Anja Liebert
15.06.2023

Anja Liebert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Schneller, einfacher und digitaler: Das sollte die Überschrift für den Gesetzentwurf „Stärkung der Digitalisierung im Bauleitplanverfahren“ sein. In diesem Gesetzentwurf – wir haben das gerade schon gehört – steckt aber viel mehr drin, als der Titel vermuten lässt, nämlich auch der beschleunigte Ausbau der erneuerbaren Energien, das Thema Klimaanpassung und die Vereinfachung von Verfahren. Denn wir müssen bei vielen Prozessen schneller und effizienter werden, um wettbewerbsfähig zu bleiben und gleichzeitig die großen Herausforderungen hin zu einer nachhaltigen Zukunft zu bewältigen.

Als Ampel haben wir uns vorgenommen, entbehrliche Bürokratie abzubauen und die Digitalisierung zu stärken. Das werden wir tun, indem in Zukunft die Bauleitplanung auf Landesebene auf einer Internetplattform abgewickelt werden kann und auch digitale Lösungen für die Bürgerinnenbeteiligung geschaffen werden.

Mit den Änderungen im Baugesetzbuch haben wir weitere Potenziale für den Ausbau der erneuerbaren Energien geschaffen, und wir schaffen Anreize für die Doppelnutzung von Flächen. Zum Beispiel können in Gewerbe- und Industriegebieten die gewerblichen Tätigkeiten und erneuerbare Energien besser kombiniert werden. Auch im Außenbereich können wir Flächen viel effizienter und besser nutzen, indem wir Agri-PV-Anlagen schneller und einfacher zulassen können.

Aber wir müssen auch die Klimaanpassung weiter voranbringen. Denn wir können es täglich in der Welt und auch bei uns hier in Deutschland beobachten: Der Klimawandel ist Realität und verändert unsere Lebensgrundlagen. Natur- und Umweltkatastrophen werden uns häufiger heimsuchen, ob Hochwasser, Stürme, Starkregen, Dürre oder Flächenbrände.

Wir haben die Lehre aus der verheerenden Katastrophe im Ahrtal und in NRW gezogen. Mit der neuen Katastrophenklausel können die Bundesländer in Zukunft Wiederaufbaugebiete definieren. Dann werden dort die Vorschriften des Baugesetzbuches teilweise und befristet ausgesetzt. Wozu ist das nötig? Wir müssen nach einer Katastrophe schnell die Versorgung mit Wohnraum wieder sicherstellen und einen erleichterten Wiederaufbau der technischen und sozialen Infrastruktur – es wurde gerade angesprochen: Schulen, Kitas, Sportstätten – bewerkstelligen.

In den Beratungen zur Katastrophenklausel ist bei der Expertenanhörung und auch in den Gesprächen mit Betroffenen und Verantwortlichen aus Politik und Verwaltung deutlich geworden: Es gibt ein Spannungsverhältnis zwischen dem schnellen Wiederaufbau und einer langfristigen Zukunftsplanung, die auch Klimaanpassung berücksichtigt; denn wir brauchen in Zukunft resiliente und widerstandsfähige Siedlungsstrukturen. Uns ist ein guter Kompromiss gelungen. Es kann jetzt an gleicher Stelle hochwasserangepasst gebaut werden oder vielleicht besser an anderer Stelle gebaut werden. Aber am Ende müssen die Dörfer und Städte zukunftssicher sein. Für uns Grüne ist dabei wichtig: Umweltverträglichkeitsprüfungen sind weiter verpflichtend, und wenn Bauflächen neu ausgewiesen werden, werden an anderer Stelle versiegelte Flächen entsiegelt oder Ausgleichszahlungen erhoben.

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Frau Kollegin, jetzt muss ich aber Ihre Rede entsiegeln, weil die Redezeit um ist.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Anja Liebert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

So vereinbaren wir unsere Verantwortung für eine nachhaltige Zukunft mit dem Blick auf das Machbare.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt:

Vielen Dank. – Für die AfD spricht Carolin Bachmann.

(Beifall bei der AfD)