Bundesministerin Anne Spiegel: Haushalt 2022 - Familie, Senioren, Frauen und Jugend

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28.03.2022

Anne Spiegel, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete und Zuhörende!

(Martin Reichardt [AfD]: „Zuhörende“! – Stephan Brandner [AfD]: Immer schön gendern!)

Am Dienstag war ich mit Rabbiner Teichtal in einer Flüchtlingsunterkunft am Ku’damm. Dort haben jüdische Waisenkinder und jüdische Frauen mit ihren Kindern aus der Ukraine eine Bleibe gefunden. Sie alle stammen aus Odessa. Mich hat beeindruckt, mit welcher Herzlichkeit sie dort betreut werden. Das jüngste Kind war gerade einmal acht Wochen alt. Es hat noch ein ganzes Leben vor sich. Es ist jetzt in Sicherheit.

Gestern war ich gemeinsam mit der Vorsitzenden von SOS-Kinderdorf Deutschland, Frau Professorin Dr. Schutter, in einem SOS-Kinderdorf und habe dort mit ukrainischen Frauen und ihren Kindern gesprochen. Einerseits habe ich ihren Schmerz, ihre Traumatisierung durch den Krieg und die dramatische Flucht gespürt, andererseits aber auch die Erleichterung, nun hier in Sicherheit zu sein. Die Hoffnung begann in dem Moment, als sie am Bahnhof in Berlin einen Mitarbeiter mit SOS-Kinderdorf-Weste sahen.

Für diese Hoffnung, in Sicherheit zu sein und hier schnell und unbürokratisch aufgenommen zu werden, danke ich stellvertretend allen, die sich haupt- und ehrenamtlich engagieren, SOS-Kinderdorf und Herrn Rabbiner Teichtal. Es ist großartig; denn hier wird ganz schnell geholfen. Sie mindern Leid, und sie geben Hoffnung.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der LINKEN)

Das Bundesfamilienministerium hilft ganz konkret. Wir stehen bereit, die Koordinierung für die evakuierten Waisenhäuser zu übernehmen. Mir ist es sehr wichtig, dass wir für diese Kinder, die ohne Eltern sind und die so viel Leid und Tod erlebt haben, so viel Geborgenheit und Stabilität wie möglich schaffen. Dazu gehört, dass sie in ihren vertrauten Gruppen zusammenbleiben können und dass sie nicht von ihren Betreuerinnen und Betreuern getrennt werden.

Das Konzept für die Koordinierungsstelle liegt vor, und wir haben starke Partner/-innen an unserer Seite. Die Koordinierungsstelle soll Ordnung schaffen und Anlaufstelle sein. Wir schauen genau hin, was diese Menschen jetzt brauchen, die aus der Ukraine zu uns kommen.

Dazu zählt auch der entschlossene Kampf gegen skrupellose Menschenhändler, Zuhälter und Sexualstraftäter, die die verzweifelte Lage von Frauen und Kindern ausnutzen wollen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE])

Unsere Expertinnen und Experten vom Koordinierungskreis gegen Menschenhandel, vom Hilfetelefon „Gewalt gegen Frauen“ und von der Hotline des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs arbeiten Seite an Seite mit den Polizeibehörden.

Es gibt psychosoziale Unterstützung. Unsere bewährten Sprach- und Integrationskurse, beispielsweise diejenigen für Mütter mit gleichzeitiger Kinderbetreuung, stehen all jenen zur Seite, damit diese ersten Schritte der Integration, des Spracherwerbs und der Teilhabe jetzt schnell und unbürokratisch begonnen werden können.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Sehr geehrte Abgeordnete, der Einzelplan 17, den wir heute einbringen, steht für Hilfe, Förderung und Unterstützung für alle Kinder und ihre Familien in der Bundesrepublik. Der größte Posten finanziert die bekannteste und beliebteste Familienleistung in Deutschland: das Elterngeld. Dafür stehen 7,73 Milliarden Euro zur Verfügung. Es hilft Müttern und Vätern, Beruf und Familie noch besser zu vereinbaren. Zuletzt haben 42 Prozent der Väter Elterngeld in Anspruch genommen, mit einer durchschnittlichen Bezugsdauer von 3,7 Monaten. Das ist eine sehr gute Entwicklung, und darauf wollen wir weiter aufbauen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Präsidentin Bärbel Bas:

Frau Ministerin, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung aus der AfD-Fraktion?

