Rede von Katharina Beck Corona-Soforthilfe

Katharina Beck MdB
28.09.2022

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Liebe Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Wir sollten noch einmal Klarheit in das Thema Coronahilfen bringen. Denn hier und heute geht es um die ersten Hilfen, die Soforthilfen, die kurz nach Ausbruch der Coronapandemie im Frühjahr 2020 von der letzten Bundesregierung sehr schnell auf den Weg gebracht wurden, um Soloselbstständigen und kleinen Unternehmen in der akuten Krise beim Überleben zu helfen. Einige Bundesländer haben damals zusätzlich unbürokratische Einmalzahlungen hinzugefügt, mein Bundesland Hamburg beispielsweise 2 500 Euro. Und im Frühjahr 2020 flossen dann sehr schnell 13,4 Milliarden Euro an circa 1,8 Millionen Empfänger/-innen. Es war sehr wichtig, dass das so schnell ging.

Es ist aber auch wichtig, dass wir an dieser Stelle über eine Politik des lernenden Staates sprechen, gerade in Krisenzeiten, und darüber, wie wir mit Aspekten umgehen, die nicht ganz perfekt gelaufen sind. Denn bei der Konstruktion und auch bei der Kommunikation und Abwicklung gab es tatsächlich Herausforderungen. Ein Problem bei diesen allerersten Hilfen war, dass die Soforthilfen den Fokus auf die Erstattung von Fixkosten anstelle von Umsätzen gelegt hatten. Beispielsweise viele Selbstständige, die ihre Betriebe in ihren privaten Wohnräumen organisieren und hauptsächlich variable Kosten haben, waren also kaum anspruchsberechtigt. Und auch der Unternehmerlohn, der für viele Selbstständige das Gehalt ersetzt, wurde nur in wenigen Fällen bezuschusst.

Die damals unter diesen Bedingungen vereinbarten Anträge, die dies beschrieben haben, aber jetzt nachträglich, zweieinhalb Jahre später, wie Sie das fordern, noch zu ändern genauso wie die Ermittlungsmethodik, die verlässlich war und mit der man sich wirklich lange auseinandergesetzt hat, das würde zu einem unfassbaren Wirrwarr führen und wäre unfair denen gegenüber, die bereits zurückgezahlt haben, und es ist fraglich, ob das überhaupt rechtens wäre.

Stichwort „lernender Staat“: Das Problem wurde sehr schnell erkannt, und die gesamten Folgehilfen – die Überbrückungshilfen I bis IV, die Neustarthilfe – wurden dann nach den Erfahrungen bei den Soforthilfen an der besseren Bezugsgröße Umsatz orientiert. Und auch bei den aktuell in Arbeit befindlichen Hilfen für die kleinen und mittelständischen Unternehmen in der Energiekrise ist uns dieser Punkt sehr, sehr wichtig.

Aber auch Kommunikation und Administration der Hilfen laufen nicht überall rund, und es ist wichtig, dass wir uns da ehrlich machen. Es wurde damals beispielsweise gesagt – so hatten es viele gehört –, es seien Zuschüsse, die nicht zurückgezahlt werden müssten, und in vielen Anträgen der Länder stand es eben anders. Und dann flatterten für manche überraschend Briefe mit den Rückforderungen der gezahlten Zuschüsse in die Briefkästen. Denn viele der Empfänger/-innen konnten eben keine – ich hatte es vorhin beschrieben – ausreichend hohen betrieblichen Fixkosten nachweisen, und da kann ich die Unzufriedenheit vieler Soloselbstständiger auch nachempfinden.

(Enrico Komning [AfD]: „Selbstständiger/-innen“ muss es heißen!)

Es war also für die Abmilderung der Folgen dann das Mindeste, die Rückzahlungsfristen deutlich zu verlängern und Stundungen zu ermöglichen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der SPD)

Es war ein Herzensanliegen der Bundesregierung, hier sofort tätig zu werden. Noch im Dezember letzten Jahres hat unser Wirtschaftsminister Robert Habeck als eine seiner ersten Amtshandlungen die Länder zu einem Rückzahlungsmoratorium aufgefordert, dem sehr viele nachgekommen sind. In Hamburg wurden die Rückzahlungen über eine Stundung bis Ende 2022 und über anschließende Ratenzahlungen sogar bis Ende 2024 ausgeweitet. Und wenn wir die Hilfen so in der Konstruktion nicht mehr ändern können, dann zumindest den Umgang damit, und das tun wir – für die Menschen.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Der Staat könnte auch in der Kommunikation manchmal noch mehr lernen. Da wurde dann zum Teil gesagt, die Stundung sei nur in begründeten Fällen möglich, und nicht erklärt, wie das ging. Da wünsche ich mir dann manchmal, dass wir besser kommunizieren.

Aber mir ist es ein Riesenanliegen, an dieser Stelle noch mal auf die außerordentliche Relevanz der vielen Millionen Selbstständigen sowie Kleinst- und Kleinunternehmen für die deutsche Wirtschaft hinzuweisen. Wir sehen Sie! Sie haben nicht die größten Interessensvertretungen hier vor Ort. Aber über 40 Prozent der Beschäftigten in Deutschland arbeiten in diesen Klein- und Kleinstunternehmen. Sie sind das Rückgrat unserer Wirtschaft mit knapp 500 Milliarden Euro Bruttowertschöpfung.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Kommen Sie bitte zum Schluss.

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir sehen Sie! Mir war wichtig, das hier noch mal ganz klar zu benennen. – Die Soforthilfen waren nicht perfekt, und uns da auch ehrlich zu machen, ist wichtig.

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Frau Beck, letzter Satz.

Katharina Beck (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Wir haben aber gehandelt und erleichtern die Rückzahlungen. – Dieser Antrag hilft da leider nicht. Deswegen lehnen wir ihn ab.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP)

Vizepräsidentin Yvonne Magwas:

Für Die Linke hat Christian Görke das Wort.

(Beifall bei der LINKEN)