Foto von Kirsten Kappert-Gonther MdB
17.11.2023

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Diesen Hass, diese Hetze lassen wir jetzt einmal dort auf der Seite und beschäftigen uns wieder mit Gesundheitspolitik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Dann fangen Sie mal an!)

Man muss ja, liebe Kolleginnen und Kollegen der Union, auch einmal die Kirche im Dorf lassen. Arzneimittellieferengpässe machen vielen Bürgerinnen und Bürgern Angst. Es ist eine bedrohliche Situation, wenn man befürchten muss, in den Apotheken auf leere Regale zu stoßen; noch schlimmer, wenn es um die eigenen Kinder geht. Gerade weil dieses Thema Angst macht, darf es nicht instrumentalisiert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Eine Ursache: Pharmaunternehmen gucken auf die Wirtschaftlichkeit von Arzneimitteln und ziehen sich teilweise aus versorgungsrelevanten Wirkstoffen zurück, wenn die Margen kleiner werden. Und genau darum haben wir vor einigen Monaten das Arzneimittel-Lieferengpassbekämpfungs- und Versorgungsverbesserungsstärkungsgesetz beschlossen.

(Lachen bei der AfD – Tino Sorge [CDU/CSU]: Hat ja super funktioniert!)

Es adressiert viele Probleme und deren Ursachen bereits.

Sie fordern ein EU-Frühwarnsystem. Das ist bereits Teil der EU-Arzneimittelrevision.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Drohende Engpässe und Lücken in den Lieferketten müssen übermittelt werden. Schon beschlossen haben wir eine Bevorratungspflicht von sechs Monaten für alle Medikamente in Rabattverträgen. Auch das ist ein wichtiger Baustein, um die Versorgungssicherheit herzustellen.

Noch weiter gehend sind die neuen Regeln für Medikamente für Kinder. Hersteller von Kinderarzneimitteln können höhere Preise abrechnen. So bleiben sie auch wirtschaftlich attraktiv. Dabei ist nicht alles, was wirtschaftlich attraktiv ist, auch medizinisch sinnvoll.

Ressourcen müssen bedarfsgerecht eingesetzt werden. Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Lieferengpässe betreffen auch Erwachsene und Kinder mit psychischen Erkrankungen. Meine Beobachtung als Fachärztin für Psychiatrie ist, dass beispielsweise Antidepressiva auch deshalb verordnet werden, weil Zugänge zu anderen Therapieformen wie Psychotherapie zu eng sind, und das ist nicht gut.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es wurde auch viel zu lange der Tatsache viel zu wenig Beachtung geschenkt, dass Psychopharmaka nicht automatisch eine Dauermedikation sein müssen und zur Gewöhnung führen können. Es muss immer wieder überprüft werden, welche Medikationen tatsächlich erforderlich sind.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP)

Aber abruptes Absetzen kann gefährlich werden. Es darf nicht passieren, dass ein Medikament aufgrund von Arzneimittelknappheit abgesetzt werden muss. Und dafür, genau dafür haben wir als Ampel bereits Maßnahmen auf den Weg gebracht, die zum Teil etwas Zeit – so wie im Übrigen auch manche Medikamente – für die volle Entfaltung der Wirkung benötigen.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Dr. Petra Sitte, Fraktion Die Linke, ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der LINKEN)