Rede von Dieter Janecek Aktuelle Stunde „Möglicher Blackout im Winter“

Foto von Dieter Janecek MdB
28.09.2022

Dieter Janecek (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Chrupalla, Sie müssen das am Ende mit Ihrem Gewissen ausmachen und sich fragen, ob Sie morgens noch in den Spiegel schauen können, wenn Sie hier als Sprachrohr der russischen Propaganda auftreten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Das tun Sie wiederholt. Sie waren letztes Jahr in Moskau auf einer Konferenz, auf der Sie die Abschaffung der Sanktionen gefordert haben,

(Tino Chrupalla [AfD]: Habe ich nicht gemacht!)

und Sie stellen hier schwurbelige Vermutungen in den Raum zu Nord Stream 2,

(Martin Reichardt [AfD]: Sie sind doch ein Schwurbler!)

zu den Anschlägen, die offensichtlich passiert sind. Sie sind derjenige, der Wladimir Putin hier im Deutschen Bundestag vertritt. Das werden wir deutlich aussprechen und Sie dabei auch beim Namen nennen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Martin Reichardt [AfD]: Was Sie aussprechen, interessiert schon lange keinen mehr!)

Die Lage ist viel zu ernst, um sich mit einer solchen Folklore länger auseinanderzusetzen. Die Lage ist so, dass die Bundesregierung nach dem Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine am 24. Februar drastische und umfassende Maßnahmen in die Wege geleitet hat. Wir haben Ende September, und die Gasspeicher sind jetzt voll. Das ist ein großer Erfolg dieser Bundesregierung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir haben gestern die Ankündigung von Robert Habeck gehört – das will ich zugestehen: das fällt uns Grünen gar nicht leicht –, dass auch die Notreserve von zwei Atomkraftwerken genutzt werden soll für den kommenden Winter, damit wir gut durch diesen Winter kommen

(Stephan Brandner [AfD]: Das dritte kommt übernächste Woche! Niedersachsen-Wahl!)

und auch entsprechende psychologische Signale an den Markt gerichtet werden.

Wir haben auch Dank zu sagen der Industrie, auch den Haushalten, die beim Thema Energieeinsparung angepackt haben, leider auch – das muss man bitter sagen – bei den hohen Preisen, die wir in den letzten Monaten vorgefunden hatten, ausgelöst durch diesen Angriffskrieg, auch zum Teil durch Produktionsstilllegungen und einen Abbau der Produktion in vielen Betrieben.

Wir handeln jetzt, indem wir Wirtschaftshilfen auf den Weg bringen. Ich gehe davon aus, dass die Bundesregierung in den nächsten Stunden auch zu einer Einigung kommt, wie wir beim Thema Gaspreisdeckel vorankommen. Und auch eine Strompreisbremse ist nicht nur im Gespräch, sondern wird zeitnah umgesetzt werden.

Es gehört aber auch zur Wahrheit: All diejenigen, die – ich habe in der Fragestunde aufmerksam zugehört – jetzt nur Negativszenarien in den Raum stellen,

(Zuruf von der CDU/CSU: Schwarzmaler!)

die immer nur die Katastrophe herbeibeschwören, leisten keine verantwortliche Oppositionsarbeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zurufe von der CDU/CSU)

Wir müssen den Menschen die Maßnahmen, die wir zur Stabilisierung der Märkte, für die Unternehmen, für die Verbraucher auf den Weg gebracht haben, erklären. Natürlich müssen wir jetzt bereit sein; denn wir kennen das Szenario des kommenden Winters nicht. Wir können nicht lügen und sagen: Wir wissen, wie alles sein wird.

(Martin Reichardt [AfD]: Sie lügen den ganzen Tag!)