Anne Spiegel, Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend:

Nein, ich möchte meinen Haushalt vortragen. Danke.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Wir werden Familien weiter entlasten mit dem Aufbau einer Kindergrundsicherung. Damit das in seiner Komplexität gut funktioniert, gibt es unter unserer Leitung eine interministerielle Arbeitsgruppe. Kurzfristig entlasten wir von Juli an bedürftige Familien mit dem Sofortzuschlag. Damit gibt es zusätzlich 20 Euro pro Kind pro Monat beim Kinderzuschlag. Ich bin sehr froh, dass auch geflüchtete Kinder aus der Ukraine diesen Kindersofortzuschlag bekommen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Die Bundesregierung unterstützt Familien auf vielfältige Weise, zum Beispiel durch das erste Entlastungspaket; denn natürlich hilft es Familien auch, wenn es einen Heizkostenzuschuss oder Kurzarbeitergeld gibt. Aber auch mit dem zweiten Entlastungspaket helfen wir Familien: durch einen Einmalbonus von 100 Euro pro Kind – zusätzlich zum Kindergeld – und weiteren 100 Euro für alle, die Sozialleistungen beziehen. Das ist ein wichtiges Plus im Geldbeutel für Familien in der aktuellen Lage.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wir bleiben dabei nicht stehen. Ein weiterer Schwerpunkt ist das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“, für das wir 272 Millionen Euro bereitstellen. Wir stellen aber natürlich auch wichtige Mittel zur Verfügung, um die Gleichberechtigung voranzutreiben, um Frauen vor Gewalt zu schützen, um Kinder vor sexualisierter Gewalt und Missbrauch zu schützen, um queere Menschen zu stärken, um Transmenschen, die von Anfeindungen betroffen sind, zu stärken. Und wir werden die Seniorinnen und Senioren unter anderem durch den DigitalPakt Alter stärken und die

 

Situation von Pflegebedürftigen verbessern. Daneben haben wir eine Strategie gegen Einsamkeit gestartet. Es gilt auch, die Folgen von Corona im Blick zu behalten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Folgen des Ukrainekrieges fordern entschlossenes Handeln für Waisenkinder, für unbegleitete Minderjährige, für Frauen, für über 60-Jährige, und ein besonderes Augenmerk gilt den hochbetagten Holocaustüberlebenden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Ich will, dass sie alle einen sicheren Hafen in Deutschland haben. Das ist unsere Verantwortung. Mehr als das: Das ist unsere humanitäre Verpflichtung!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Zuruf von der CDU/CSU: Was machen Sie denn?)

Für mich ist aber auch klar: Es gibt keine Flüchtlinge erster und zweiter Klasse.

(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Eng damit verknüpft ist unser entschlossenes Engagement gegen Rassismus, gegen Antiziganismus, gegen Antisemitismus mit den Mitteln des Bundesprogramms

„Demokratie leben!“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Meine Damen und Herren, nie war es wichtiger als jetzt, entschlossen für die Demokratie und demokratische Werte einzutreten – in Deutschland, aber auch international. Als Jugendministerin stehe ich dafür, dass die junge Generation in einer vielfältigen Demokratie, geprägt von Solidarität und Respekt, aufwachsen kann.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Wir alle haben es in der Hand. Wir alle sind gefragt, für diese demokratischen Werte einzutreten.

Danke schön.