Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
27.04.2023

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Herr Minister! Kolleginnen und Kollegen! Die betriebliche Mitbestimmung ist gelebte Partizipation und Demokratie. Dabei ist es zentral, dass die Beschäftigten sich einmischen, mitreden und aktiv ihre Arbeitswelt mitgestalten. Deshalb muss natürlich auch die anstehende Transformation mitbestimmt sein. Das sagen wir Grünen schon lange. Das ist uns wichtig. Wir wollen, dass die Beschäftigten in den Betriebsräten und über die Betriebsräte den Klimaschutz und die Digitalisierung mitgestalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wenn die Wirtschaft digitaler und nachhaltiger wird, verändert sich natürlich die Arbeitswelt. Das ist aber nichts, was einfach über uns hereinbricht. Wenn die Rahmenbedingungen stimmen, dann entstehen natürlich auch Chancen, dann können auch die Beschäftigten davon profitieren, dann kann der Strukturwandel auch zu mehr Vereinbarkeit, mehr Zeitsouveränität, mehr Gesundheitsschutz und zu einer höheren Arbeitszufriedenheit führen.

Diese Chancen können durch mehr Mitbestimmung entstehen; denn die Betriebsräte sind ja häufig – das wurde schon gesagt – die Treiber von Innovation in den Betrieben. Dieses Engagement wollen wir durch Augenhöhe stärken, mit einer betrieblichen Mitbestimmung, die zu den Veränderungen in der Arbeitswelt passt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Die angesprochenen Herausforderungen – Digitalisierung, Transformation, aber übrigens auch den Fachkräftemangel und den demografischen Wandel – schaffen die Unternehmen nur gemeinsam mit engagierten Belegschaften. Dabei geht es ganz zentral um das Thema Qualifizierung. Hier passiert viel zu häufig noch viel zu wenig, und deshalb brauchen die Betriebsräte ein Mitbestimmungs- und Initiativrecht über die Anpassungsqualifizierung hinaus.

Wenn es um die ökologische Transformation geht, dann brauchen die Betriebsräte unbedingt ein Mitbestimmungsrecht zur Verbesserung der Klimabilanz in den Unternehmen. Denn eines ist klar: Wenn sich die Wirtschaft, wenn sich die Arbeitswelt verändert, dann ist es auch an der Zeit für ein Update bei der Mitbestimmung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Deshalb ist es gut, dass die Mitbestimmung seit einiger Zeit umfassend diskutiert wird. Der DGB hat im letzten Jahr gleich einen ganzen Gesetzentwurf für ein modernes Betriebsverfassungsgesetz vorgelegt; wir Grünen haben bereits in der letzten und vorletzten Wahlperiode Vorschläge zur Mitbestimmung hier im Bundestag eingebracht, und auch Die Linke bringt heute wieder Anträge ein und legt viele Forderungen auf den Tisch.

In dieser öffentlichen Debatte geht es zum einen um den Strukturwandel; aber es geht immer auch um die weißen Flecken bei der Mitbestimmung. Natürlich gibt es Betriebe, in denen die Zusammenarbeit mit den Belegschaften wunderbar funktioniert. Es gibt aber auch Unternehmen, bei denen der Betriebsrat behindert und Betriebsratswahlen verhindert werden. Die dabei eingesetzten Mittel sind teilweise extrem; sie können nur als „Union Busting“ bezeichnet werden. Das darf in einer demokratischen Gesellschaft nicht sein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Dazu passt auch eine Forderung von der Fraktion Die Linke, die auch wir schon lange auf dem Zettel haben. Es geht um die Beschäftigten im Betriebsrat, die sachgrundlos befristet sind; denn sie haben häufig wegen ihrer Arbeit im Betriebsrat keine Chance, übernommen zu werden. Im Gegenteil: Sie müssen als Erste gehen – mit der Konsequenz, dass dann immer wieder Nachwahlen notwendig werden. Deshalb sollen sie den gleichen Schutz wie Auszubildende bekommen; denn die Arbeit der Betriebsräte lebt natürlich von Kontinuität.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Es wird deutlich – ich erzähle hier kein Geheimnis –, dass wir Grünen bei der Mitbestimmung weiter gehen würden als das, was die Ampelkoalition vereinbart hat. Und doch haben wir natürlich im Koalitionsvertrag wirkliche Verbesserungen vereinbart:

(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Sie ändern aber das Gesetz, nicht den Koalitionsvertrag!)

Die Gewerkschaften werden endlich ein digitales Zugangsrecht für den Betrieb bekommen. Die Behinderung von Betriebsräten werden wir stärker verfolgen, indem wir es zu einem Offizialdelikt machen. Wir werden uns auch das Betriebsrätemodernisierungsgesetz noch mal ganz genau anschauen, das übrigens – ich sage es noch mal – früher Betriebsrätestärkungsgesetz geheißen hat; aber das ist ja auf Bestreben der Union verändert worden.

(Dr. Ottilie Klein [CDU/CSU]: Und jetzt? Wo ist das Problem?)

Und wir erleichtern dann auch noch die Arbeit der Betriebsräte ganz praktisch, indem sie künftig selber entscheiden können, ob sie digital oder analog arbeiten möchten.

Das alles sind Verbesserungen. Sie werden tatsächlich kommen. So werden wir die Mitbestimmung effektiv stärken.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für die AfD-Fraktion hat das Wort Jürgen Pohl.

(Beifall bei der AfD)