Rede von Anja Hajduk Bankenunion

13.12.2018

Anja Hajduk (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Der Antrag der AfD-Fraktion lässt sich wie folgt zusammenfassen: 17 Seiten Beschwerde, 1 Seite realitätsferne Scheinlösungen. Es zeigt sich erneut: Die AfD versteht die Lage der Dinge falsch und zieht dementsprechend auch nicht die richtigen Schlüsse.

Als vermeintliche einzige Antwort bieten Sie an: Deutschland soll alles ablehnen, so tun, als könne es sich abkapseln und als stünde es allein ohnehin besser da. Es ist aber schlichtweg realitätsfern, anzunehmen, dass abkapseln überhaupt eine Möglichkeit darstellt, insbesondere in Bezug auf den Bankenmarkt.

Denn es gibt in der Euro-Zone keine rein nationalen Bankenmärkte mehr, es ist längst ein Finanzbinnenmarkt entstanden. Uns betrifft damit, was mit den Banken in anderen Euro-Ländern passiert. Wir haben selbst enorm große Banken, die stark innerhalb der Euro-Zone verflochten sind. Es ist daher in unserem Interesse, diesen Finanzbinnenmarkt stabiler und sicherer zu machen, damit in Zukunft auch keine Steuergelder mehr für die Rettung von Banken verwendet werden müssen. Deswegen ist die Weiterentwicklung der Bankenunion dringend notwendig; denn Sicherheit und Stabilität in einem europäischen Finanzmarkt entstehen durch starke, verlässliche und transparente gemeinsame Instrumente, nicht durch die Abwesenheit derselben.

Denn es ist völlig klar: Ohne gemeinsame Regeln und Instrumente steigt die Wahrscheinlichkeit, dass am Ende doch wieder Steuergelder für die Rettung von Banken eingesetzt werden müssen. Vor diesem Hintergrund sind Ihre Rufe nach Abschottung schlicht verantwortungslos gegenüber den Bürgerinnen und Bürgern.

Folgende Punkte möchte ich zur aktuellen Lage der Bankenunion sagen.

Erstens begrüßen wir, dass sich der Rat für Wirtschaft und Finanzen bei seiner letzten Sitzung auf die Letztsicherung, den sogenannten Backstop, für den einheitlichen Abwicklungsfonds geeinigt hat. Das ist ein wichtiger Schritt, damit in Zukunft nicht mehr Steuerzahler für die Rettung von Banken aufkommen müssen. Es ist auch gut, dass hierdurch der ESM entscheidend in Richtung eines Europäischen Währungsfonds weiterentwickelt wurde, auch wenn wir einige Aspekte, zum Beispiel die Kriterien für die Vergabe vorsorglicher Kredite, kritisch sehen. Damit nicht am Ende doch noch Steuergelder die Lücke füllen müssen, muss die Letztsicherung jedoch glaubwürdig sein. Wir haben daher Bedenken, ob das geplante Volumen der Letztsicherung ausreicht, wenn es nicht größer sein darf als das des Abwicklungsfonds selbst. Außerdem sind im Krisenfall klare und kurze Entscheidungsprozesse wichtig, um Unsicherheit an den Finanzmärkten zu begrenzen. Diese Prozesse bedürfen auch bei Letztsicherung noch weiterer Ausarbeitung; denn noch bleiben viele Unsicherheiten. Die Bundesregierung muss hier auch die Einbindung des Bundestags klären.

Zweitens bleibt die Bankenunion ohne eine europäische Einlagensicherung unvollständig. Denn Krisen werden unwahrscheinlicher, wenn ein Euro überall gleich sicher ist, egal ob er bei einer deutschen, niederländischen oder slowenischen Bank angelegt ist. Das reduziert die Gefahr nationaler „Bank Runs“.

Natürlich muss die genaue Ausgestaltung einer Einlagensicherung diskutiert werden. Wir schlagen die Einlagensicherung als Rückversicherung vor, damit die europäische Sicherung erst eingreift, wenn die nationale überfordert ist. Bei so einer Versicherung muss ich nicht davon überzeugt sein, dass alle Mitglieder in meinem Interesse handeln. Sie ist trotzdem gut; denn sie schützt im Zweifelsfall vor Schaden. Die deutschen Sparkassen und Genossenschaftsbanken könnten in so einem System auch weiter auf ihre bewährten Institutssicherungssysteme setzen.

Es ist total unbefriedigend, dass es bei der Einlagensicherung auf europäischer Ebene nur in Trippelschritten vorangeht: Der Rat für Wirtschaft und Finanzen hat lediglich beschlossen, eine Roadmap zu erarbeiten, um zu bestimmen, wann Verhandlungen beginnen können. Die Bundesregierung trägt hier auch nicht zu Fortschritt und Klarheit bei: Sie fordert ausreichende Risikoreduzierung als Voraussetzung für Verhandlungen, nennt aber keine Kriterien, wann dies erreicht ist. So droht das Thema immer weiter in die Zukunft verschoben zu werden.

Zuletzt dürfen all diese Forderungen nicht so verstanden werden, als wollten sie die Banken aus der Verantwortung entlassen. Ihre Risiken müssen in allen Euro-Ländern weiter abgebaut werden, auch in Deutschland. Was alles geschehen muss, damit die Banken sicherer werden, hat Gerhard Schick heute bei der Diskussion über die Finanzwende genau erläutert. Ein Beispiel ist die Erhöhung des risikounabhängigen Eigenkapitals in Richtung 10 Prozent. In Europa müssen wir uns in diesem Kontext auch die nach wie vor starke Verflechtung zwischen Staat und nationalen Banken anschauen; denn ein aktueller Bericht des DIW zeigt: Übermäßiges Investieren in nationale Staatsanleihen ist nach wie vor weit verbreitet, auch bei deutschen Banken. Damit droht eine Krise des Landes zu schnell automatisch auch zu einer Bankenkrise zu führen.

Wir wünschen uns, dass es in den genannten Bereichen weiter vorangeht. Wir müssen besser vorsorgen, um für zukünftige Krisen besser gewappnet zu sein. Wenn wir gemeinsam in Europa die negativen Auswirkungen von Krisen auf die Bürgerinnen und Bürger verringern können, würde das zeigen, dass wir im Gegensatz zur AfD-Fraktion aus der Vergangenheit gelernt und für die Zukunft die richtigen Schlüsse gezogen haben.