Rede von Margit Stumpp Digitalpakt Schule
Margit Stumpp (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Damen und Herren! Die Hoffnung stirbt zuletzt. Es zeugt schon von einer optimistischen Grundhaltung, wenn man glaubt, diesen DigitalPakt noch beschleunigen zu können. Ich will nicht so weit gehen, dass ich sage: „Ein totes Pferd soll man nicht reiten“, aber ein Kaltblüter wird nicht mehr zum Rennpferd; da kann man sich noch so anstrengen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Hätte Ministerin Karliczek die Digitalisierung angesichts der Krise tatsächlich beschleunigen wollen, hätte sie ein Förderprogramm Digitalisierung aufgelegt und hätte nicht an diesen ohnehin mager ausgestatteten DigitalPakt angedockt.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Schon vor der Krise war doch klar: Die meisten Schulen stehen in puncto Digitalisierung noch ganz am Anfang. Ein Grund dafür ist die derzeitige Struktur des Bildungsföderalismus. Die Lasten sind unfair verteilt. Arme Kommunen, die das Geld für Digitalisierung nicht hatten, werden jetzt bei wegbrechenden Steuereinnahmen noch weiter unter Druck geraten. Wie sollen die da noch Digitalisierung stemmen?
Ein zeitlich befristeter DigitalPakt, der Betriebs- und Wartungskosten am Ende doch wieder auf die Kommunen abwälzt, ist kontraproduktiv.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Vor diesem Hintergrund ist es auch völlig unverständlich, dass die riesigen Konjunkturpakete vielen zugutekommen, Bildung, der Rohstoff für die Zukunft, aber vergleichsweise wenig abbekam. Das zeigt, welche Prioritäten diese Koalition und auch die nicht anwesende Ministerin setzen.
(Dr. Franziska Brantner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ist es!)
Stattdessen müssen gerade die Schulen, die digital noch ganz am Anfang stehen, bei denen also der größte Handlungsbedarf besteht und Eile geboten ist, die größten bürokratischen Hürden meistern. Der Grund dafür ist, dass gerade diese Schulen eben noch kein Medienentwicklungskonzept hatten. Für eine digitale Grundausstattung, die digitale Pflicht, braucht man aber auch kein Medienentwicklungskonzept.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Gerade um diese Pflicht geht es doch bei vielen Schulen, wenn sie zu Beginn des nächsten Schuljahres für hybriden Unterricht fit sein sollen. Das könnte gelingen, wenn sich Bund und Länder auf eine grundsätzliche Basisstruktur einigen und die Checklisten zügig in die Schulen gegeben würden, um hier die Lücken zu füllen.
Der Ansatz ist doch für alle Schulen gleich: Jede Schule braucht ein technisches Fundament; das haben wir gerade schon gehört: Breitbandanschluss, WLAN-Ausleuchtung, ausreichend Endgeräte für Lehrkräfte, für Schülerinnen und Schüler sowie Administration. Schulen brauchen ein organisatorisches Fundament. Dazu gehören Mail-Adressen für Lehrkräfte, für Schülerinnen und Schüler, ein Lernmanagementsystem, Zugang zu einer Cloud und all diese Dinge.
Und Lehrkräfte brauchen ein pädagogisches Fundament. Das heißt Aus- und Weiterbildung. Außerdem brauchen Schulen und Schulträger Orientierung, natürlich auch für eine komplizierte Antragstellung, aber vor allem für die Auswahl von Hard- und Software, nicht nur für die digitale Pflicht, sondern auch für die digitale Kür. Das kann eine gute Begleitung und eine Bundeszentrale für digitale und Medienbildung, wie wir sie schon vor der Krise vorgeschlagen haben, tatsächlich leisten.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Hoffnung stirbt zuletzt. Wir hoffen mit der FDP auf die Einsicht, dass Entbürokratisierung tatsächlich nottut und Bildung endlich, endlich als gesamtpolitische Verantwortung verstanden wird. Deswegen stimmen wir Ihrem Antrag zu.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP)
Vizepräsident Thomas Oppermann:
Vielen Dank. – Als Nächstes spricht für die Fraktion der CDU/CSU die Kollegin Dr. Dietlind Tiemann.
(Beifall bei der CDU/CSU)