CO2-Grenzwerte für PKW

15.06.2018

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Deutschland hat sich zur Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens verpflichtet. Die Festlegung neuer CO 2 -Reduktionsziele für Pkw und leichte Nutzfahrzeuge ist der Lackmustest, wie ernst es diese Bundesregierung mit dem Klimaschutz meint.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ingrid Remmers [DIE LINKE])

Die Bundesregierung hat mit dem Klimaschutzplan 2050 beschlossen, im Verkehrssektor bis 2030, also in zwölf Jahren, mindestens 40 Prozent weniger CO 2 im Vergleich zu 1990 zu emittieren. Im Moment steigen aber die CO 2 -Emissionen, die im Verkehr zu zwei Drittel von Autos verursacht werden. Allerdings nicht, wie so oft behauptet, weil jetzt weniger Diesel und mehr Benziner verkauft werden, sondern weil immer mehr schwere, hochmotorisierte SUVs auf den Straßen unterwegs sind.

Die EU-Kommission hat nun vorgeschlagen, dass die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen neuer Autos in den Jahren 2025 bzw. 2030 um 15 bzw. 30 Prozent unter den Werten des Jahres 2021 liegen müssen. Der aktuelle Grenzwert lautet 95 Gramm CO 2 pro Kilometer. Dieser gilt aber nicht für jedes einzelne Auto, sondern für die durchschnittlichen CO 2 -Emissionen aller Autos. Bis auf die AfD haben das auch alle verstanden.

Am 25. Juni berät nun der EU-Umweltrat den Vorschlag der Kommission. Bis dahin braucht die Bundesregierung eine abgestimmte Position. Davon ist man aber weit entfernt.

(Jens Koeppen [CDU/CSU]: Wer sagt das?)

Die Vernichtung einer europäischen Leitindustrie mache er nicht mit, giftete Andreas Scheuer unlängst in Richtung seiner Ressortkollegin Svenja Schulze im Umweltressort. Diese hatte vorgeschlagen, die CO 2 -Emissionen neuer Pkws und leichter Nutzfahrzeuge bis 2030 um 50 Prozent sinken zu lassen. Auch wenn die Umweltministerin die Autohersteller ambitionierter als die EU-Kommission regulieren will, bleibt es für den Klimaschutz zu wenig.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Notwendig ist aus unserer Sicht eine Erhöhung der EU-weiten Reduktionsziele auf 45 Prozent im Jahr 2025 sowie auf 75 Prozent im Jahr 2030. Verkehrsminister Scheuer ist ein klimapolitischer Geisterfahrer,

(Jens Koeppen [CDU/CSU]: Na, na, na!)

wenn er behauptet, diese Grenzwerte seien willkürlich politisch-ideologisch motiviert.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Die Fakten sprechen eine völlig andere Sprache. Würde man dem Vorschlag der Kommission in Brüssel folgen, würden bis 2030 in Deutschland nach mehreren Berechnungen nur 4 Millionen Tonnen CO 2 eingespart; 50 Millionen Tonnen CO 2 müssen aber eingespart werden. Wie diese Lücke geschlossen wird, kann der Minister natürlich nicht beantworten. Der Minister stellt sich mit seiner Position aber nicht nur gegen den Klimaschutz, sondern auch gegen die Verbraucherinnen und Verbraucher. Sinkende CO 2 -Emissionen bedeuten nämlich auch sinkende Kraftstoffverbräuche und damit sinkende Kosten.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer wie die FDP keine neuen CO 2 -Grenzwerte festlegen und den Verkehr in den Emissionshandel aufnehmen will, entlässt die Automobilindustrie aus der klimapolitischen Verantwortung und belastet ausschließlich die Verbraucherinnen und Verbraucher.

(Dr. Lukas Köhler [FDP]: Das ist doch Quatsch!)

Denn dadurch würden nur die Preise an der Tankstelle steigen, fürs Klima aber nichts getan werden.

Meine Damen und Herren, ambitionierte CO 2 -Grenzwerte sind technologisch machbar, wirtschaftlich vorteilhaft, sie vernichten keine Industrie. Im Gegenteil: Sie wirken als Innovationstreiber, sie sichern der deutschen Automobilindustrie den Vorsprung bei klimafreundlichen Fahrzeugtechnologien, und sie sorgen endlich für den Markthochlauf beim Thema „Elektromobilität“.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Selbst die EU-Kommission kommt zu der Einschätzung, dass mit besseren CO 2 -Emissionsstandards sowohl Beschäftigung als auch die Wirtschaftskraft in Europa wachsen können.

Meine Damen und Herren, diesen Transformationsprozess müssen wir endlich anschieben. Die Entwicklung in Europa und auch auf den internationalen Märkten wie in China deutet auf ein baldiges Ende des fossilen Verbrennungsmotors hin. Ich erinnere daran: Norwegen will ab 2025 keine Autos mehr zulassen, die nicht emissionsfrei sind, Großbritannien ab 2040 keine Benziner und Dieselfahrzeuge, –

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss.

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

– Frankreich keine Autos, die Treibhausgase ausstoßen.

Vizepräsident Wolfgang Kubicki:

Herr Kollege, kommen Sie bitte zum Schluss.

Stephan Kühn (Dresden) (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Meine Damen und Herren, Wertschöpfung sichert man nicht, indem man Trends verschläft.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Ingrid Remmers [DIE LINKE])