Rede von Nina Stahr Bildung und Forschung

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13.01.2022

Nina Stahr (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Ministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich freue mich sehr, heute hier zum Thema Bildungspolitik meine erste Rede halten zu dürfen. Denn was wir alle wissen, dass der Bildungserfolg von Kindern nach wie vor viel zu stark vom Elternhaus abhängt, das habe ich hautnah erfahren in fast 20 Jahren Arbeit mit Kindern und Jugendlichen – bei Kindern, deren Eltern ihnen nicht bei den Schulaufgaben helfen konnten, bei Kindern, die in Wohngruppen gelebt haben, weil ihre Eltern mit dem Familienleben überfordert waren, und als Lehrerin in einer Schule in Berlin-Neukölln.

Was ich da immer wieder erlebt habe, das waren Kinder und Jugendliche, die großartige Talente hatten, aber die trotzdem von der Gesellschaft längst abgeschrieben waren. Das merken diese Kinder und Jugendlichen, und das nimmt ihnen die Chance auf eine gute Zukunft. Das kann und das will ich so nicht hinnehmen. Deswegen bin ich sehr, sehr froh, dass wir als Ampelkoalition ganz klar sagen: Bildung darf nicht vom Elternhaus abhängen. Kinder müssen alle die beste Bildung und damit die besten Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben haben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die letzten zwei Jahre im Ausnahmezustand der Pandemie haben die Ungerechtigkeiten zwischen Kindern massiv verschärft. Deshalb ist es höchste Zeit, dass wir endlich die Bedürfnisse von Kindern wieder in den Mittelpunkt stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ich möchte explizit an dieser Stelle allen Familien danken, den Eltern, die neben Homeoffice auch Kinderbetreuung und Homeschooling gewuppt haben, den Lehrerinnen und Lehrern, die alles getan haben, um diese Zeit für ihre Schüler/-innen so gut wie möglich zu gestalten. Aber vor allem den Kindern und Jugendlichen, die so solidarisch waren und auf so vieles verzichtet haben. Es ist Zeit, dass wir ihnen endlich was zurückgeben.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Ich bin froh, dass wir das als Koalition tun werden, nicht nur mit Blick auf die Pandemie, wo für uns ganz klar ist, dass Kinder und Jugendliche in Zukunft so wenig wie möglich eingeschränkt werden dürfen, sondern auch mit Blick darauf, dass endlich alle Kinder gute Startchancen bekommen.

Der Koalitionsvertrag ist getragen von der gemeinsamen Überzeugung, dass nicht mehr Postleitzahl oder Job der Eltern, sondern das eigene Engagement über den Bildungserfolg entscheiden sollen. Er ist getragen von der Überzeugung, dass gerechte Bildungschancen nicht vom Himmel fallen, sondern das Ergebnis politischen Handelns sind und dass Aufstieg durch Bildung keine Phrase sein darf, sondern jeden Tag aktiv ermöglicht werden muss und dass dieses Ermöglichen unsere Verantwortung hier ist, und der werden wir uns stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Gemeinsam wollen wir die Weichen für ein Jahrzehnt des Aufbruchs und der Erneuerung für den sozialen, ökologischen und digitalen Fortschritt stellen. Dieser Aufbruch – davon bin ich überzeugt – beginnt in den Kitas, Schulen und Hochschulen.

Ich bin selbst Mutter von drei Kindern, und ich weiß, wie wichtig gute und zuverlässige Betreuung ist. Darauf müssen sich alle Familien verlassen können. Deshalb werden wir den Rechtsanspruch auf Ganztagsbildung im Grundschulalter umsetzen und dabei die Qualität nach vorne stellen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Schon vor dem Jahreswechsel haben wir dafür gesorgt, dass Kommunen das Geld für den Ausbau auch im neuen Jahr verwenden können, und damit für Planungssicherheit gesorgt.

Klar ist aber auch: Kitas und Schulen sind in erster Linie keine Betreuungs-, sondern Bildungseinrichtungen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Deshalb müssen sie vom Kind aus gedacht werden und den Bedürfnissen von Kindern gerecht werden. Dafür stehen wir in dieser Koalition.

Gerechte Chancen in der Schule bedeuten auch: weg von der Gießkanne und gezielt dort unterstützen, wo es wirklich nötig ist. Mit dem Programm „Startchancen“ sorgen wir da für Bildungsgerechtigkeit, wo sie am dringendsten gebraucht wird. Mehr als 4 000 Schulen bauen wir zu modernen, klimagerechten und barrierefreien Schulen mit einer zeitgemäßen Lernumgebung aus. Wir schaffen freie Chancenbudgets, fördern Schulentwicklung und unterstützen bis zu 8 000 Schulen mit zusätzlichen Stellen für Schulsozialarbeit. Mit dieser gezielten Unterstützung können wir wirklich etwas verändern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Mit dem Digitalpakt 2.0 werden wir unsere Schulen fit für das Lernen in der digitalen Welt machen. Wir bauen Bürokratie ab und sorgen dafür, dass das Geld schnell und direkt an den Schulen ankommt. Klar ist dabei: Der neue Digitalpakt muss besser gestrickt sein und weitergedacht werden. Neben Technik wollen wir auch viel stärker in Medienkompetenz investieren und gemeinsam mit den Ländern Beratungen rund um den digitalen Unterricht vom Kopf auf die Füße stellen.

Frau Schön, ich habe Ihnen gut zugehört. Ich freue mich wirklich sehr, dass Sie jetzt feststellen, dass alle ihre Hausaufgaben machen werden. Wir als Koalition machen uns jetzt daran, die liegengebliebenen Hausaufgaben von Ihnen, insbesondere im digitalen Bereich, endlich umzusetzen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Thomas Jarzombek [CDU/CSU]: Da können Sie in den Ländern mal mit anfangen!)

Als Lehrerin weiß ich: Gute Bildung lebt von Kooperation. Sie braucht tragfähige Beziehungen, ein respektvolles Miteinander und den Mut, Konflikte offen, ehrlich und lösungsorientiert auszutragen. Das gilt im Klassenzimmer wie in der Politik. Gemeinsam mit Ländern und Kommunen wollen wir auch in der Bildungspolitik eine neue Kultur der Zusammenarbeit begründen, um die Bildung in unserem Land nach vorne zu bringen.

Bedanken möchte ich mich an dieser Stelle insbesondere bei den Kolleginnen und Kollegen von SPD und FDP für den guten Start in die neue Legislatur. Auch die Opposition möchte ich dazu einladen, dass wir nicht nur das Trennende, sondern das Gemeinsame und den Austausch miteinander suchen. Wenn nötig, hart in der Sache, aber fair im Umgang – zum Wohl der Kinder und Jugendlichen in diesem Land.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir wünschen insbesondere Ihnen, Frau Ministerin, eine glückliche Hand und gutes Gelingen. Wir freuen uns sehr auf die gemeinsame Arbeit für eine chancengerechte Bildung.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat die Kollegin Nicole Gohlke für die Fraktion Die Linke.

(Beifall bei der LINKEN)