Rede von Dr. Julia Verlinden Aktuelle Stunde "Erdgas und Wärme"

Foto von Julia Verlinden MdB
12.10.2022

Dr. Julia Verlinden (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Wir haben im Augenblick zwei Herausforderungen auf dem Gasmarkt: Das eine sind die deutlich

gestiegenen Preise, das andere ist, dass uns in Europa weniger Gas zur Verfügung steht als in den letzten Jahren.

Zum Ersten hat die Expertenkommission für Gas und Wärme bis Montag früh um sechs – es ging fast schon die Sonne auf – an einem Zwischenbericht

gearbeitet. Herzlichen Dank an dieser Stelle an alle, die daran mitgewirkt haben, auch an die vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die bis zum Ende mit

dabei waren und im Hintergrund sehr viel dafür geleistet haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Tatsache ist: Es werden in diesem Zwischenbericht Instrumente für alle Gaskundinnen und ‑kunden, für alle Fernwärmekundinnen und ‑kunden

vorgeschlagen. Das heißt, sowohl für die privaten Haushalte als auch für die Bäckereien als auch für die Sportstätten, die Krankenhäuser und natürlich auch für

die Industrie gibt es in diesem Bericht Vorschläge, was die Politik jetzt tun kann, um in großem Maßstab zu entlasten.

Die Entlastungen sind vor allem für diejenigen wichtig, die gerade in eine besonders schwierige Situation zu geraten drohen. Auch hier sind konkrete

Vorschläge gemacht worden. Diese Vorschläge werden jetzt von der Bundesregierung geprüft. Daran sind viele Ministerien beteiligt; denn selbstverständlich sind

zahlreiche Ressorts betroffen, die jetzt Umsetzungsprüfungen durchführen müssen, ob Gesetze genau so realisiert werden können oder möglicherweise ein bisschen

anders realisiert werden müssen. Es ist allen in den Ministerien, aber natürlich auch hier im Bundestag bewusst: Es braucht eine schnelle Unterstützung.

Deswegen werden wir das so schnell, wie es irgendwie geht, auf den Weg bringen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Um Missverständnisse zu vermeiden: Das derzeit teure Gas zu subventionieren, wird in der aktuellen, schwierigen Situation nicht ausreichen. Denn die

begrenzte Menge wird dadurch, dass man den Verbrauch subventioniert, nicht mehr. Wenn alle genau dieselbe Menge verbrauchen wie in der Vergangenheit, dann

könnte im Winter ein Problem entstehen. Leider sind zahlreiche Lebens- und Wirtschaftsbereiche bei uns noch abhängig vom Erdgas. Viel zu viele Gebäude werden

mit Gas beheizt. Der Umstieg auf erneuerbare Wärme und Verbesserungen bei der Energieeffizienz sind in den letzten Jahren viel zu langsam vorangegangen.

Zahlreiche Menschen arbeiten mit Hochdruck daran, Wärmepumpen einzubauen, Windräder zu planen, Solaranlagen auf die Dächer zu bringen. All das ist ein wichtiger

Beitrag; dafür ganz herzlichen Dank! Aber man kann eben auch nicht alles von heute auf morgen herbeizaubern.

Alle Speicher in Deutschland sind gut gefüllt. Auch dafür vielen Dank an diejenigen, die daran beteiligt waren, Wirtschaft und Regierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des Abg. Dr. Lukas Köhler [FDP])

Aber gefüllte Speicher allein reichen nicht, um sich entspannt zurücklehnen zu können; denn je kälter der Winter wird, je mehr geheizt wird, desto

weniger Energie steht in den nächsten Monaten für die Industrie zur Verfügung, und das betrifft dann auch die Menschen, die dort arbeiten. Ich hoffe, dass die

Bundesnetzagentur als Lastverteiler nicht entscheiden muss, Gas zu rationieren, sodass Großunternehmen in einer Gasmangellage ihre Produktion oder einen Teil

davon herunterfahren müssen. Deswegen ist es so wichtig, dass wir kommunizieren, dass die Lage ernst ist, dass alle einen Beitrag leisten können, indem sie

Wärme einsparen.

Die Expertenkommission will in ihrem Abschlussbericht Ende Oktober ausführliche Empfehlungen dazu abgeben, was im Hinblick auf Energieeffizienz und

Energiesparen jetzt politisch sinnvoll ist. Dazu gehören auch Investitionen; denn Investitionen in die Transformation der Industrie, in den Wasserstoffhochlauf,

in energiesparende Technologien, in Gebäudesanierung, in die erneuerbaren Energien sind die beste Versicherung gegen hohe Energiepreise.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Klar ist: Investitionen sind wichtig.

Es gibt auch kleine Dinge, die jetzt parallel von vielen gemacht werden können,

(Zuruf von der AfD: Waschlappen!)

kleine Dinge, die in der Summe einen riesigen Unterschied machen können. Ein wichtiges Argument ist: Wenn wir den Verbrauch reduzieren, dann hat das

auch preisdämpfende Wirkung und hilft, uns alle zu entlasten.

Ich finde, eine Sache braucht auch noch mehr Aufmerksamkeit: Wir reden viel über die Verfügbarkeit von Gas und seinen Preis, darüber, dass es wichtig

ist, den Menschen Sicherheit zu geben, und sagen: Keiner wird alleingelassen; wir unterstützen alle. – Es ist aber auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass das

Erdgas ein fossiler Energieträger ist und wir uns davon befreien müssen; denn neben der Gaspreiskrise stecken wir weiterhin in einer sich täglich verschärfenden

Klimakrise. Auch deswegen ist es sinnvoll, wenn wir mit der Transformation schnell voranschreiten.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Andreas Jung spricht für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)