Lisa Paus (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN): Die Bundesregierung legt uns nun nach eineinhalb Jahren der Beratung und drei Referentenentwürfen ihren Vorschlag zur Umsetzung der Anti-Steuervermeidungs-Richtlinie ATAD vor. Mit in das Paket geschnürt hat sie noch eine Reform der Körperschaftsteuer. Dahinter verbirgt sich, wie wir wissen, das Optionsmodell für Personengesellschaften.
Leider haben die eineinhalb Jahre scheinbar nicht ausgereicht, um eine Regelung zu treffen, die der Steuervermeidung durch Gewinnverschiebungen und ähnliche Tricks tatsächlich etwas entgegensetzt. Das beginnt schon mit dem vorgesehenen Substanznachweis im Außensteuerrecht. Kleine und mittlere Unternehmen werden hier strukturell benachteiligt, für große Konzerne aber sind die Anforderungen ein Witz. Damit schafft man eine Regelung die dort, wo es wirklich brennt, keinerlei Auswirkung haben wird.
Zudem hat man sich – entgegen der vorangegangenen Entwürfe – von einer Regelung der konzerninternen Finanzbeziehungen verabschiedet. Mit solchen Krediten, bei denen Konzernschwestern ihre Gewinne mithilfe überteuerter Zinsen beliebig hin- und herschieben, wird heute ein Drittel der globalen Gewinnverschiebungen abgewickelt. Die Steuerbehörden bleiben damit hilflose Zuschauer, während diese seit Jahren bekannte Praxis munter weitergeht.
Die Regelung räumt auch weiterhin nicht mit der paradoxen Ausnahme der Investmentfonds aus der Hinzurechnungsbesteuerung auf. Seit der Reform des Investmentsteuerrechts und der Abkehr vom Transparenzprinzip ist nämlich nicht mehr zu rechtfertigen, dass Investmentfonds von der Besteuerung ausgenommen werden.
Die geplante Umsetzung bleibt zu unserem Bedauern auch mit Blick auf die Niedrigsteuergrenze reichlich vage. Mit der Öffnungsklausel wird die jetzige Festsetzung bei 25 Prozent zum Wackelkandidaten, und das schwächt die Position Deutschlands in den gerade Fahrt aufnehmenden Verhandlungen um eine internationale Mindestbesteuerung. Hier hätte es mehr Mut gebraucht, mehr Entschlusswillen und einen klaren Blick nach vorne.
Viel Besseres gibt es leider auch nicht über das Gesetz zur Modernisierung der Körperschaftsteuer zu sagen. Lange wurde darüber geredet, jetzt kommt es tatsächlich: Ein Optionsmodell für Personenhandelsgesellschaften. Doch was Sie hier vorschlagen, macht die Unternehmensbesteuerung weder einfacher noch gerechter. Schlimmer noch: Sie verschärfen so weiter den unfairen Wettbewerb zwischen kleinen und mittelständischen Betrieben und internationalen Großkonzernen. Denn für die meisten kleineren Betriebe wird die Ziehung der Option wegen des damit verbundenen erheblichen Umstellungsaufwandes kaum eine ebensolche sein. Verbunden ist die Reform dabei mit massiven Rechtsunsicherheiten, die durch das Auseinanderfallen von zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Qualifikation entstehen. Das betrifft beispielsweise die umsatzsteuerliche Behandlung der Optionsgesellschaften.
Stattdessen hätte es eine Reform der völlig ineffizienten Thesaurierungsbegünstigung gebraucht, indem die „last in, last out“-Regel beseitigt und den Unternehmen so die dringend benötigte Flexibilität und Liquidität gewährt wird.
Was hier zur Debatte steht, wird die Unternehmensbesteuerung weiter verkomplizieren. Das Körperschaftsteuer-Modernisierungsgesetz verdient seinen Namen so nicht.