Medienberichten versucht, von der russischen Botschaft finanzielle Unterstützung für seinen Wahlkampf zu erhalten.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Ach so! – Stephan Brandner [AfD]: Was Sie alles glauben!)

2016 und 2018 haben Sie augenscheinlich über Strohmänner und Strohmannfirmen für die AfD riesige Plakatkampagnen im Gesamtwert von 3,5 Millionen Euro beim Plakatanbieter Ströer gebucht. Sie haben geleugnet. Auch hier hat Ihr Leugnen nichts genützt.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie haben den Staatsfunk auf Ihrer Seite, Herr Limburg!)

Sie wurden als Direktkunde geführt und dementsprechend auch belangt.

2017, Herr Brandner, hat sich der AfD-Europaabgeordnete Guido Reil seinen Landtagswahlkampf ebenfalls aus der Schweiz illegal finanzieren lassen – Strafzahlung 133 000 Euro. Ebenfalls 2017 fließen in insgesamt 17 Tranchen 132 000 Euro illegaler Spenden erneut aus der Schweiz an den Kreisverband Bodensee. Das ist nicht irgendein Kreisverband, das ist der Kreisverband Ihrer Bundesvorsitzenden und Spitzenkandidatin Alice Weidel – die Strafzahlung: 396 000 Euro.

(Stephan Brandner [AfD]: Wir haben zurzeit keinen Spitzenkandidaten!)

Im Jahr 2018 wieder der Kreisverband von Frau Weidel, wieder illegale Spenden aus dem Ausland, diesmal nicht die Schweiz, diesmal die Niederlande: 150 000 Euro. Die Bundestagsverwaltung fordert die Rückzahlung. Die AfD prüft eine Klage dagegen.

(Stephan Brandner [AfD]: Reden Sie doch mal zum Thema!)

Meine Damen und Herren, diese Liste

(Matthias W. Birkwald [DIE LINKE]: Eine beeindruckende Liste!)

erhebt natürlich überhaupt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Aber sie zeigt: Die AfD kennt sich deshalb mit rechtswidriger Parteienfinanzierung aus, weil sie sie selbst über Jahre und auf nahezu allen Ebenen immer wieder praktiziert hat.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: „100 Millionen“ sage ich nur!)

Insbesondere Spenden aus dem Ausland scheinen bei dieser angeblich ach so deutschen Partei sehr, sehr beliebt zu sein. Und wenn sie dann erwischt wird,

(Stephan Brandner [AfD]: Haben Sie was gegen Ausländer?)

dann fällt die Reaktion nicht etwa in Form von Reue und Demut, Entschuldigung und Zurückgeben aus, sondern dann folgt in aller Regel: leugnen, vertuschen, verharmlosen und versuchen, zu klagen

(Stephan Brandner [AfD]: Ist ein Rechtsstaat! Haben wir doch gerade gelernt!)

und sich irgendwie an die illegal erlangten Gelder zu klammern, um sie behalten zu dürfen.

Ich bedanke mich für die Gelegenheit, Ihre Doppelbödigkeit und Ihre Doppelmoral hier noch einmal in aller Klarheit darstellen zu können.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der LINKEN)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat Konstantin Kuhle für die FDP-Fraktion.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)