Foto von Kirsten Kappert-Gonther MdB
18.10.2023

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute leiten wir den überfälligen Paradigmenwechsel in der Drogenpolitik ein.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP – Zuruf des Abg. Michael Donth [CDU/CSU])

Wir machen Schluss mit der gescheiterten Verbotspolitik und stellen endlich den Gesundheits- und Jugendschutz ins Zentrum.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Weil Cannabis gefährlich sei, müsse es verboten bleiben? Diese alte Leier haben wir auch heute wieder gehört.

(Zuruf von der AfD: Ja!)

Genau andersrum ist es richtig: Durch das Verbot, durch den Schwarzmarkt vergrößert sich das Risiko.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE] – Zuruf von der CDU/CSU: Schwachsinn!)

Denn, liebe Kolleginnen und Kollegen: Welche Situation haben wir denn heute? Wir haben aktuell steigende Konsumzahlen, aber keine Sicherheit über Inhaltsstoffe, keine Sicherheit über das Mischungsverhältnis der wirksamen Substanzen,

(Zuruf von der FDP: So ist es!)

stattdessen schädigende Beimischungen wie synthetische Cannabinoide inklusive. Und das ist ernsthaft gefährlich.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Der Dealer fragt auch nicht nach dem Ausweis. Jugendschutz aktuell: Fehlanzeige! Dazu noch Kriminalisierung wegen ein paar Gramm Cannabis in der Tasche. Damit machen wir endlich Schluss.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Wie sieht denn die Realität aus? Viele Erwachsene konsumieren Cannabis, im Übrigen ganz normale Menschen. Auch Jugendliche kommen derzeit sehr einfach an Cannabis, übrigens auch in Bayern. Man muss die Augen schon sehr fest zukneifen, um zu behaupten, in Bayern gebe es kein Drogenproblem.

(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: Wer sagt das denn? – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das hat doch keiner behauptet!)

Und damit meine ich nicht nur die Alkoholexzesse auf dem Oktoberfest.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Aber ihr macht es doch noch viel schlimmer!)

Wir bringen endlich Rationalität in die Drogenpolitik.

(Hubert Hüppe [CDU/CSU]: So werden die Probleme doch noch vergrößert!)

Wenn Erwachsene Cannabis konsumieren, wollen Sie von der Union sie ernsthaft weiter zwingen, dies unter möglichst gesundheitsgefährdenden Bedingungen zu tun?

(Michael Donth [CDU/CSU]: Nee! Sie sollen aufhören! – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Was ist denn das für eine Einstellung als Gesundheitspolitikerin? Sie gefährden Kinder und Jugendliche!)

Als Ärztin, als Fachärztin für Psychiatrie sage ich ganz klar: Nein!

Statt eines florierenden illegalen Markts schaffen wir nun legale Alternativen für erwachsene Konsumierende und verbessern so den Jugend- und Gesundheitsschutz.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Diese Ärztinnen! Und was sagen Sie denen, die Medizinalcannabis brauchen?)

Jetzt muss das Ziel sein, dass diese Alternativen auch wirklich entstehen. Deshalb darf der Aufbau von Klubs nicht zu bürokratisch sein. Abstandsregeln und Straßenverkehrsrecht dürfen nicht zu einer Kriminalisierung durch die Hintertür führen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD, der FDP und der LINKEN)

Mit dem Gesetz entkriminalisieren wir den Konsum und Besitz von Cannabis. Die Polizei muss nicht mehr wegen Kleinstmengen Strafverfahren einleiten, und die Justiz wird dauerhaft entlastet.

(Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das sieht die Justiz aber anders!)

Wir schaffen die Grundlage für Cannabisklubs, in denen gemeinschaftlicher Cannabisanbau stattfinden darf, und wir erlauben ebenso den Anbau zu Hause für den Eigenbedarf.

(Zuruf der Abg. Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU])

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

(Dr. Hendrik Hoppenstedt [CDU/CSU]: Finden wir auch!)

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Ich komme zum Schluss, Frau Präsidentin. – Für diesen Durchbruch haben viele Menschen jahrzehntelang gekämpft.

(Simone Borchardt [CDU/CSU]: Patientenselbstversorgung! Mensch, geht doch die wirklichen Probleme an!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Kommen Sie bitte zum Schluss, Frau Kollegin!

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Noch gibt es eine Reihe von Dingen, die im Gesetz verbessert werden müssen. Das werden wir jetzt anpacken.

Ich danke Ihnen sehr für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie des Abg. Ates Gürpinar [DIE LINKE] – Simone Borchardt [CDU/CSU]: Solange wir keine anderen Sorgen haben!)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Das Wort erhält für die AfD-Fraktion Jörg Schneider.

(Beifall bei der AfD)