Rede von Dr. Irene Mihalic Bundesbesoldung und Versorgungsanpassung

27.09.2018

Dr. Irene Mihalic (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute die Tarifeinigung im öffentlichen Dienst auf die Beamtinnen und Beamten, die Richterinnen und Richter und die Soldatinnen und Soldaten übertragen, dann ist das zweifellos ein sehr gutes Zeichen, und zwar für den öffentlichen Dienst insgesamt. Wir brauchen ja auch den öffentlichen Dienst in seiner gesamten Breite. Attraktive Arbeitsbedingungen sind zweifellos wichtig, aber Attraktivität geht eben nicht ohne eine flächendeckend gute Bezahlung in allen Gehaltsstufen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Aber wenn ich das hier richtig interpretiere, auch in dieser Debatte, dann will die Bundesregierung noch ein zweites Zeichen setzen: Es soll der Eindruck vermittelt werden, dass im Ressort von Bundesinnenminister Horst Seehofer die notwendige Sacharbeit stattfindet, die wir in den letzten Wochen so schmerzlich vermisst haben. Aber man muss sich natürlich die Frage stellen: Stimmt das überhaupt? Hat denn die Bundesregierung die Zeit, die sie zur Verfügung hatte, gut genutzt, um Projekte voranzubringen, die der öffentliche Dienst dringend braucht? Welche Konzepte wurden denn vorgelegt, um zum Beispiel gegen die Überlastung vorzugehen, um die Vereinbarkeit von Familie und Dienst wirklich voranzubringen oder um für eine gute Vorsorge für die Zukunft zu sorgen? Ich habe da nichts wahrgenommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Petra Pau [DIE LINKE])

Im Koalitionsvertrag steht, dass Arbeitszeitkontenmodelle im öffentlichen Dienst eingeführt werden sollen, die „einen planbaren Überstunden- und Mehrarbeitsabbau unter Berücksichtigung besonders belasteter Bereiche ermöglichen“. Ich hoffe, dass damit auch gemeint ist, die Flexibilität zu schaffen, die Menschen so dringend brauchen, wenn sie zum Beispiel Familienmitglieder pflegen müssen oder auch nur Kinder zu Hause haben. Die Diskussion über Arbeitszeitkonten im öffentlichen Dienst dauert inzwischen schon so lange, dass in manchen Familien, die davon hätten profitieren können, die Kinder inzwischen mit der Schule fertig sind. Hier muss also endlich etwas vorangebracht werden, meine Damen und Herren. So kann es nicht weitergehen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Laut Koalitionsvertrag will sich die Bundesregierung dafür einsetzen, dass der Staat im Wettbewerb um die besten Köpfe bestehen kann. Das hat auch Stephan Mayer vorhin in seiner Einführung so gesagt. Das ist ja auch ein sehr gutes, erstrebenswertes Ziel. Aber dann sollten Sie zum Beispiel auch die Digitalisierung in der Verwaltung so voranbringen, dass der Fortschritt für alle spürbar wird und dass die Menschen Arbeitsmittel an die Hand bekommen, die das Arbeiten nicht unnötig verkomplizieren, sondern es – im Gegenteil – wesentlich erleichtern.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Sie haben ja richtigerweise festgestellt, dass die Attraktivität des öffentlichen Dienstes eben nicht nur eine Frage des Geldes ist, sondern auch mit Arbeitsabläufen und Arbeitsmitteln zu tun hat. Aber solche Aufgaben lassen sich nun einmal nicht im Krisenmodus bewältigen. Dafür muss Zeit da sein: für die normale Arbeit, für Planung, Ausbildung und auch für die Konzeption. Dass die Bundesregierung auf dem Weg wäre, dies auf allen Ebenen zu fördern, kann ich bedauerlicherweise nicht erkennen. Ich wünsche es mir aber: für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes,

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

für die Funktionsfähigkeit des Staates und damit natürlich auch im Interesse aller Menschen in diesem Land.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der LINKEN)