Rede von Dr. Ingrid Nestle Bürokratieentlastung

Foto von Ingrid Nestle MdB
17.05.2024

Dr. Ingrid Nestle (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir sind uns alle einig: Wir brauchen Bürokratieentlastung. Denn so gut die Gründe waren, die bei der Einführung jeder einzelnen Regel angeführt worden sind – über die Jahre ist zu viel zusammengekommen, und in der Summe sind die Regeln in der Praxis oft nicht mehr umsetzbar. Wir sind uns alle einig; deswegen ist die große Frage: Wie kann Bürokratieentlastung funktionieren? Ich muss sagen: Die Ansätze in den letzten Legislaturperioden haben schlichtweg gar nicht funktioniert. Da ist dieser markige „One in, one out“-Ansatz oder – Herr Krings, Sie haben es gerade erwähnt – das Bürokratiekostenmessprogramm. Oder war es doch eher ein Bürokratieerzeugungsprogramm?

(Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Das Standardkostenmodell! Weltweit gelobt!)

Das hat nicht zu Bürokratieentlastung geführt. Sonst würden auch Sie heute nicht hier stehen und den Stapel an Bürokratie beklagen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Sonja Eichwede [SPD] – Dr. Günter Krings [CDU/CSU]: Schauen Sie sich doch mal an, was da gemacht worden ist!)

Die Erfahrung hat gezeigt: Mit dem Holzhammer geht Bürokratieabbau nicht. Wer sich nicht die Mühe macht, zu unterscheiden zwischen wirklich wichtigen Regeln und verzichtbaren Regeln, der wird sich nicht nur gegen die wirklich wichtigen Regeln stellen, nein, er wird auch beim Bürokratieabbau scheitern, weil er natürlich völlig zu Recht einen Sturm des Widerstandes entfesselt, wenn er versucht, das Kind mit dem Bade auszuschütten. Er wird starten wie der brüllende Tiger und landen wie der Bettvorleger. Der Holzhammer ist kein Erfolgsmodell für Bürokratieabbau.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Dabei geht Bürokratieabbau. Das haben wir im Energiebereich von Anfang an gezeigt. Wir haben weniger mit großen, markigen Forderungen agiert, aber wir haben Bürokratieabbau gemacht. Wir haben den Ausbau der Erneuerbaren schon ganz entscheidend beschleunigt, den Ausbau der Netze sogar noch mehr – durch Bürokratieabbau.

Das reicht uns noch nicht. Deswegen freue ich mich so sehr, dass das BMWK mit Minister Habeck den Praxischeck entwickelt hat,

(Zuruf des Abg. Dr. Martin Plum [CDU/CSU])

der von den Unternehmen und den Menschen ausgeht. Ich möchte Ihnen das am Beispiel „Solar“ darstellen. Am Anfang standen Gespräche mit Energieberatern, Handel, Mittelstand, Verbänden, Kirchen, Bürgern, und entwickelt wurden 57 konkrete Vorschläge aus der Praxis. Man hat festgestellt: 41 können in Gesetzen und Verordnungen umgesetzt werden. 35 befinden sich bereits in Umsetzung oder sind schon umgesetzt, ein ganz großer Teil davon im Solarpaket, das letzte Sitzungswoche den Bundestag passiert hat. Wir haben einmal mehr gezeigt: Bürokratieabbau ist möglich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Aber auch das reicht uns nicht. Deshalb diskutieren wir heute über das Bürokratieentlastungsgesetz, das ganz viele Politikfelder anspricht, auch den Energiebereich. Hier ist zum Beispiel die oberflächennahe Geothermie zu nennen, deren Einsatz entscheidend dadurch entlastet wird, dass sie künftig nicht mehr unter das Bergrecht fällt. Die Berichtspflichten – sie wurden schon erwähnt – sind durchforstet worden. Ich kann Ihnen versichern, dass wir aus der Ampel auch schon vor der heutigen ersten Lesung begonnen haben, weitere Punkte zu identifizieren, und dass wir in den kommenden Wochen mit voller Kraft daran arbeiten werden, noch mehr gute Entlastungsmaßnahmen in dieses Gesetz einzubringen.

Lassen Sie mich zusammenfassen. Mit einem feinen Instrumentarium die Punkte identifizieren, an denen man wirklich entlasten kann, mit langem Atem, aber vor allem im engen Dialog mit Unternehmen und Bürgern – das ist unser Erfolgsrezept, und damit werden wir als Ampel in den nächsten Wochen gemeinsam an diesem sehr wichtigen Gesetzentwurf arbeiten.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Als Nächster hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Dr. Volker Ullrich.

(Beifall bei der CDU/CSU)