Rede von Leon Eckert Aktuelle Stunde „Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst“

Leon Eckert
02.03.2023

Leon Eckert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Ob im Krankenhaus, in den Verkehrsbetrieben oder im Rettungsdienst – die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes halten dieses Land am Laufen. Dafür gebühren ihnen unsere Anerkennung und unser Respekt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die Bezahlung ist dabei eine wichtige Stellschraube. Wenn die Bezahlung nicht attraktiv genug ist, laufen wir Gefahr, für diese wichtigen Aufgaben mittelfristig kein Personal mehr zu finden und zentrale Leistungen unseres Staates nicht mehr erbringen zu können. Dabei ist die Tatsache, seine Arbeit, seine Leidenschaft in den Dienst der Gemeinschaft zu stellen, eine große Motivation. Diese kennen auch die meisten, die hier sitzen: gemeinschaftlich für die Gemeinschaft zu arbeiten.

Doch die Motivation trägt nur so lange, wie auch eine faire Bezahlung dafür sorgt, dass ein gutes Leben möglich ist. Durch die Inflation verschärft sich aber für viele Menschen in Deutschland aktuell die Situation. Deswegen kämpfen Beschäftigte zu Recht in den aktuellen Tarifverhandlungen für faire Entlohnung. Die Tarifautonomie ist in diesem Land ein hohes Gut. Ich bin der festen Überzeugung, dass eine gute Einigung zwischen Bund, Kommunen und den Beschäftigten in Aussicht steht und auch gelingen wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Deswegen möchte ich das Thema Fachkräftemangel diskutieren, weil das mitschwingt, wenn es um Bezahlung geht. Wir haben in vielen Kommunen die paradoxe Situation, dass in Räten erst mal viel geschimpft wird über langsame Verwaltungen, über nicht funktionierende Prozesse und dass gleichzeitig gefordert wird, im Personalkörper ordentlich einzusparen. Wenn man jammert, dann ist es natürlich nicht verwunderlich, dass man niemanden für Kindergärten, für die Gemeindeverwaltungen findet.

Wer mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern vor Ort spricht weiß, wie zach es ist, zum Beispiel einen Gemeinde-ITler zu finden. Manchmal kommt dann nur die schlechte Gemeinde-Homepage heraus. In manchen Fällen hängt daran aber auch die Feuerwehralarmierung, die dann nicht so klappt, wie sie eigentlich klappen sollte. Dann wird es schon etwas brenzlig, wenn wir im öffentlichen Dienst diese Stellen nicht besetzen können.

Diesen Fachkräftemangel wird eine bessere Bezahlung sicherlich nicht vollständig beheben können, aber es ist eine wichtige Stellschraube. Ich glaube, dass wir noch viele andere Ideen aktivieren müssen, um unseren öffentlichen Dienst attraktiver zu gestalten. Herr Kuhle hat schon gesagt, was alles möglich ist.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Alles ist möglich – solange es kein Geld kostet!)

Ich möchte noch mal auf den Rettungsdienst eingehen, weil diese Gruppe mir am Herzen liegt. Wenn man mit jungen Notfallsanitäterinnen und ‑sanitätern spricht, dann erzählen die einem: Aus der Abschlussklasse sind die meisten schon wieder aus dem Rettungsdienst raus, weil der Job einfach sehr hart ist: sehr lange Schichten, Bereitschaftsdienst. In vielen Städten ist die Bereitschaftszeit aber ein Dauereinsatz, weil einfach so viele Einsätze nacheinander reinkommen.

Gerade in dieser Berufsgruppe ist Handlungsbedarf dringend erforderlich. Dieser Handlungsbedarf äußert sich, glaube ich, in erster Linie darin, dass wir von der Arbeitszeit runterkommen müssen. Es muss auskömmlich sein, im Rettungsdienst zu arbeiten, aber mit weniger Arbeitsbelastung. Gleichzeitig müssen wir aber motivieren. Wir müssen es schaffen, Teilzeitmodelle, Jobsharing zu ermöglichen, die Bereitschaftszeiten zu reduzieren. Besonders verwerflich ist, dass private Anbieter von Rettungsdiensten aus der Tarifbindung rausgehen, um auf Kosten dieses harten Jobs noch Gewinn zu machen. Ich glaube, wir sind uns einig, dass wir beim Rettungsdienst genau da angreifen müssen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Diese Arbeitszeitverkürzung, glaube ich, ist nicht nur im Rettungsdienst überlegenswert, sondern im gesamten öffentlichen Dienst. Es gibt jetzt einige ganz spannende Modelle, in denen die Viertagewoche ausprobiert wird, bei der die gleiche Effizienz bei gleichem Lohn herrscht, aber nur vier Tage gearbeitet wird. Ich glaube, wenn wir in Zukunft den öffentlichen Dienst trotz Motivation, für die Gemeinschaft zu arbeiten, attraktiv halten wollen, dann muss man, glaube ich, auch offen über eine Innovation der Arbeitszeit nachdenken. Hier ist die Viertagewoche ein gutes Beispiel, um sie in Verwaltungen, in Rathäusern, in Kindertagesstätten auszuprobieren, um auch in Zukunft viele motivierte Menschen für den öffentlichen Dienst zu finden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Heute und morgen sind viele Leute unterwegs, die streiken. Ich wünsche ihnen viel Erfolg dabei, ihre Anliegen voranzubringen. Bei mir in der Freiwilligen Feuerwehr habe ich mal ein bisschen rumgefragt, wer alles unterwegs ist. Es sind doch mehr als man denkt, ehrenamtlich und im Beruf für die Gemeinschaft unterwegs. Für sie alle gilt: Toi, toi, toi und viel Erfolg!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Jetzt erhält Dr. Volker Redder für die FDP-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)