Anja Liebert
13.03.2024

Anja Liebert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde bereits angesprochen: Seit dem Startschuss für die Modellprojekte 2019 haben sich 73 Modellkommunen auf den Weg gemacht. Das Programm versteht sich als Experimentierfeld. Gesucht wurden von Anfang an modellhafte Lösungen im Bereich Digitalisierung der Stadtentwicklung. Wissenstransfer und Übertragbarkeit der Lösungen sind also ein entscheidender Faktor und Voraussetzung für die Bundesförderung.

Expertinnen aus Wissenschaft, Verwaltung, Politik, Verbänden arbeiten mit Hochdruck daran und schauen: Was funktioniert? Was hat sich bewährt? Was kann von allen Kommunen leicht und ohne großen Aufwand übernommen werden? Denn die Idee dahinter ist ja gerade, dass nicht alle Kommunen bei null anfangen und eigenständig Lösungen erarbeiten, sondern dass auf einem digitalen Marktplatz, in einem kommunalen App Store Lösungen liegen, die erprobt und flexibel anwendbar sind. Auf dem Weg dahin sind wir gerade. Viele Potenziale können mithilfe der Digitalisierung gehoben werden, auch bei den Megathemen Klimaschutz, Energiewende, Demokratie und Bürger- und Bürgerinnenbeteiligung.

Es geht nicht darum, Ängste zu schüren und Gefahren und Risiken zu sehen. Besonders der rechte Rand hier im Plenum ist blind für die Zukunftsthemen und Innovationen. Sie gefährden mit Ihrem Antrag, mit Ihren Ideen den Wirtschaftsstandort Deutschland.

(Lachen des Abg. Marc Bernhard [AfD])

Wenn man einfach nur in der Überschrift eines Antrags „smart“ durch „intelligent“ ersetzt, dann ist das noch kein Konzept.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir dagegen wollen die Chancen der Digitalisierung für die Stadtentwicklung nutzen und verantwortungsvoll mit den Risiken umgehen. Wir wollen keine technokratischen Stadtutopien, sondern einen realen Beitrag zur nachhaltigen, inklusiven und resilienten Stadtentwicklung leisten. Denn für uns als Grüne müssen sich die digitalen Anwendungen daran messen lassen, ob das Leben der Menschen dadurch nachhaltiger, effizienter wird und die Lebensqualität in der Kommune erhöht wird. Der Mensch und das Gemeinwohl müssen im Mittelpunkt stehen, und es muss inklusiv und barrierefrei zugehen. Digitalisierung muss ein Gewinn für alle Menschen sein. Und es geht darum, Ressourcen und Energie einzusparen, zum Beispiel mit nachhaltiger Mobilität, die vernetzt wird, mit einer Stärkung und Weiterentwicklung des ÖPNV, durch Kombination von Carsharing, Fahrrad und ÖPNV.

Die Smart-City-Kommunen und -Regionen sind höchst unterschiedlich. Sie umfassen große Städte, kleine Städte, kleinste Kreise und Gemeinden, den ländlichen und den urbanen Raum. Weil Sie, Herr Rohwer, gerade gesagt haben, es gebe noch gar nicht so viel, sage ich Ihnen: Schauen Sie doch einfach mal nach unter www.smart-city-dialog.de/wissensspeicher. Als ich vor zwei, drei Wochen nachgeschaut habe, waren dort über 500 Maßnahmen aufgelistet. Ich habe zur Sicherheit gestern noch mal nachgeschaut: 650 konkrete Maßnahmen werden bereits vor Ort erprobt. Da können Sie gerne nachschauen, was es schon gibt.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Lars Rohwer [CDU/CSU]: Aber andere Kommunen können nicht davon profitieren, weil Sie keine Plattform geschaffen haben! – Gegenruf des Abg. Daniel Föst [FDP]: Doch!)

– Doch, sie können davon profitieren, indem sie sich die Sachen anschauen. Da gibt es Kontaktdaten, da gibt es Ansprechpersonen. Wenn man davon etwas mitnehmen möchte, kann man das jetzt schon tun. Man muss nicht auf die große Lösung warten.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Lars Rohwer [CDU/CSU])

Beim Thema „Klimaschutz und Energieeinsparung“ kann Digitalisierung enorm unterstützen. Es gibt viele Daten, die vorhanden sind. Aber wie können wir die Daten nutzen, um zum Beispiel unser Verhalten zu verändern, um Verbräuche zu optimieren? Wir können aus den Daten Schlüsse ziehen: Wo sind die Energiefresser? Wann sinken die Energieverbräuche und aufgrund welcher Maßnahmen?

Ich möchte noch mal kurz auf den Antrag der AfD dazu eingehen. Wenn Sie meinen, dass der Energiebedarf von Servern ein wesentlicher Faktor ist und Sie sich Sorgen um die Datensicherheit machen, dann habe ich einen tollen Tipp für Sie:

(Stephan Brandner [AfD]: Wir sind ganz Ohr!)

Schalten Sie alle Tiktok-Kanäle, Ihre Accounts auf Facebook und Instagram ab, löschen Sie Ihre Chatverteiler mit Fake News.

(Heiterkeit und Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN, der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Das wünschen Sie sich! Schalten Sie mal den Staatsfunk ab!)

Das hilft, nicht nur Energie zu sparen, sondern auch der Demokratie.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Brandner [AfD]: Sie wollen wohl Zensur! Das ist ganz schön undemokratisch! – Stephan Protschka [AfD]: Kommunistin, jawoll!)

– Ich habe gesagt, das ist ein Tipp für Sie. Was Sie daraus machen, überlasse ich Ihnen.

(Zuruf von der AfD: Wie viele Follower haben Sie denn bei Tiktok? – Stephan Brandner [AfD]: Feuchte Träume einer Extremistin!)

Es geht auch um die Anpassung an den Klimawandel, zum Beispiel mit dem Instrument des digitalen Zwillings. Es geht zum Beispiel darum, die Stadt oder ein Quartier zu visualisieren und daraus abzuleiten: Was wäre, wenn? – Wir können damit in die Zukunft blicken und zum Beispiel Verkehrsabläufe oder Starkregenereignisse simulieren und abbilden. Wir können Hitzeinseln und Kaltluftschneisen darstellen. Wir können auch schauen, wie sich die Bebauung auf das Quartier, auf die Stadt auswirkt.

Wir haben auch die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger im Blick. Denn das muss unser zentraler Fokus sein: Wie schaffen wir es, die Bedürfnisse und Wünsche der Bürgerinnen und Bürger vernünftig zu kombinieren mit den Themen, die auf dem Tisch liegen?

Die Unionsfraktion hätte von Anfang an diese Instrumente in die Fördersystematik einbauen können. Wir schaffen jetzt mit der Arbeit am Stufenplan und dem Kompetenzzentrum die Grundlage dafür, dass die Strukturen und das Know-how aufgebaut werden.

Wir wollen ein smartes Land, das die Potenziale der Digitalisierung hebt. Wir wollen 16 smarte Bundesländer und nicht nur wenige Smart-City-Modellprojekte und -Regionen. Wir wollen das in das ganze Land bringen, damit alle davon profitieren können.

Herzlichen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)