Rede von Leon Eckert Direktwahl der/des Bundespräsident*in (AfD)

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28.01.2022

Leon Eckert (BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN):

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Bürgerinnen und Bürger! Die Menschen in unserer Republik wollen mitgestalten, Sie wollen sich einmischen, mitdiskutieren, Lösungen erarbeiten und diese dann umsetzen. Diese Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe – Meinungen einholen, diskutieren, einfließen lassen in den Prozess und dann in der Entscheidung berücksichtigen – habe ich viele Jahre als Ratsmitglied bei mir zu Hause praktiziert. Wenn ich beispielsweise mit den Mitgliedern des Fahrradklubs durch die Gemeinde gefahren bin, Schilder, Absperrungen, Radführungen neugemacht habe, dann flossen die Ideen, dann sprudelte es, dann kam die ganze Kreativität der Bürgerschaft hervor. In meinem Wahlkreis, in Freising, Pfaffenhofen, Schrobenhausen, sehe ich, dass überall dort, wo Bürgerbeteiligung auf Augenhöhe praktiziert wird, Initiativen aus der Bürgerschaft für die Bürgerschaft – getragen von dieser – entstehen. Die Erfahrung, auf die Menschen, die konstruktiv an unserem Gemeinwesen arbeiten wollen, einzugehen, fehlt den Antragstellerinnen und Antragstellern anscheinend.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Eine Wahl ist ein großes Versprechen, das Versprechen der Demokratie an die Bürgerinnen und Bürger. Es lautet: Deine Stimme zählt und nimmt direkt Einfluss darauf, was von wem entschieden wird. – Die Bürgerinnen und Bürger in diesem Land wissen: Wenn sie Personen wählen, Landrätinnen und Landräte, Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, haben diese Personen danach Gestaltungsmacht, können die Gemeinde, den Ort prägen, den Landkreis gestalten. Dieses Versprechen einer Wahl kann der Bundespräsident/die Bundespräsidentin nicht einhalten. Ihm bzw. ihr fehlt die Befugnis, wie beispielsweise in den USA mit Dekreten konkrete Politik zu gestalten, und er bzw. sie ist nicht Teil der Regierung. Vielmehr wirkt unsere Bundespräsidentin/unser Bundespräsident durch das Wort, durch das Impulsgeben, durch das Anstoßen. Das kann man nicht so richtig diskutieren.

Der vorgelegte Gesetzentwurf schafft also eine reine Pseudobeteiligung anstatt echte Beteiligung auf Augenhöhe. Die Enttäuschung ist vorprogrammiert, und Politikverdrossenheit wird erzeugt. Man könnte fast meinen, das wäre der eigentliche Sinn dieses Gesetzentwurfs.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Um sich vorzustellen, wie denn so ein Wahlkampf aussehen würde, muss man ja nur nach Österreich gucken. Da frage ich mich ernsthaft: Wollen wir dann einen Wahlkampf um die Farbe von Richterroben, um Orden führen? Oder wir gehen dabei alle Namen von Personen durch, die ein Bundespräsident als Kanzler vorschlagen oder nicht vorschlagen würde, und erörtern, wieso und wie viele er vorschlagen würde. Oder wir überhöhen das Amt so sehr, dass wir alles diskutieren, von Rüstungsexporten bis zum ÖPNV vor Ort, und dann muss der/die Gewählte am Ende sagen: Aber ich kann da gar nicht anpacken, mir fehlt ja die Befugnis. – Das ist vorprogrammierte Enttäuschung, und das wollen wir nicht. Nein!

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)

Wir nehmen den Wunsch nach Beteiligung ernst. Wir wollen Beteiligung auf Augenhöhe ermöglichen, und erste Verabredungen – sie wurden erwähnt – und Projekte stehen im Koalitionsvertrag: Bürger/-innenräte, deren Vorschläge dann im Parlament diskutiert werden, eine Reform des Petitionsrechts, die den Petenten auch Gewicht verleiht. Das sind nur Beispiele; mehr muss kommen.

Für mich bedeutet das ganz konkret: Wir müssen mehr Beteiligung, Mitwirkungsrechte in den Kommunen verankern, aber auch mehr Handlungsspielraum und Kompetenzen in die Kommunen geben. Dann kann vor Ort entschieden werden, dort, wo Politik auf die Menschen trifft. Dann stärken wir unser Fundament, das Fundament unserer Demokratie, und wir stärken auch die Innovationskraft von unten; denn dort sind ganz viele Bürgerinnen und Bürger, die sich das Beste und die tollsten Lösungen für unser Gemeinwesen ausdenken.

Ich bitte Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen, diesen Gesetzentwurf abzulehnen.

Vielen Dank.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Vizepräsidentin Aydan Özoğuz:

Vielen Dank, Herr Kollege. – Als Nächstes erhält das Wort der Abgeordnete Stephan Brandner für die AfD-Fraktion.

(Beifall bei der AfD)