Rede von Erhard Grundl Aktuelle Stunde "Geschäftsbeziehungen zwischen Bundesregierung und Journalisten"

Foto von Erhard Grundl MdB
16.03.2023

Erhard Grundl (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wieder einmal beschäftigt uns die AfD mit der immer selben Leier, dass alle unter einer Decke stecken und sich gegen sie verschworen haben.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das ist bewiesen!)

Diese wiederholte Erzählung der angeblichen Mächte, die sich gemeinsam gegen die rechte Franse dieses Hauses verschworen haben, ist brandgefährlich. Sie leistet Verschwörungsideologien Vorschub.

Selbstverständlich engagiert die Bundesregierung – und nicht nur sie – für Coachings externe Referentinnen und Referenten, Moderatorinnen und Moderatoren, Lektorinnen und Lektoren, Trainerinnen und Trainer sowie Expertinnen und Experten, und selbstverständlich engagiert sie dafür diejenigen, die es aus ihrer Sicht am besten können. Wer soll ein Pressetraining besser durchführen können als eine ausgebildete Journalistin? Und selbstverständlich kann eine Journalistin, die regelmäßig Fernsehdiskussionen oder Podcasts leitet, auch eine Veranstaltung der Bundesregierung erfolgreich moderieren. Dass das Auswärtige Amt seine angehenden Diplomaten bestmöglich ausbildet, das ist richtig und in unser aller Interesse.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)

Meine Damen und Herren, Journalistinnen und Journalisten arbeiten nach Qualitätsstandards. Sie sind dem Pressekodex verpflichtet. Zur Professionalität in diesem Beruf gehört es, allen kritische Fragen zu stellen, und auch den Abstand zu den Regierenden zu wahren. Wer das nicht tut, muss erfahren, dass gerade die Journalistenkolleginnen und ‑kollegen hier zu Recht dann auch keine Nachsicht bei der Aufdeckung kennen. Das ist wichtig, und wie wir in den letzten Tagen und Wochen gesehen haben, funktioniert diese Kontrolle auch.

Journalistische Unabhängigkeit und der Schutz von Journalistinnen und Journalisten vor Angriffen und Übergriffen sind zentrale Voraussetzung für unsere freie Demokratie. Freier, kritischer Journalismus ist gerade der AfD seit eh und je ein Dorn im Auge. Nirgends lebt und arbeitet es sich so gefährlich für Journalistinnen und Journalisten in Deutschland wie auf Demonstrationen der AfD und ihr nahestehender Organisationen.

(Beifall der Abg. Katrin Budde [SPD] und Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Regelmäßig werden Berichterstatterinnen und Berichterstatter auf Demos angegriffen, zu denen die AfD aufruft. Medienschaffende, vor allem Frauen, werden von rechten Kräften weltweit on- und offline diffamiert und bedroht. Der Grund dafür ist glasklar: Journalistinnen sind diejenigen, die den Finger in die Wunde legen und die den rechten Spießgesellen unbequeme Fragen stellen. Sie sind diejenigen, die die AfD etwa danach fragen, von wem ihre ausländischen Parteispenden kommen.

Die Beziehung der AfD zum Staatsjournalismus ist wirklich special. Ihre Abgeordneten dienen sich regelmäßig und nur allzu gerne im russischen Staatsfernsehen als Putins Propagandazwerge an. Erst im Februar wurde dort wieder von einem Ihrer Abgeordneten zur besten Sendezeit behauptet, von Russland gehe keine Bedrohung aus.

Meine Damen und Herren, diese Aktuelle Stunde heute könnte auch unter dem Titel stehen: „Nein zum Staatsjournalismus – Geschäftsbeziehungen zwischen AfD und Kreml beenden“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der CDU/CSU und der FDP und der Abg. Dr. Petra Sitte [DIE LINKE])

Der Skandal sind nicht 280 000 Euro jährlich für 200 Journalistinnen und Journalisten; der Skandal ist die AfD, die im Kreml auf den Schößen der Kriegsverbrecher sitzt.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: 1,5 Millionen Euro! – Weiterer Zuruf von der AfD: Wovon träumen Sie eigentlich?)

Sehr geehrte Frau Kollegin Bär, eins muss ich Ihnen sagen: Sie haben von Doppelmoral gesprochen. Zum Umgang mit Journalistinnen und Journalisten fällt mir dazu leider der letzte Parteitag der CDU in Hannover ein, als der Parteivorsitzende Merz in, glaube ich, ungehöriger Weise Journalistinnen und Journalisten mit dem „besonderen Gruß“ bedacht hat. Das war kein Ruhmesblatt. Ich würde mir wünschen, Sie würden in sich gehen. Dann könnte man Ihre Ausführungen hier auch ernst nehmen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Nächste Rednerin ist für die Fraktion Die Linke Dr. Petra Sitte.

(Beifall bei der LINKEN)