Rede von Dr. med. Paula Piechotta Aktuelle Stunde „Gigabitförderung“

Dr. Paula Piechotta MdB
21.10.2022

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Frau Cotar, Sie haben recht: Wir haben das Graue-Flecken-Programm für die Stellen im Land, wo das Internet sehr langsam ist.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Frau Abgeordnete, wenn Sie noch das Präsidium kurz begrüßen würden.

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin!

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Danke.

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Entschuldigung. Ich wollte mich erst an die Vorrednerin wenden. – Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Cotar, wir haben jetzt viel über das Weiße-Flecken- und das Graue-Flecken-Programm gesprochen. Das ist ja für die Stellen im Land gedacht, wo das Internet noch nicht oder nur sehr langsam verfügbar ist. Ich kann Ihnen versprechen: Wir machen auch bald das Braune-Flecken-Programm im Zusammenhang mit einem Demokratiefördergesetz,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie der Abg. Anke Domscheit-Berg [DIE LINKE] – Joana Cotar [AfD]: Das ist billig, Frau Dr. Piechotta!)

und dann wird das völlig faktenfreie Aufzählen von aus der Luft gegriffenen Aussagen von Ihnen ebenfalls der Geschichte angehören.

Als ich hier gerade hereinkam, hat einer der Kollegen von den SPD-Mietenpolitikern gesagt: Das ist sehr würdevoll, liebe Digitalpolitiker, dass nicht unser Thema der letzte Tagesordnungspunkt am Ende der Doppelsitzungswoche sein muss. – Aber ich bin mir, ehrlich gesagt, nicht so sicher, dass eine Aktuelle Stunde zum bayerischen Landtagswahlkampf, Herr Brandl, wirklich ein würdevoller Abschluss dieser Doppelsitzungswoche ist.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Wir können uns ja anschauen, was Sie hier versuchen zu skandalisieren. Sie versuchen, zu skandalisieren, dass zum ersten Mal die Gelder – und es ist ein Programm, das auch unter Scheuer lief –

(Zuruf von der CDU/CSU: „Herr Scheuer“ heißt das!)

auch abfließen. Das ist ein Erfolg! Ich weiß, dass Sie das nicht kennen, weil das in GroKo-Zeiten nie passiert ist.

Herr Scheuer hat einen großen Anteil daran, dass es letztes Jahr einen Regierungswechsel gab. Er war nicht der einzige Grund; aber er hat mit seiner wirklich phänomenal schlechten Regierungsbilanz im Verkehrs- und Digitalisierungsministerium einen großen Anteil daran, dass es letztes Jahr diesen Regierungswechsel gab. Ich freue mich auch, dass er hier zuhört.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sagen Sie doch mal was zum Förderstopp!)

Aber wenn wir tatsächlich die Mittel, die er damals vorgeschlagen hat, einfach fortschreiben und nun die Kommunen in einer Woche – ich erinnere Sie daran: ein Jahr hat 52 Wochen – Anträge mit einem Volumen von über 450 Millionen Euro stellen, und das im ersten Jahr, in dem die Mittel des Programms, das für das ganze Jahr 3 Milliarden Euro vorsieht, abfließen, dann ist das ein Erfolg. Sie müssen sich entscheiden, ob Sie einen der wenigen Punkte, den wir von der Vorgängerregierung übernommen haben und der nun gut läuft, wirklich skandalisieren wollen oder ob Sie nicht froh sein sollten, dass Programme in diesem Land endlich laufen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das sind keine Geldflüsse, sondern nur Verpflichtungsermächtigungen! – Zuruf des Abg. Andreas Scheuer [CDU/CSU])

Ich kann ja verstehen, dass Sie von dem ablenken wollen, was in Bayern passiert; denn auch die bayerische Landesregierung hat ein Programm für die Förderung der Breitbanderschließung und des freien WLAN aufgelegt. Da standen zum Beispiel 2021 320 Millionen Euro zur Verfügung. Ich glaube, Sie wissen nicht, wie viel davon abgeflossen ist:

(Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Das Geld jetzt fließt auch nicht ab! Das sind Verpflichtungsermächtigungen!)

