Rede von Lisa Paus Allgemeine Finanzdebatte

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22.03.2022

Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich finde, der vorliegende Haushalt kann sich wirklich sehen lassen.

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Es ist der erste der Ampelregierung. Er unterscheidet sich im Volumen nicht von dem der Vorgängerregierung; aber jetzt ist ein anderer Inhalt drin, meine Damen und Herren. Dieser Haushalt trägt bereits die Ampelhandschrift.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Zuruf von der AfD)

Besonders wichtig: Über 200 Milliarden Euro für Klimaschutz und Transformation wird es in den kommenden fünf Jahren geben und ein erstes umfangreiches Entlastungspaket von mehr als 16 Milliarden Euro; darin enthalten allein für dieses Jahr der Einstieg in die Kindergrundsicherung, ein Kindersofortzuschlag von 20 Euro pro Kind und Monat für die Ärmsten unserer Gesellschaft,

(Zuruf von der AfD: 20 Euro!)

ein Heizkostenzuschuss von 270 Euro, ein Einmalzuschlag zur Grundsicherung von 100 Euro, die Abschaffung der EEG-Umlage zur Senkung der Stromkosten,

(Zuruf von der AfD: Ein Witz!)

eine Erhöhung des steuerlichen Grundfreibetrags um 363 Euro schon in diesem Jahr, die Verlängerung der Homeoffice-Pauschale bis zum Ende dieses Jahres und die Anhebung des Arbeitsnehmerpauschbetrags um 200 Euro und eine ganze Reihe weiterer Maßnahmen. Ich finde, für den Einstieg ist es wirklich gut darstellbar.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir erleben heute den 27. Tag dieses furchtbaren Angriffskrieges von Putin auf die Ukraine. Dieser Krieg findet nicht nur unmittelbar an unserer EU-Außengrenze und an unserer NATO-Bündnisgrenze statt, er fordert uns nicht nur moralisch und fordert nicht nur unsere Solidarität – durch Waffenlieferung, durch die Aufnahme von Flüchtenden, durch die Stärkung unserer Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit –, er stellt auch uns hier heute schon vor existenzielle Herausforderungen; das hat die Debatte über die beschlossenen Wirtschafts- und Finanzsanktionen gegen Russland bereits gezeigt.

Wirtschaftsminister Habeck und das ganze Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz arbeiten mit Hochdruck daran – mit dem sogenannten Osterpaket –, uns von den fossilen Energien unabhängig zu machen. Wir wollen den Ausbau der Erneuerbaren verdreifachen, um die Energieversorgungssicherheit zu verbessern. Wir wollen den Energieverbrauch durch ein ganzes Bündel von Energieeffizienzmaßnahmen senken; denn jede einzelne eingesparte Kilowattstunde hilft, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Aber was jahrelang in die falsche Richtung ging, werte Kollegen von der Union – ich sage nur: 10-H-Regelung für Windkraftanlagen, Nord Stream 2, Verkauf der Gasspeicher –, das kann selbst ein grüner Wirtschaftsminister nicht binnen weniger Wochen ungeschehen machen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

So schießen eben die Gaspreise derzeit durch die Decke,

(Zuruf von der AfD: Eine Schande ist das!)

obwohl im Moment sogar mehr Erdgas geliefert wird als vor dem Krieg. Und auch die Ölpreise waren zwischenzeitlich auf einem Allzeithoch, auch wenn sie inzwischen wieder auf unter 100 Dollar pro Barrel gefallen sind. Es ist gut, dass das Bundeskartellamt jetzt die Spritpreise überprüft. Auch die Gaspreise gehören auf den Prüfstand. Denn es wäre klimapolitisch verheerend, wenn Putins Krieg jetzt riesige Kriegsgewinne in alle fossilen Energieunternehmen spülen würde

(Dr. Gesine Lötzsch [DIE LINKE]: Ist doch schon so!)

und ihnen damit ein letztes Aufbäumen ermöglichen würde. Allein jetzt ist es so, dass 24 der größten Mineralölkonzerne der Welt auf 9 000 ungenutzten Förderlizenzen sitzen, die sich plötzlich alle wieder lohnen könnten angesichts der astronomischen Preise. Das darf nicht passieren, meine Damen und Herren!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen gehört auch die Einführung einer Übergewinnsteuer, gehört jeder Vorschlag, der geeignet ist, diese Oligopolgewinne abzuschöpfen, auf den Tisch, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und wir brauchen ein weiteres großes Entlastungspaket. Es muss sozial ausgewogen sein, es muss effektiv sein, und es muss nachhaltig sein. Sonst können viele den drastischen Energiepreisanstieg und auch den Anstieg der Nahrungsmittelpreise nicht stemmen. Deswegen arbeitet diese Koalition mit Hochdruck daran, in diesen Stunden, dieses Paket fertig zu schnüren. Denn es gibt schon jetzt Schätzungen, dass die Inflationsrate allein wegen des Anstiegs der Gaspreise um 2,5 Prozentpunkte zusätzlich steigen wird in diesem Jahr; insgesamt könnte sie sogar auf 7 Prozent steigen. Bei einem Embargo würde die Inflation zumindest kurzfristig sogar zweistellig werden.

Angesichts dieser großen Unsicherheit sind wir gut beraten, mit Augenmaß auf diese Herausforderungen zu reagieren, aber eben finanzpolitisch auch angemessen und nicht dogmatisch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dabei kann man sich, bei uns jedenfalls, auf eines verlassen: Wir halten uns an die Gesetze der Mathematik. Bei der CDU/CSU ist das leider anders. Die CDU/CSU fordert ein Energielieferembargo und eine Spritpreisbremse; um mindestens 40 Cent pro Liter müsse entlastet werden – so Herr Spahn im „Morgenmagazin“ –, gleichzeitig sollen natürlich keine neuen Schulden gemacht werden. Das ist Voodoo; das ist unseriös, und ich würde mich wirklich freuen, wenn diese Union mal wieder eine Politik machen würde, die man ernst nehmen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Mit dem vorliegenden Haushalt und auch mit dem Ergänzungshaushalt sowie weiteren Maßnahmen werden wir Putin in dieser schweren Zeit jedenfalls klar entgegentreten und damit unseren Beitrag dafür leisten, dass wir hoffentlich bald wieder eine friedliche Zukunft haben.

Herzlichen Dank.

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Christian Görke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)