Rede von Lisa Badum Brennstoffemissionshandel

Foto von Lisa Badum MdB
20.10.2022

Lisa Badum (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „CO2-Preis in der Müllverbrennung“ klingt erst mal trocken, aber das regt bei einigen wahnsinnig die Fantasie an. Wir haben bei unserer Anhörung von einigen steile Thesen dazu gehört.

(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Fast von allen!)

Man hat gewarnt, wegen unseres Vorhabens stehe der Bankrott der gesamten Branche bevor. Einmal sollten wir Altholz unbedingt aus der Bepreisung herausnehmen, obwohl ohnehin nur die fossilen Bestandteile bepreist werden. Dann sollte Sondermüll herausgenommen werden, obwohl wir gerade bei Lösungsmitteln die Wiederverwendung anregen wollen.

Dann wurde prophezeit, dass aufgrund der CO2-Bepreisung ein Müllexodus stattfinden wird: Massen von Müll werden über die deutsche Grenze gefahren und auf illegale, stinkende und rauchende Müllkippen im europäischen Ausland verbracht werden, wo es keinerlei Gesetzgebung oder Klimaschutzrichtlinien gibt. Das ist nicht wahr; auch im europäischen Ausland sind die CO2-Mengen in der Abfallwirtschaft von der europäischen Klimaschutzarchitektur erfasst. Wir wissen außerdem: Die Aufnahmekapazitäten unserer Nachbarländer für Müll sind begrenzt. Die Abfallverbrennungsverordnung schreibt vor, dass Müll zunächst in Deutschland verarbeitet werden soll. Und die Transportpreise sind extrem hoch. Auch das ist kein großer Anreiz, einen Exodus zu betreiben.

Das sind viele Details; aber das Gute ist, dass wir in diesem Gesetzgebungsverfahren klären konnten, dass diese Vorwürfe falsch sind. Am besten fand ich das Argument, dass wir die Müllverbrenner aufgrund der Energiekrise, bei der sie 400 Prozent mehr Gewinn beim Verkauf von Strom und Wärme gemacht haben, aus der CO2-Bepreisung herausnehmen sollen. Umgekehrt wird doch ein Schuh draus! Die letzten zwei Jahre haben sie 700 Millionen Euro gespart, weil sie nicht in der Bepreisung waren. Genau deswegen gehören sie jetzt reingenommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD – Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Sie haben ja nichts gespart, wenn sie nicht reingehören!)

Wenn wir mal in das Archiv schauen, stellen wir fest, dass das Thema nicht neu ist. Es ist schon 2019 aufgerufen worden. Damals hat die Lobby die gleichen Krokodilstränen geweint. Das damalige Protokoll ist mit dem heutigen quasi identisch, und der Tenor lautet: Ja, wir brauchen Klimaneutralität. Ja, wir brauchen den CO2-Preis. Aber bitte nicht bei mir. – So funktioniert Klimaschutz konkret eben nicht. Das ist genau das, was wir in dieser Regierung ändern wollen.

Es ist gut, dass wir diesem Schauspiel nicht noch ein weiteres Mal zusehen müssen, sondern dass wir uns entschieden haben. Ich möchte für die Grünen hier offen und ehrlich sagen: Ich hätte mir auch eine frühere Einbeziehung der Müllverbrenner vorstellen können, nämlich ab 1. Januar nächsten Jahres; es wird jetzt ab 1. Januar 2024 der Fall sein. Aber das Entscheidende ist, dass wir diese Sache in dieser Legislatur festgemacht haben und es keine Verschiebung auf die Zeit nach der Wahl geben wird. Das ist fix, das werden wir tun.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Lars Lindemann [FDP])

Natürlich möchte ich hier den Entschließungsantrag nicht unerwähnt lassen, den die Union eingebracht hat. Ihr sagt ja, die Mittel aus der CO2-Bepreisung sollten zu 100 Prozent an die Bürger/-innen und Unternehmen zurückfließen. Ich stimme vollkommen zu; absolut richtig. Die Sache ist nur: Das passiert schon. Wir machen das bereits.

(Dr. Andreas Lenz [CDU/CSU]: Aber nicht an die Gebührenzahler!)

Die Mittel aus der CO2-Bepreisung fließen in den Klima- und Transformationsfonds. Wir haben so die EEG-Umlage gesenkt. Wir fördern Investitionen im Bereich Klimaschutz für Bürger/-innen und für Unternehmen. Und wir arbeiten sehr intensiv am Klimageld – gerade das Finanzministerium; das freut uns sehr –, das wir an die Bürgerinnen und Bürger zurückverteilen werden. – Ihr Antrag ist toll, aber wir haben die Forderungen schon umgesetzt. Das nächste Mal einfach eine neue Forderung stellen oder zustimmen; das wäre auch eine Option. Da sind wir natürlich dabei.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Fabian Gramling [CDU/CSU]: Stimmen Sie denn uns zu?)

Zuletzt mein Tipp, um öfter glücklich zu sein, liebe Kolleginnen und Kollegen: Nicht einfach nur mit den Unternehmen in der Wirtschaft reden, die noch in der Vergangenheit hängen, sondern auch mit denen, die schon auf dem Pfad der Klimaneutralität sind, mit den Pionieren. Das macht wirklich Spaß. Wir hatten in der Anhörung den Geschäftsführer der ALBA Recycling da, der uns gesagt hat: Was wir heute hier entscheiden, das ist ein Schritt in Richtung Wettbewerbsfähigkeit, das ist ein Schritt in Richtung Müllvermeidung und dahin, dass mehr Müll vorsortiert wird. – Deswegen ist es gut, dass wir das heute so beschließen. Selbstverständlich wird die Regierung auch noch eine komplette Kreislaufstrategie vorlegen.

(Fabian Gramling [CDU/CSU]: Wann?)

Denn was macht die deutsche Wirtschaft eigentlich aus? Innovation, Flexibilität, Lösungen statt Jammern! Deswegen, liebe Kolleginnen und Kollegen, unser Petitum: Lassen Sie uns mehr Kreislaufwirtschaft wagen! Und fangen wir heute damit an!

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Vielen Dank, Frau Kollegin Badum. – Nächster Redner ist der Kollege Dr. Andreas Lenz, CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)