Das wissen wir nicht. Aber wir können sagen, dass wir bis zum jetzigen Tag alles getan haben, um die extremsten Szenarien zu vermeiden. Das ist Wahrheit,

(Dr. Alice Weidel [AfD]: „Das ist Wahrheit“!)

und auch Wahrheit gehört in der Politik mal gesagt.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Ab und zu mal bei Ihnen!)

Persönlich neige ich nicht zu Pessimismus. Ich sage es Ihnen ganz deutlich: Wir werden jetzt aller Voraussicht nach auch sinkende Preise im Bereich Gas und auch im Bereich Strom sehen – durch die Maßnahmen der Bundesregierung, konstruktiv unterstützt von der Union in vielen Bereichen; das will ich ausdrücklich loben.

(Zurufe von der AfD: Oh!)

Wir sehen, dass wir dadurch, dass wir die Herausforderung beim Füllen der Gasspeicher angenommen haben, jetzt plötzlich in der Lage sind, wieder Gas auszuspeichern, das heißt, es dem Markt wieder zuzuführen, wodurch wieder etwas mehr Stabilität entsteht.

Wir sprechen intensiv mit unseren europäischen Partnern. Die Politik von Ihnen von der AfD ist es ja immer, isoliert zu handeln.

(Stephan Brandner [AfD]: Wir handeln richtig! Das ist der Unterschied!)

Wir handeln im europäischen Verbund. Deswegen lösen wir die Krise. Wenn wir handeln würden wie Sie, wäre unsere Volkswirtschaft längst ruiniert.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Und dass Sie hier als Büttel Russlands auftreten, ist ohnedies eine Schande für dieses Parlament; das will ich mal so deutlich sagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Das sagt der von der Kinderschänderpartei!)

Das heißt, die Szenarien im Strombereich sind: Wir handeln, wir schaffen Sicherheit, wir helfen mit entsprechenden Haushaltsmitteln. Wenn es nach uns geht, nach der Grünenfraktion, dann ist jetzt die Zeit, die finanziellen Freiräume zu nutzen. In der Haushaltspolitik ist jetzt nicht die Zeit der schwäbischen Hausfrau, um es mal so deutlich zu sagen – oder „Hausmanns“; ich wurde gerade böse angeschaut aus meiner Fraktion, zu Recht.

(Heiterkeit beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Lachen bei der AfD – Stephan Brandner [AfD]: Sehr lustig! Über die eigenen Witze lachen!)

– Sie können lachen und spotten, wie Sie wollen, aber das Problem ist, dass Ihnen außer Panikmache und Angstmache nichts einfällt. Und dann noch Ihr Verhalten hier, Herr Chrupalla. Sie stellen sich hierhin und stellen die Frage: „Wer hat denn den Anschlag auf Nord Stream 2 gemacht?“, und tun so, als wären wir das selber gewesen. Was ist denn das für ein Handeln Ihrer Fraktion? Sie tun so, als wären Sie eine nationale Opposition. Dabei sind Sie letztlich, wenn man mal Ihre Sprache nimmt, der Feind des deutschen Volkes.

(Stephan Brandner [AfD]: Sie sind ja Pazifisten! Sie machen so was nicht!)

Das wäre sozusagen die Feststellung, wenn man Ihre Sprache benutzen würde. Das, was Sie hier vorbringen, ist ja intellektuell gar nicht mehr zu fassen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD – Stephan Brandner [AfD]: Was Sie da erzählen!)

Entscheidend ist jetzt, dass wir in dieser schwierigen Zeit entschlossen handeln, aber auch, dass wir den Leuten nicht erzählen, dass alles automatisch gut wird. Es wird jetzt erst eine schwere Zeit kommen, bevor es besser wird.

(Stephan Brandner [AfD]: Das wurde früher auch schon erzählt! Erst kommt eine schwere Zeit, dann wird alles besser!)

Wir helfen gemeinsam, wir sind solidarisch. Wir helfen vor allem den Schwächsten, damit sie da durchkommen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Janecek. – Nächster Redner ist der Kollege Ralph Lenkert, Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)