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07.05.2021

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister Seehofer! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Frühere Baugesetzbuchnovellen haben sich dadurch ausgezeichnet, dass man dem besonderen Charakter dieses Gesetzes Rechnung getragen hat. In der Regel gingen dem, was man dann ins Baugesetzbuch geschrieben hat, aufwendige Planspiele und Simulationen voraus: zig Berichterstatterrunden, viele öffentliche Debatten und Anhörungen und eben kein politisches Klein-Klein, weil die Baunutzungsverordnung, das Baurecht, sich eben nicht für das parteipolitische Spiel eignet.

In aufwendigen Verfahren wurden also die Baugesetzbuchnovellen vorbereitet. Wenn man sich nun das Verfahren der letzten vier Jahre anschaut, dann muss man einfach sagen: Dieses Verfahren war ein Trauerspiel. Das war nicht nur Corona geschuldet; vielmehr hat der Dauerstreit der Großen Koalition untereinander, der Streit zwischen CDU und Horst Seehofer, zwischen SPD und Union das Verfahren zur Novelle des Baugesetzbuches gelähmt. Dieses Verfahren war dem Baugesetzbuch unwürdig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der LINKEN)

Weder von der Form her noch vom Inhalt her ist diese Novelle auf der Höhe der Zeit. Zum Inhalt will ich das an zwei Punkten deutlich machen.

Erstens. Unser Hauptkritikpunkt ist die Wiederinkraftsetzung des § 13b – Bauen im Außenbereich – und zwar, Sören Bartol, ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, ohne Bürgerbeteiligung, ohne Ausgleichsflächen; das finden wir ungeheuerlich. Deswegen beantragen wir die Aufhebung. Ich sage es noch mal: Ohne Umweltverträglichkeitsprüfung, ohne Bürgerbeteiligung und ohne Ausgleichsflächen ist es nun möglich, die Flächennutzungspläne zu umgehen.

(Sören Bartol [SPD]: Dann sagt das doch mal dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten!)

Das bedeutet noch mal eins obendrauf auf den Flächenverbrauch – da bleibt mir echt die Spucke weg –, und das in einer Zeit, in der die SPD die Umweltministerin stellt.

(Sören Bartol [SPD]: Dann ändert es doch wieder! Ihr regiert doch da!)

Gehen Sie mal auf die Seite der SPD-Umweltministerin. Da steht – Stichwort „Nachhaltigkeitsstrategie“ –: Das Ziel ist die Reduktion des Flächenverbrauchs auf unter 30 Hektar pro Tag bis zum Jahr 2030. – Das erreichen wir so nicht.

(Zurufe von der SPD)

Das ist ein weiteres gebrochenes umweltpolitisches Versprechen der SPD. Das muss man sich klarmachen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: Scheinheilig! Ihr seid scheinheilig!)

Jeden Tag wird eine Fläche von 73 Fußballfeldern versiegelt. Das ist zu viel.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, da möchte ich Ihnen eins sagen: Na, prost Mahlzeit! Sie handeln nach dem Motto „Wer seine Heimat liebt, versiegelt sie“. Da machen wir Grüne nicht mit. Deswegen gibt es heute dazu eine namentliche Abstimmung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU und der SPD)

Zweitens zum Umwandlungsschutz. Es ist ja alles richtig, was Sie zum Umwandlungsschutz gesagt haben; den brauchen wir dringend. Und es ist gut, wenn die Kommunen hier mehr Rechte erhalten. Aber warum ermächtigen Sie die Länder, darüber zu entscheiden, ob eine Kommune den Umwandlungsschutz anwenden kann oder nicht? Das macht doch gar keinen Sinn. Damit bringen Sie ganz klar zum Ausdruck: Sie hegen ein Misstrauen gegenüber den Kommunen, und deswegen ermächtigen Sie die Länder. Wir Grüne wollen, dass die Kommunen selber, also ohne Landesverordnung, entscheiden können, dass Umwandlung gebremst wird.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Sören Bartol [SPD]: Ja, genau, und bei § 13b dann nicht, oder was?)

Sie schmeißen den Konflikt, den Sie haben, den Ländern vor die Türe.

Die Regelung zur Umwandlung wird zu einem Flickenteppich in Deutschland führen. Wir halten das grundsätzlich für falsch.

(Sören Bartol [SPD]: Die größte Schaumschlägerpartei Deutschlands! – Weitere Zurufe von der SPD)

Wir lehnen die vorliegende Novelle ab, weil sie nicht das hält, was sie verspricht. Sie ist systematisch falsch. Und ich sage noch eins: Nicht nur der Umwandlungsschutz ist an diese Verordnung geknüpft, die Vorkaufsrechte auch, die Baugebote auch.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, Sie müssen zum Schluss kommen.

Christian Kühn (Tübingen) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Aber der § 13b nicht. Das ist der Hohn dieser Gesetzesnovelle, und deswegen können wir nicht zustimmen.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf der Abg. Dr. Barbara Hendricks [SPD])

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Herr Kollege Kühn. Sie haben es ja richtig geschafft, Stimmung in den Plenarsaal zu bringen.

(Christian Kühn [Tübingen] [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war mein Ziel, Herr Präsident!)

Nur zur Information, Frau Kollegin: Zwischenfragen können nicht mehr zugelassen werden, wenn die Redezeit bereits abgelaufen ist.

(Zuruf der Abg. Steffi Lemke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nächster Redner ist der Kollege Ulrich Lange, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)