Rede von Beate Müller-Gemmeke Betriebsräte

Foto von Beate Müller-Gemmeke MdB
22.03.2024

Beate Müller-Gemmeke (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen der demokratischen Fraktionen! Kurz das Wichtigste vorab: Das Gesetz zur Betriebsratsvergütung ist dringend notwendig. Es geht um klarstellende gesetzliche Maßnahmen, die Rechtssicherheit für Betriebsräte, aber auch für die Unternehmen schaffen. Das Gesetz hilft also allen Beteiligten.

Gut ist auch, dass eine Kommission mit ausgewiesenen Fachleuten Vorschläge erarbeitet hat. Die Sozialpartner, also die Gewerkschaften und die Arbeitgeberverbände, haben die Vorschläge geprüft und für gut befunden. Es ist also eine breit unterstützte Reform.

Das Gesetz ist vor allem wichtig, weil die Vergütungen von Betriebsratsmitgliedern fair sein müssen. Das ist eine Frage der Gerechtigkeit, aber auch ein Stück weit eine Voraussetzung dafür, damit sich Beschäftigte weiterhin in Betriebsräten engagieren. Das ist uns Grünen besonders wichtig; denn die betriebliche Mitbestimmung ist ein hohes Gut. Es geht um Demokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD)

Wer als Betriebsrätin oder Betriebsrat arbeitet – und das vielleicht viele Jahre –, lernt viel und macht viele Erfahrungen. Betriebsrätinnen und Betriebsräte brauchen und erwerben eine ganze Menge an Wissen, um ihre Arbeit in der Interessenvertretung bewältigen zu können. Die Themen, mit denen sie sich beschäftigen, sind vielfältig. Das reicht vom juristischen Sachverstand, wenn es um das Betriebsverfassungsgesetz geht, über betriebswirtschaftliches Know-how bis hin zu Beratungs- und Verhandlungskompetenzen oder psychologischem Feingefühl, wenn es um Mobbing im Unternehmen geht.

Wenn sich eine Beschäftigte im Laufe ihrer Betriebszugehörigkeit als Betriebsrätin engagiert hat und dann beispielsweise auch noch zur stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden gewählt wird, dann hat sie auch nachweislich zusätzliche Kompetenzen. Und diese müssen natürlich in irgendeiner Form honoriert werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der Bundesgerichtshof hat das Anfang letzten Jahres aber anders gesehen. Der BGH hat entschieden, dass Qualifikationen, die durch die Betriebsratsarbeit erworben wurden, nicht berücksichtigt werden dürfen. Dieses Urteil bezieht sich nicht nur auf ein Unternehmen, sondern es betrifft potenziell alle Betriebsräte in Deutschland. Das hat zwangsläufig zu großer Verunsicherung und Rechtsunsicherheit geführt. Manche Unternehmen haben sofort reagiert und die Vergütung von Betriebsratsmitgliedern spürbar gekürzt. Gegen diese Kürzungen laufen natürlich Klagen. Es gibt anonyme Anzeigen. Dieses Durcheinander, diese Verunsicherung kann sich auch negativ auf die betriebliche Mitbestimmung auswirken. Das hat Folgen für die Unternehmen und deren Wettbewerbsfähigkeit. Deshalb besteht jetzt Handlungsbedarf. Wir brauchen Rechtssicherheit bei der Vergütung von Betriebsräten; denn ihre Arbeit ist wichtig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir wollen das Betriebsverfassungsgesetz, das bei den Aspekten Ehrenamt und Vergütung aus den 1970er-Jahren stammt, an die heutige Realität anpassen. Es sind klarstellende gesetzliche Regelungen notwendig, um Rechtssicherheit für Betriebsräte und Unternehmen gleichermaßen zu schaffen, ohne dabei das Begünstigungsverbot zu ändern. Die Expertenkommission hat dafür eine Lösung vorgelegt. Erworbene Kenntnisse, Fähigkeiten, Qualifikationen von Betriebsratsmitgliedern können dann berücksichtigt werden, wenn das bei anderen Tätigkeiten im Unternehmen auch üblich ist, also wenn sie vergütungsrelevant sind. Dieser Vorschlag ist gut und wird auch breit getragen. Deshalb unterstützen wir auch diese Lösung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Der BGH hat aber auch festgestellt, dass das Vergütungssystem transparent und nachvollziehbar sein muss. Das ist vollkommen richtig und auch logisch. Deshalb ist es auch gut, dass im Gesetz explizit aufgenommen wurde, wie diese Transparenz am besten herzustellen ist, nämlich indem Arbeitgeber und Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Thema Betriebsvergütung abschließen. Das ist nicht nur transparent, sondern auch ein Anreiz für passgenaue Vereinbarungen auf betrieblicher Ebene.

Insgesamt schafft das Gesetz also mehr Rechtsklarheit, mehr Rechtssicherheit und mehr Transparenz. Das ist gut; denn wir brauchen für die anstehenden Herausforderungen „Transformation“ und „Digitalisierung“ handlungsfähige Betriebsräte, und – ganz wichtig – so stärken wir auch die Betriebsräte.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Pascal Kober.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)