Rede von Dr. Kirsten Kappert-Gonther Corona-Normalisierungsstrategie

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23.04.2020

Dr. Kirsten Kappert-Gonther (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Frau Präsidentin! Liebe Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Flugzeug, und das Flugzeug stürzt ab. Sie haben Glück im Unglück: Sie haben einen Fallschirm dabei. Sie legen ihn an. Der Fallschirm öffnet sich, wodurch sich der Fall verringert. Und mitten im Flug werfen Sie den Fallschirm ab und sagen: Super Maßnahme, hat geklappt, jetzt brauche ich ihn nicht mehr. – Wer würde das tun?

(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die AfD! – Heiterkeit)

Es wundert uns gar nicht, dass von ganz rechts hier im Parlament wieder unausgegorene und wirklich menschenfeindliche Vorschläge kommen. Sie wollen quasi alle Schutzmaßnahmen sofort aussetzen und nehmen damit eine exponentielle Ausbreitung des Virus Covid-19 sehenden Auges in Kauf. Das ist verantwortungslos.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD)

Wer die Gefahr dieses Virus unterschätzt, der gefährdet Leben. Gut, dass Sie in diesem Land weder im Bund noch in den Ländern, nirgendwo, Verantwortung tragen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und der SPD – Detlev Spangenberg [AfD]: Noch nicht!)

Sie wollen also pronto wieder alles auf Normalbetrieb umstellen, mit einer Ausnahme: Die Grenzen sollen nach Meinung der Nationalisten geschlossen bleiben – dauerhaft. Den Antrag der AfD kann man nicht anders lesen als: Wenn Deutsche Deutsche infizieren, ist das Virus nicht so schlimm. – Das ist zynisch, meine Damen und Herren.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der LINKEN – Zuruf von der AfD: Sie haben es nicht verstanden!)

Was Sie hier vorgetragen haben, sind alles Verwechslungen. Wir in Bremen sagen dazu: die Verwechslung von Gustav mit Gasthof. – So war Ihre Rede – die ganze Zeit.

(Heiterkeit und Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Was wir stattdessen brauchen, ist eine vernünftige und sorgfältige Strategie, die Step by Step die Rückkehr in den Alltag ermöglicht und gleichzeitig weiterhin die Infektionsgefahren reduziert. Solange es keinen Impfstoff und keine wirksame Therapie gegen Covid-19 gibt, wird das Risiko der Ansteckung hoch bleiben.

Genau wie Trump wollen Sie die Mittel für die WHO kürzen. Wir werden aber die globale gesundheitspolitische Zusammenarbeit verstärken müssen; denn nur durch ein international abgestimmtes und solidarisches Zusammenwirken kann der Gefahr von Pandemien begegnet werden.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir wissen, dass es in Krisen sehr schnell zu einer Sehnsucht nach Autorität kommt. Wie Kinder sehnen wir uns nach einem starken Elternteil, das alles wieder gutmacht. Doch ein Überbietungswettbewerb bei autoritären Maßnahmen ist falsch. Genauso falsch ist ein Überbietungswettbewerb bei der Aufhebung der notwendigen Schutzmaßnahmen. Es ist ein Dilemma, ja: Das Virus ist gefährlich, die Isolation ist es auch. Aber diesem Dilemma werden wir nur mit Sorgfalt begegnen können. Markige Sprüche helfen nicht weiter, sie sind sogar gefährlich, wie wir hier heute gesehen haben.

Abschließend: In der Psychotherapie gibt es eine sehr schöne Übung. Wir stellen uns vor, wie wir in fünf Jahren auf diese Krise zurückblicken. Ich wünsche mir, wir wünschen uns, dass wir dann auf gegenseitige, auf anhaltende Solidarität schauen und feststellen, dass wir den Fallschirm eben nicht zu früh abgelegt haben.

Danke schön.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Petra Pau:

Das Wort hat der Kollege Stephan Pilsinger für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)