knapp die Hälfte, 145 Millionen. Und da sieht man, dass die Gelder des Bundes deutlich besser abfließen als die der bayerischen Landesregierung. Wenn ich mir die Haushaltsreste im bayerischen Landeshaushalt gemäß aktuellem Bericht des bayerischen Rechnungshofs anschaue – Sie haben ja gesagt, es hörten so viele bayerische Kommunalpolitikerinnen und ‑politiker zu; deswegen habe ich das noch mal herausgesucht –, dann stelle ich fest: Die Reste der Förderung der Breitbanderschließung durch die bayerische Landesregierung belaufen sich auf 149,9 Millionen Euro. Haushaltspolitikerinnen und Haushaltspolitiker haben ein Interesse daran, dass Gelder abfließen, weil sich nur dann, wenn die Gelder, die wir ins Schaufenster und in den Haushalt stellen, auch abfließen, in diesem Land etwas verändert. Das ist der Unterschied. Wir haben im BMDV noch viel zu viele Programme – diese haben wir übernommen –, wo die Gelder noch nicht abfließen.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Es geht doch nicht um den Geldabfluss!)

Wir wollen, dass Gelder abfließen. Auch Ihre Kommunen profitieren, wenn die Gelder abfließen,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Geldeinstellung ist kein Geldabfluss!)

und Sie müssen sich entscheiden, ob Sie skandalisieren, dass Programme der Vorgängerregierung, die die aktuelle Regierung fortführt, nun gut laufen, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Das ist ja peinlich! Mein Gott!)

Aber was ich auch verstehe, ist, dass Sie darauf nicht aufmerksam machen wollen. Sie sind ja dafür bekannt – es tut mir leid, dass diese Aktuelle Stunde für Sie nach hinten losgeht –,

(Lachen bei der CDU/CSU – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Sie blamieren sich gerade nach Strich und Faden!)

Programme wie zum Beispiel auf Bundesebene den DigitalPakt Schule aufzulegen, bei denen es Jahre gedauert hat, bis die Gelder überhaupt abfließen konnten. Das lag daran, dass diese Programme so schlecht konzipiert waren.

Ich verstehe auch, dass Sie beim Thema Förderstopp sehr sensibel sind, weil Sie in Bayern die Eigenheimzulage bzw. das Baukindergeld Plus – das waren sehr erfolgreiche und beliebte Programme – gestoppt haben. Da laufen Petitionen, damit diese weitergeführt werden. Wenn ich als CSU-Mitglied Landtagswahlkampf in Bayern machen müsste, würde ich auch versuchen, davon abzulenken.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Dr. Reinhard Brandl [CDU/CSU]: Was soll der Bürgermeister nächste Woche sagen?)

Lassen Sie mich zusammenfassen: Die Förderrichtlinie wird angepasst. Nächstes Jahr gibt es sogar noch viel mehr Geld, noch mal über 3 Milliarden Euro genau für diese Programme.

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Wir können nur hoffen, dass viele Leute zuschauen!)

Das, was aber in unserem gemeinsamen Interesse liegen sollte,

(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Dermaßen überheblich!)

ist, dass noch viel mehr Mittel aus Förderprogrammen des BMDV, zum Beispiel auch für den Radverkehr, deutlich besser abfließen sollten als bisher.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Sie haben nichts mehr getan für den Fahrradverkehr! Zweieinhalb Zeilen im Koalitionsvertrag!)

Das ist eine Frage der guten Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern. Das funktioniert zwischen den verschiedenen Ländern unterschiedlich gut.

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Zuruf von der CDU/CSU: Ja, das wird Zeit!)

Dr. Paula Piechotta (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wenn wir wirklich etwas für die Menschen erreichen wollen, dann arbeiten wir da besser zusammen und skandalisieren nicht Dinge, die eigentlich gut laufen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Da kommt doch noch Stimmung auf am Nachmittag; wunderbar.

(Andreas Scheuer [CDU/CSU]: Das korreliert mit der Qualität der Rede! – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Eine Überheblichkeit! Unglaublich!)

Als Nächste erhält das Wort für Die Linke Anke Domscheit-Berg.

(Beifall bei der LINKEN)