12.12.2017

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Moin, Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Heiterkeit bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Moin: Das sagt man im Norden so, zu jeder Tageszeit.

Dr. Konstantin von Notz (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Genau; so viel Brauchtum muss sein. – Liebe Kolleginnen und Kollegen der FDP, ich will es an dieser Stelle einmal sagen: Ich freue mich ehrlich, dass Sie wieder hier im Deutschen Bundestag sind – auch, um mit uns für die Bürgerrechte und Freiheitsrechte zu streiten.

(Beifall bei der FDP – Ulli Nissen [SPD]: Kuschel! Kuschel!)

Die Bürgerrechte in Zeiten der Digitalisierung, unser Rechtsstaat vor der Herausforderung des menschenverachtenden Salafismus: All das war hier in den letzten Jahren ständig Thema. Deswegen irritiert mich dann doch etwas die Rhetorik und die mediale Begleitkampagne zu Ihrem etwas großspurig bezeichneten Gesetzentwurf zur Stärkung der Bürgerrechte. Ich habe Share Pix gesehen, wonach die Bürgerrechte vier Jahre lang keinen Anwalt gehabt hätten. Sie waren APO, okay, aber das ist kein Grund für latent abwegige Egozentrik.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU – Nicola Beer [FDP]: Wie war das? Mutige Enthaltung?)

Wir haben hier in den letzten Jahren sowohl zur Vorratsdatenspeicherung als auch zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz unzählige Debatten, Anhörungen und Fachgespräche gehabt. Eine ganze Reihe von hier anwesenden Personen klagt gegen die Vorratsdatenspeicherung, und ich hoffe, mit Erfolg; denn die GroKo scheint in diesem Fall ja wirklich leider resistent gegen jedes Lernen zu sein, und das ist extrem unerfreulich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP – Stephan Thomae [FDP]: Unbelehrbar!)

Zum Netzwerkdurchsetzungsgesetz: Sehr bewusst haben wir uns in der letzten Wahlperiode dazu enthalten und eine Alternative vorgelegt, weil es geht, Hass und Hetze rechtsstaatlich zu begegnen und die notwendige Rechtsdurchsetzung nicht an Private auszusourcen – und das ohne ein staatliches Wahrheitsministerium und ohne die Meinungsfreiheit einzuschränken. Das ist möglich, und das haben wir auch vorgelegt.

Die Berichtspflichten, die Bußgelder, die verbesserten Meldewege, die Verpflichtung, nationale Zustellungsbevollmächtigte zu nennen: All das sind wichtige Punkte, die durchaus erhaltenswert sind.

(Stephan Thomae [FDP]: Sage ich ja! Tun wir!)

Deswegen muss man differenziert auf diese Sachen gucken.

Herr Kollege Brandner, so ein Klamauk von Ihnen! Hier ist das ernste Argument und nicht Narzissmus gefragt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und der LINKEN)

Was sind die Alternativen für die Alternative für Deutschland, wenn man es einfach abschafft? Da haben Sie nichts gefunden. Die Kollegen der Union haben die unerträglichen Mobbingfälle genannt. Darauf muss man im Jahr 2017 eine Antwort haben. Ich habe dazu nichts von Ihnen gehört. Da wird es bei Ihnen ganz, ganz dünn.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Meine Damen und Herren – vor allen Dingen der FDP –, Machen ist wie Wollen, nur viel krasser.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD)

Beides, was Sie hier beantragen, lag bei den Sondierungen doch auf dem Tisch.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir hätten eine grundlegende Reform des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes bekommen und die Vorratsdatenspeicherung abgeschafft, und zwar nicht nur für die Kommunikationsdaten, sondern gleichzeitig auch für die Fluggastdaten

(Zurufe von der AfD: Aha!)

und auch für das, was sich hinter der anlasslosen Erfassung durch sogenannte intelligente Videoüberwachung verbirgt.

(Ulli Nissen [SPD]: Spannend!)

All das hätten wir hier heute gemeinsam abräumen können. Es wäre ein Meilenstein für die Bürgerrechte in diesem Land gewesen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Stephan Thomae [FDP]: Das können wir immer noch tun! – Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann [FDP]: Dann können Sie ja zustimmen!)

Herr Kollege Thomae, es tut mir leid: Stattdessen gefallen Sie sich hier darin, zahnlose Anträge zu stellen. Ich kann nur sagen: Da hat Frau Leutheusser-Schnarrenberger die richtigen Worte gefunden. Das ist bitter. Das kann man Ihnen leider so kurz nach dem Ende der Gespräche nicht durchgehen lassen. Trotzdem: Lassen Sie uns gemeinsam für die Bürgerrechte kämpfen.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Udo Theodor Hemmelgarn [AfD])